Barrierefreiheit

  • Hallo zusammen.


    Ich schreibe gerade meine Bachelorarbeit und bräuchte ein bisschen Hilfe. In der Arbeit geht es u.a. um Barrierefreiheit. Jetzt ist meine Frage: Was fällt euch ganz spontan ein, wenn ihr den Begriff "Barrierefreiheit" lest oder hört?


    Vielen Dank für eure Hilfe!

  • Ganz spontan?

    Meine Wohnung wurde damals als "rollstuhlgeeignet" angeboten. Klar, die Wohnung hat keine Stufen, aber dahin muß man ja erstmal kommen. Und das geht mit Rollstuhl nur, wenn man nicht die Haustür benutzt, sondern den Weg ganz hintenrum über die Wiese und durch den Hintereingang, oder hintenrum und unten durch die Tiefgarage. Und auch nur dann, wenn man einen kleinen handlichen Rollstuhl hat. Die Türen des Aufzuges (der auch nicht gerade groß ist) sind nämlich an der falschen Seite angeschlagen, und gehen nicht zum Furende auf, sondern in die Flurmitte, und da muß man dann irgendwie drumrum. Ich habe das Prozedere nur schonmal mit einer Handkarre mit Getränkekästen/Großeinkauf, und finde es schon sehr eng.

    Architekten... *vogelzeig*


    Bei unserem ÖPNV haben sie ja schon viel getan, aber es sind längst nicht alle Haltestellen geeignet. Ich müßte schon nachdenken, wenn ich barrierefrei durch die Stadt will.



    Oder meintest Du Grenzübergänge?

  • Hallöchen,

    mir fällt dazu sofort Rollstuhl ein,denn ich habe eine Tochter die schwerbehindert ist und wir sind öfter mit dem Rollstuhl unterwegs.Ich wohne in Dortmund und es ist ziemlich beschwerlich, wenn ich mit meiner Tochter unterwegs bin.Nicht alle Bahngleise verfügen auch über einen Aufzug,daher muß es immer gut geplant sein,wenn ich mit den Zug irgendwo hinfahren möchte.

    ela72

  • Naja, Barrierefreiheit bezieht sich ja eben nicht nur auf Rollstühle...sämtliche Barrieren sollen ja aus dem Weg geschafft werden, auch für Blinde etc.


    Ich hatte da schon richtig Spaß auf Arbeit. Manches wird aber auch viel zu ernst gesehen und übertrieben an Forderungen.


    Barrierefrei kann aber z.B. auch ein Internetauftritt sein, wenn er mit entsprechenden Tools für Blinde oder so ausgestattet ist.


    Bei Bedarf kann ich auch gerne mehr dazu in ner PN erzählen :)

  • Danke für die ersten Antworten. Das sind die Antworten, mit denen ich gerechnet habe :)
    Wollte in meiner Arbeit darauf hinweisen, dass viele erst an bauliche Mängel und speziell an Probleme mit Rollstühlen denken. Aber der erste Schritt müsste ja eigentlich sein, die Barrieren in den Köpfen abzubauen. Also gerade solche Aussprüche wie "Also ich könnte nie mit Behinderten arbeiten" oder "Wenn man mir sagen würde, dass ich ein behinderten Kind zur Welt bringen würde, würde ich abtreiben". Ist doch Käse! Das entsteht doch, meine Meinung nach, hauptsächlich dadaurch, dass es so eine strikte Trennung zwischen "behindert" und "nichtbehindert" gibt. Mir fällt immer auf, dass Menschen, wenn es um Behinderung geht, sich meist daran orientieren, was jemand NICHT kann.
    Dann wollen wir die Fragen mal erweitern... Für wie wichtig haltet ihr den Abbau der Barrieren in den Köpfen? Oder seid ihr zufrieden, wenn bauliche Mängel beseitigt werden?

  • Naja, als Alupumps-Champ und als ehemalige Helferin beim Heiltherapeutischem Reiten sag ich mal...das Wort "behindert" is an sich schon schei*e... "gehandicapt" klingt nenbisserl besser... allerdings find ich, es gibt gar keine Behinderten, denn jeder ist "anders begabt", zB kann ich weder Braille noch Taubstummen-Sprache auch find ichs teilweise echt spektakulär wie zB Contergan-Opfer Kniffe entwickelt habeen um durch Leben zu kommen...ich kann mit meinen Füssen nur gehen...

    Integrative Kindergarten sind zB super um Barrieren in den Köpfen erst gar nicht entstehen zu lassen, auch sollten vermehrt beim Wohnungsbau auf Barrierefreiheit geachtet werden, denn wir werden auch nicht jünger und barrierefrei gilt auch fürn Rollator/Senioren....

    Allerdings kann ich Eltern, die Angst vor der Geburt eines vllt behinderten Kindes verstehen, da wird wohl von der Umwelt, Familie sehr viel Druck kommen, außerdem ist ja schon ein gesundes Kind heute Luxus und der Kampf um zustehende Hilfsmaßnahmen/Pflege/Kita etc wird auch viele schrecken. In dieser heutigen Welt, wo nur Perfektion geduldet/gefordert ist, ist die Entscheidung für ein "krankes" Kind ein Dauerkampf für ein lebenswertes Leben aller Beteiligten.

    Bei uns im Reitstall reitet ein Erw mit Down-Syndrom, der ist super von seinen Eltern gefödert worden, jetzt sind beide Eltern verstorben und er ist in ein Heim/Wohngruppe gekommen... seitdem hat er körperlich und geistig abgebaut, weil die Förderung fehlt, auch wird er eben mal nicht eben zum Stall gefahren, wie es ihm seine Eltern ermöglicht haben. Vllt ist auch das eine Überlegung von werdenden Eltern, WER und WIE ihr vllt krankes Kind nach ihrem Tod versorgt...

    Jeder Post spiegelt nur MEINE persönliche Meinung wieder...

    Glaubst du noch, oder denkst du schon?

  • Hm, von vornherein zu sagen, dass man nicht mit "Behinderten" zusammen arbeiten will oder ähnliches halte ich für übertrieben und unnötig. Ich muss ehrlich sagen, dass ich das auch noch nicht persönlich erlebt habe. Die körperlich/psychisch "eingeschränkten" Menschen, die ich bisher kennen gelernt habe, waren ganz normale Individuen mit eigenem Kopf und eigener Geschichte. Das alles über einen Kamm zu scheren halte ich dann eher für emotional eingeschränkt... Fragt sich nur, ob das auch als Behinderung gilt? ;)


    Allerdings gibt es solche Vorurteile und Reaktionen nicht nur gegenüber den Menschen, die allgemein als "behindert" angesehen werden, sondern gegenüber so ziemlich allen, die in irgendeiner Form aus der sogenannten Norm fallen, die ja oft als Ideal und das Maß aller Dinge angesehen wird. Es ist wirklich schade, dass da teilweise so diskriminiert wird. Ich gehe davon aus, dass es immer jemand geben wird, der Vorbehalte/Vorurteile hat und diese lebt. Man kann höchstens daran arbeiten, dass es davon tendenziell weniger Menschen gibt, damit die Akzeptanz von Menschen, die anders aussehen oder sich anders verhalten einfach allgemein größer wird.


    Was mir an praktischen Aspekten noch einfällt sind Dinge im Straßenverkehr, die große Wirkung entfalten können, wie zB die piepsende Ampel oder die Haltestellenanzeige, die per Knopfdruck die nächsten Fahrzeiten der Straßenbahn ansagt. Auch die Brailleschrift am Handlauf bei Treppenaufgängen, die anzeigt, inwelche Richtung die Treppe führt (bei U-Bahn_Stationen) finde ich nützlich.


    Davon ab fällt mir noch der sogenannte "Normmensch" ein, mit dem in der Architektur immer gerechnet wird, anhand dessen Maßen man Gebäude plant. 1,75m groß, 75kg schwer, 45-50cm breit, die Arme so und so lang... Sodaß sich daraus die Höhe der Fensterbrüstung, des Handlaufs oder der Tür ergibt, die Form der Fenstergriffe, die Sitzbreite usw. Wie sehr das an der Realität vorbei ist merkt man dann spätestens im Fahrstuhl, wo "12 Personen" reinpassen, weil der Aufzug für 900kg zugelassen ist, auch wenn nie so viele Personen reinpassen.


    Gibt es eigentlich Glückwunschkarten mit Brailleschrift und Reliefmustern/-motiven? Und wie ruft jemand, der nicht sprechen kann, den Notruf? Mal ganz spontan eingefallen...


    Gruß
    Dani

    Dress for the body you have RIGHT now. There is nothing wrong with you right now, and there is sure as heck no reason to wait to look good. Get up, get dressed and face the world and then do it again tomorrow. (Malia Anderson)

  • Hallo nochmal,

    natürlich müßte sich zuerst in den Köpfen vieler Menschen etwas ändern,denn man muß sich immer vor Augen halten,daß jeder von uns in die Lage kommen kann,behindert zu sein oder zu werden.Durch Krankheit oder durch einen Unfall oder im Alter.Aber es gibt nun mal unterschiedliche Menschen und unterschiedliche Einstellungen,die kann man nicht so einfach ändern.Vieles heutzutage ist doch so oberflächlich geworden.Ich mußte mir auch schon mehrmals anhören,daß ich doch besser hätte abtreiben sollen,denn mein Kind koste der Krankenkasse ja so viel Geld.Barrieren erlebe ich jeden Tag aufs neue.Erst letzte Woche bei der Krankenkasse,als ich eine Familienkur beantragen wollte.Oder auf der Suche nach einer geeigneten Person,die mich im Alltag mit meiner behinderten Tochter unterstützt.Es gibt noch unendlich viele Beispiele,aber mittlerweile habe ich mich mit diesen Barrieren arrangiert.Denn alle kann ich nicht aus dem Weg räumen und am allerwenigsten die ,die sich in den Köpfen vieler Menschen festgesetzt haben.Da helfen auch bauliche Maßnahmen nichts.Und als Mutter einer behinderten Tochter verstehe ich sehr gut die Angst von werdenen Müttern,ich habe (zum Glück)nicht vor der Geburt gewußt,daß meine Tochter behindert zur Welt kommt.Denn ehrlicherweise muß ich aus heutiger Sicht sagen,daß ich wirklich nicht wüßte ,wie ich mich entscheiden würde.Ich bin froh,daß ich niemals vor dieser sehr schweren Entscheidung stand.Es gibt sicherlich sehr viele Menshcen,die sich stark für behinderte Menschen engagieren,aber ich mußte auch schon oft mit vielen Vorurteilen kämpfen .Aber das geht ja auch anderen Menschen so,die in irgendeiner Weise anders sind als andere.

  • Wollte in meiner Arbeit darauf hinweisen, dass viele erst an bauliche Mängel und speziell an Probleme mit Rollstühlen denken. Aber der erste Schritt müsste ja eigentlich sein, die Barrieren in den Köpfen abzubauen.

    Nichts für ungut, liebes Chamäleon, aber dieser Gedanke ist leider ein alter Hut. Damit meine ich nicht, dass es solche Barrieren in den Köpfen nicht mehr gäbe. Aber genau so formulieren das Behindertenverbände doch schon seit Jahren. Also, wenn Du das als die originelle Idee Deiner Bachelorarbeit nehmen möchtest... Denk noch mal drüber nach. Je nachdem, welches Dein Fachbereich ist, sogar sehr gründlich. Ich will Dich nicht ärgern. Echt nicht. Aber wenn Du zum Beispiel Architektur studierst, fände ich als Professor das tendenziell schwach und hätte den Verdacht, es wolle sich jemand mittels Geschwafel um die Themenstellung drücken.

    Aber gut, setzen wir das mal, das "Zuerst müssen die Barrieren in den Köpfen weg!" Du nennst da die Beispiele

    Zitat

    Also gerade solche Aussprüche wie "Also ich könnte nie mit Behinderten arbeiten" oder "Wenn man mir sagen würde, dass ich ein behinderten Kind zur Welt bringen würde, würde ich abtreiben".

    Denkst Du denn, dass dies gesellschaftlich akzeptierte Aussagen wären? Meiner Einschätzung nach würdest Du nach so einem Spruch nämlich durchaus was auf den Deckel kriegen, nötigenfalls mit Hilfe des Allgemeinen Gleichstellungsgesetzes im ersteren Fall. Und beim zweiteren sind die Kirchen da und mahnen. Nein, ich denke nicht, dass derlei Sprüche common sense sind. Sie sind die Meinung Einzelner neben anderen und konträren Meinungen. Denke ich. Hoffe ich.

    Widmen wir uns noch kurz dem "zuerst" im "Zuerst müssen die Barrieren in den Köpfen weg". Ich glaube nämlich, wenn Du im Rollstuhl vorm historischen Rathaus von 1756 sitzt, es gerade regnet und Dich sowohl von der Eingangstüre wie auch von der Klingel, mit der Du Dir Hilfe herbeiholen könntest, 22 steile Stufen trennen - dann ist Dir wurscht, was für Barrieren irgendein Ignorant in Kuhdorf an der Hecke vielleicht noch in seinem Kopf hat oder auch nicht und ob der, wenn er an Dich denk, nun zuerst an das denk, was Du alles *nicht* kannst. Dann ist Dir auch vollkommen wurscht, ob ein ambitioniertes Chamäleon das vielleicht anders sieht. Dann bist Du froh und dankbar, wenn sich irgendwer um Barrierefreiheit im Sinne der Zugänglichkeit des öffentlichen Raums gekümmert hat.

    Weiter im Text: Wie sollte das denn konkret aussehen, dieses "Barrieren wegmachen" in den Köpfen? Wie willst Du bewerkstelligen, dass das nicht nur ein gefühliger, wohlmeinender Appell bleibt, zu dem alle beifällig nicken und dann ihrer Wege gehen? Aufklärungskampagnen? Integrative Bildungseinrichtungen? *Verpflichtende* integrative Bildungseinrichtungen?

    Bleiben zwei Fragen: Was macht man mit den Köpfen derjenigen, die sich nicht mehr in Bildungseinrichtungen befinden? Und: Ist da mit elterlicher Akzeptanz zu rechnen? Wenn ich bedenke, in welche Panikanfälle Eltern bereits verfallen, wenn auch nur die Möglichkeit zu einem verlängerten gemeinsamen Schulbesuch gegeben werden soll... Weil doch da die dummen Hauptschüler die schlauen Gymnasiasten unverantwortlicherweise aufhalten in ihrer intellektuellen Entwicklung! Einheitsschule! Sodom! Gomorrha! Untergang des Abendlandes! Und dann soll das kluge Kind nicht etwa nur mit dummen Hauptschülern zusammengesperrt werden, sondern gar noch mit Behinderten???

    (Janee, schon klar: solche elterlichen Reaktionen sind wunderbare Beispiele für Barrieren in Köpfen. Aber es bleibt halt doch die Frage, was konkret man tun könnte zur Barrierenbeseitigung. In diesem Falle sogar gegen Widerstände.)

    Ganz grundsätzlich habe ich ja außerdem immer noch ein Problem, wenn irgendwer mir vorschreiben will, was in meinem Kopf stattfinden darf und was nicht. Nein, Diskriminierung ist nicht gut. Ja, man sollte ihr aufklärenderweise entgegenwirken. Aber ganz grundsätzlich hat in einer freiheitlichen Gesellschaft jeder Mensch das Recht, dumme, ignorante, diskriminierende Dinge zu denken. Zumindest zu denken. Gedanken haben frei zu sein von jedweger Reglementierung, und sei sie noch so wohlmeinend.

    Einschränkungen gelten erst dort, wo es darum geht, nicht nur zu denken, sondern zu tun. Soll heißen: Du kannst den Leuten vorschreiben, dass sie Behinderte bei der Stellenvergabe nicht benachteiligen dürfen. Du kannst ihnen aber *nicht* vorschreiben, Behinderte nicht für weniger fähig zu halten und bei ihrer Beurteilung nicht vor allem darauf das Augenmerk zu richten, was sie alles nicht können.

    Zitat

    Dann wollen wir die Fragen mal erweitern... Für wie wichtig haltet ihr den Abbau der Barrieren in den Köpfen? Oder seid ihr zufrieden, wenn bauliche Mängel beseitigt werden?

    Ich halte demnach die Forderung nach Abbau der Barrieren in den Köpfen für folgenloses Geschwafel, welches sich gut in Sonntagsreden macht, aber nie etwas anderes zu sein vermag als ein wohlmeinender Appell. Die Beseitigung baulicher Mängel hingegen halte ich für etwas mit echtem Mehrwert für die Betroffenen, welches eine Gesellschaft mit mehr oder minder großem Aufwand bewältigen kann und sollte.

  • wenn du mal infos aus erster hand haben willst, setz dich doch ma mit bethel in bielefeld in verbindung, grad in solchen sachen denk ich, das die dir weiterhelfen können

    The air up there in the clouds is very pure and fine, bracing and delicious. And why shouldn't it be, it is the same the angels breathe.


    Mark Twain

  • Mein Mann, Rollstuhlfahrer, kam letztes Jahr in Reha. Er war das 2. mal in dieser Rehaklinik.
    Er bekam ein "normales Zimmer", allso nicht rollstuhlgerecht. Er kommt aber nur in rollstuhlgerechten Zimmern klar. Braucht sogar dort noch Hilfe!
    Ich hab die Belege-Abteilung der Klinik angerufen. Schilderte mein/sein Problem.
    Antwort dort: " Ich habe keine Eintragung dass ein Rollstuhlfahrer kommt"!
    Ich frage mich was das soll!? Gucken die ihre Patienten so ungenau an?
    Weitere Fragen beantworte ich gerne per PM

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!