Du bist zu dick - aber nimm noch ein Stück Torte!

  • Kennt ihr auch noch diese Menschen meist jenseits der Sechzig, die einem ständig irgendwas auf den Teller laden und zum Essen mehr oder minder nötigen wollen? Es gibt da eine Verwandte von mir, bei der hilft wirklich nur, beide Hände auf den Teller zu legen, sonst hat man - wumm - gleich das nächste Stück Torte drauf liegen, auch wenn man dreimal "Nein danke, es reicht!" sagte.

    Nein, natürlich esse ich nichts, was ich nicht wollte und was man mir aufgedrängt hat. Aber was ich nicht wirklich versehen kann: Warum wollen genau dieselben Menschen dann Gespräche darüber führen, dass man zu dick sei und doch mal ein bisschen weniger essen sollte - um dann aufzuspringen und in der Küche ein Kuchenpaket zu packen, mit dem man eine ganze Schulklasse verköstigen könnte?

    Wie gesagt, ich lasse mir kein Essen aufnötigen, und ernstlich Kummer bereiten mir auch die Abnehmgespräche nicht, denn inzwischen weiß ich, wie ich meine Ohren auf Durchzug stelle, aber: Hat irgendwer von Euch durchschaut, was in deren Kopf vor sich geht? Ich finde das nämlich ziemlich rätselhaft.

  • Oh ja, das kenne ich. Erlebe ich jedes Mal, wenn ich bei meiner Oma bin. Ansonsten ist sie total lieb, aber mit dem Essenaufdrängen haben wir uns schon mächtig in die Haare gekriegt. Sie sagt zwar andererseits nicht zu mir, ich soll abnehmen, redet aber manchmal komisch über andere dicke Menschen. Ich hab das bisher auch noch nicht verstanden. Sie selbst, glaube ich, auch nicht ...

  • Ich kenne dieses von dir beschriebene Verhalten auch.Allerdings von meinem Vater.Wenn man mal etwas nicht essen mag, was er gekocht hat oder "zu wenig" nimmt,ist er sowas von beleidigt.Andererseits gibt er aber auch Kommentare von sich,dass ich doch endlich abnehmen müsse...Ich höre da schon garnicht mehr hin und glücklicherweise sind diese Kommentare mit den Jahren weniger geworden.


    Was diese höchst paradoxe Verhalten allerdings soll, habe ich immer noch nicht kapiert.

  • Ich kenne das noch von meinen Eltern als ich das doppelte war. Die meinten immer "Naja, du muß ja eigentlich abnehmen, aber HEUTE darfst du nochmal." Wenn ich bei Ihnen war, war es immer die Ausnahme und ich "durfte." Süßigkeiten haben sie mir damals auch mitgebracht, die "teilst du ja ein." Ich denke, die meinten es einfach zu gut. :D

  • Ich denke älteren Menschen in Pension fehlt manchmal die Bestätigung, die andere im Beruf bekommen.
    Da ist es dann ganz wichtig, dass das eigene Essen gelobt wird.
    Und manche meinen leider wohl grade bei dickere Menschen, wenn man nur ein Stück Torte nimmt, kann es ja nicht geschmeckt haben.
    Denn wenn es schmeckt, isst der dicke Mensch ja bestimmt 3 Stück.


    Abnehmen soll man, ja. Aber nicht just in dem Moment, wo man zu Gast ist.
    Da ist das Anbringen der eigenen Künste wichtiger.


    Ist mir dann so aber noch lieber als umgekehrt.
    Wenn Leute glauben, sie tun einem etwas Gutes wenn sie einem nur ein extra dünnen Stück schneiden oder von vorn herein annehmen man wäre auf Diät. Das finde ich viel unangenehmer, als ein drittes Stück Kuchen angepriesen zu bekommen.
    Zum Glück ist mir sowas aber nicht mehr passiert, seit ich erwachsen bin.
    Das finde ich noch unlogischer.
    Was soll es ändern, wenn man einmal bei einem Kaffeetrinken weniger isst, ansonsten sein Verhalten aber beibehält.


    Wenn Menschen vor einem über andere dicken Menschen komisch reden, denke ich, dass sie einen so gut kennen, dass man nicht mehr als dick wahrgenommen wird. Man ist nicht die Dicke von der Supermarktkasse, sondern die Enkelin, die Nichte, die Schwiegertochter, usw.

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    'Cause there's a million things to be
    You know that there are


  • Wenn Menschen vor einem über andere dicken Menschen komisch reden, denke ich, dass sie einen so gut kennen, dass man nicht mehr als dick wahrgenommen wird. Man ist nicht die Dicke von der Supermarktkasse, sondern die Enkelin, die Nichte, die Schwiegertochter, usw.


    Da könnte was Wahres dran sein, auch wenn's komisch klingt.


    Aber mit den eigenen Künsten loben: Meine Oma bietet mir ständig auch Süßigkeiten an, die sie im Supermarkt gekauft hat. Sie gibt mir auch gerne noch Sachen mit, wenn ich wieder nach Hause fahre. Das mit dem Einteilen höre ich dann auch immer wieder, obwohl ich ihr schon x-mal gesagt habe, dass ich das nicht kann und deswegen keine größeren Mengen an Süßigkeiten bei mir haben will. Jetzt kommt ja bald wieder Nikolaus und Weihnachten ...

  • es gab halt auch mal andere Zeiten, die die Leute "inPension";) erlebt haben.

    Ja, okay. Vielleicht, wenn man solche Hungerzeiten erlebt hat, denkt man, das Gegenüber ist ganz sicherlich noch hungrig und will einem bloß nicht alles wegfuttern. Und vielleicht ist das dann auch etwas "Mütterliches* und Fürsorgliches, dafür zu sorgen, dass das "Kind" genug zu essen kriegt. Ich bin mir auch ziemlich sicher, dass sowohl dieses Essenaufdrängen wie auch die Abnehmgespräche gut gemeint und Ausdruck von Sorge um einen sind.

    Ich verstehe nur nicht, dass man, wenn man doch der Meinung ist, dass "das Kind" abnehmen sollte und dass "weniger essen" dazu das geeignete Mittel ist, dem Kind trotzdem ganz viel Essen aufladen will. Und das verstehe ich auch vor dem Hintergrund von Nahrungsmangel in der Vergangenheit nicht. :confused:

    Zitat von Agnetha

    Ist mir dann so aber noch lieber als umgekehrt.
    Wenn Leute glauben, sie tun einem etwas Gutes wenn sie einem nur ein extra dünnen Stück schneiden oder von vorn herein annehmen man wäre auf Diät. Das finde ich viel unangenehmer, als ein drittes Stück Kuchen angepriesen zu bekommen.

    Da habe ich noch so ein Kindergarten-Trauma. Da verteilte die Kindergärtnerin einen Schokohasen oder -weihnachtsmann. Die anderen kriegten Schokolade, ich dagenen den Satz "Nee, Seraphina, Dich dürfen wir nicht so verwöhnen!" Ich glaube, es wäre besser gewesen, mir ein Stück abzugeben. Die Einsparung von 27 kcal war es wohl eher nicht wert, dass Klein-Seraphina sich da sehr zurückgesetzt und ungeliebt fühlte.

    Aus meinen Diät-Zeiten kenne ich übrigens auch noch den Satz "Och Mensch, iss doch wenigstens heute mal was, du tust uns ja richtig leid!"

    Irgendwie finde ich es ziemlich übergriffig, wenn andere Leute für einen entscheiden wollen, was man isst.

  • Ja, okay. Vielleicht, wenn man solche Hungerzeiten erlebt hat, denkt man, das Gegenüber ist ganz sicherlich noch hungrig und will einem bloß nicht alles wegfuttern.


    das glaube ich eher weniger,
    Nach den Hungerzeiten und der nachfolgenden Fresswelle, erhöhte es das Prestige wenn man es sich leisten konnte Lebenmittel in Hülle und Fülle anzubieten.
    "Greift zu und haut Euch den Wams voll" war die Parole.
    Da konnte man bei Tische keinesfalls mit einem "Biomöhrchen" punkten".


    Nach all den "Wellen" ernährungsmäßig hat man natürlich auch die allerneueste "Welle" der sogenannten Nanokultur oder hier "ein Spritzerchen Joqurt quergerührt an das handgeschnitzte Brokkoliröschen" verinnerlicht und das dann irgendwie unter einem Hut zu bekommen ist für viele verteufelt schwer.
    Hier würde eine gute Erziehung und ein natürlicher Anstand gepaart mit Intelligenz helfen.
    Leichter ist das nachplappern und auf der gerade angesagten Welle mitzuschwimmen.

  • Da habe ich noch so ein Kindergarten-Trauma. Da verteilte die Kindergärtnerin einen Schokohasen oder -weihnachtsmann. Die anderen kriegten Schokolade, ich dagenen den Satz "Nee, Seraphina, Dich dürfen wir nicht so verwöhnen!" Ich glaube, es wäre besser gewesen, mir ein Stück abzugeben. Die Einsparung von 27 kcal war es wohl eher nicht wert, dass Klein-Seraphina sich da sehr zurückgesetzt und ungeliebt fühlte.



    Das ist ja wohl echt das Letzte... :mad: da fragt man sich, wo bitteschön diese Erzieher denn erzogen bzw. ausgebildet wurden!! Aber solche Leute gibts immer wieder, ich hab auch so ein paar Kollegen, die jungen, beeinflussbaren Schülern sagen "glaubst du, so einen schlanken Körper wie meinen bekommt man mit Essen?"

    Inside me is a thin woman trying to get out.
    ...I usually shut the bitch up with chocolate.

  • Das solche Praxen im Kindergarten noch an der Tagesordnung liegen habe ich in letzter Zeit auch mitbekommen.Ich jobbe als Integrationshelferin, wo ich ein kleines Mädchen betreue,dass auch übergewichtig ist. Laut Aussage der Mutter bekommt sie im Kindergarten stark ihre Essensportionen eingeteilt, keine Süßigkeiten, wenn ein Kind welche zum Geburtstag mitbringt und wird jeden Tag gewogen.Da die Mutter allerdings ganz gerne mal zu Übertreibungen neigt, kann ich mir nur schwer vorstellen, dass sie tagtäglich gewogen wird oder den anderen Kindern beim Essen zuschauen muss. Wie Seraphinas Beitrag allerdings zeigt scheint es sowas ja wirklich zu geben. Unglaublich.

  • Menschen, die sowas machen würde ich so gerne die Meinung sagen. Aber richtig.
    Den grade dadurch entwickeln sich ja erst die Essstörungen.
    Viele mollige Kinder werden doch irgendwann ganz von selbst normal. Und wenn nicht, ist es auch nicht tragisch.
    Viel schlimmer ist es doch eine ES zu bekommen.


    Sollte logisch sein, dass Essen zu etwas Besonderem wird, wenn man darauf verzichten muss. Alle anderen etwas bekommen, nur man selbst nicht.

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  • Nach den Hungerzeiten und der nachfolgenden Fresswelle, erhöhte es das Prestige wenn man es sich leisten konnte Lebenmittel in Hülle und Fülle anzubieten.

    Okay, das kann's natürlich auch sein. Wobei die Person, von der ich schrieb, noch nicht damit zufrieden ist, wenn sie aufgetischt hat, dass sich die Tische biegen. Das muss schon ganz dringend auch noch in meinem Mund und Magen landen, damit es gut ist.

    Das solche Praxen im Kindergarten noch an der Tagesordnung liegen habe ich in letzter Zeit auch mitbekommen.Ich jobbe als Integrationshelferin, wo ich ein kleines Mädchen betreue,dass auch übergewichtig ist. Laut Aussage der Mutter bekommt sie im Kindergarten stark ihre Essensportionen eingeteilt, keine Süßigkeiten, wenn ein Kind welche zum Geburtstag mitbringt und wird jeden Tag gewogen.Da die Mutter allerdings ganz gerne mal zu Übertreibungen neigt, kann ich mir nur schwer vorstellen, dass sie tagtäglich gewogen wird oder den anderen Kindern beim Essen zuschauen muss. Wie Seraphinas Beitrag allerdings zeigt scheint es sowas ja wirklich zu geben. Unglaublich.

    Wobei das bei mir Anfang der Achtziger war. Ich hoffe ja schon, dass man's inzwischen besser weiß.

  • Hallo,


    ich glaube eher, dass Essen (Auftischen, Anbieten könenn) für viele (ältere?) Leute Ausdruck von Liebe und Zuneigung ist - weil sie sich vielleicht schwer tun, das anders auszudrücken. Und Essen hat halt einen hohen Stellenwert - eben wegen der Kriegsvergangenheit.


    Meine Großmutter war immer beleidigt, wenn sie alle möglichen guten Dinge für uns (meine Familie) eingekauft gehabt hat: Meistens war es zuviel für uns und wir mussten es mit heimnehmen (wir wohnen in verschiedenen Städten). Oft ware das teure Dinge, die uns nicht geschmeckt haben und die wir nie gewollt (geschweige denn gekauft) hätten. Eine Art "Zwangsbeglückung" also.
    Wir haben das Essen viele Jahre lang mitgenommen, bis wir zu genervt waren und die Mitnahme verweigert haben. Sie war immer, jedes Mal, beleidigt und ist mit den Vorwürfen "Das hab ich extra für euch gekauft, ihr seid so undankbar, für mich ist das doch alles zuviel, ich esse das gar nicht, an wen soll ich denn das weiterschenken" gekommen. Uns ein schlechtes Gewissen zu machen, hat lange funktioniert - bis wir uns irgendwann einfach stur geweigert haben. Das hat viele Heulanfälle bei ihr hervorgerufen, weil sie ihren Willen nicht mehr durchsetzen hat können.
    Insgesamt hat es wohl ein Ausdruck von Liebe sein sollen; rübergekommen ist das ganz anders. Als Zwangsbeglückung und - besonders für meine Mutter - als Belastung und permanenter Aufregfaktor.


    png

  • Hahahahahahaha jaaaa das kenne ich *g* Der Titel "Du bist dick - aber nimm noch ein Stück Torte!" passt zieeemlich gut^^
    Meine Oma sagt öfters mal, dass ich zu viel wiege und ein wenig abnehmen sollte aaaaber im gleichen Satz fragt sie mich, ob ich noch was essen will^^
    Mir ist das aber mehr oder weniger egal. Meine Oma ist lieb und sie meint das nicht böse.


    Toll sind auch immer die Bestechungsversuche meines Opas: "Anne, wenn Du 10 kg abnimmst, dann kannst Du mit Oma nach Bremen fahren und dir für 200€ Klamotten kaufen" Solche Angebote find ich zwar super(200€ Klamotten :D) aber ich nehme nicht ab, nur weil mir das jemand sagt. Wenn ich essen will, dann esse ich und wenn ich abnehmen will fahre ich einen Monat mal mit dem Fahrrad zur Arbeit und beanspruche meine 50% Mitarbeiterrabatt bei einem Pizzaladen um einen Salat anstatt eine Pizza zu kaufen ;)

  • Ich kenne das nur zu gut. Aber nicht unbedingt nur von älteren Menschen. Einmal war die Aufforderung zum Abnehmen sehr verletztend vorgebracht. Dann holte diese Kollegin Pralinen hervor und nötigte mich fast ein paar zu essen, was ich natürlich NICHT getan habe. Ich frage sie nur, ob das jetz wirklich ihr Ernst sei.


    Ansonsten kenne ich die beleidigten Gesichter, wenn man keinen Nachschlag nimmt. Ich würde ja so tun als würde ich nichts essen. So ein Blödsinn, ich war einfach nur satt.

  • Essen ist ja auch Sozialität. Und viele scheinen zu meinen, Sozialität und Fürsorglichkeit über Essen weitergeben zu müssen.


    Ganz, ganz heftig sind bei mir die türkischen Nachbarinnen. Die schleppen andauernd irgend was Leckeres an und sind totbeleidigt, wenn man es nicht annehmen will. Ist so ein Nachbarschafts-wir-sind-füreinander-da-Ding.


    Da hilft nur: wegducken oder an den Mann verfüttern ;)

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