Hallo,
wie ihr vielleicht wisst, arbeite ich als Lehrerin. Ich bin Angestellte, weil ich mit meinem starken Übergewicht die Anforderungen für die Verbeamtung nicht erfüllen konnte.
Mir geht es seit geraumer Zeit mit meinem Job ganz und gar nicht mehr gut. Ich gehe jetzt einfach mal davon aus, dass mein Äußeres nicht das Problem ist (obwohl es für mein Empfinden eine Angriffsfläche bietet, die evtl. zu meinem Hauptproblem beiträgt).
Kurz und gut: Ich tappe immer wieder in die Falle, an irgendeinem Punkt zu nett zu sein und mir so massive Disziplinprobleme einzuhandeln, die mich dann logischerweise schnell den Respekt der Schüler kosten. Da an meiner Schule sehr enge Kontakte zwischen den Schülern der unterschiedlichen Klassenstufen bestehen, greifen solche Probleme natürlich auch schnell um sich (so nach dem Motto "mit der kann man's machen").
Natürlich bleiben solchen Dinge auch nicht lange vor Eltern und Schulleitung verborgen, zumal mir in einigen Klassen derart auf der Nase herumgetanzt wird, dass ein geregelter Unterricht kaum mehr möglich ist. Informiere ich die Eltern der Störer, nehmen diese das Problem nur zur Kenntnis, es ändert sich aber nichts, zumal viele Schüler es auch nicht schlimm finden, wenn man ihre Eltern benachrichtigt. Im Gegenteil - meist fühlen sie sich dann auch noch ungerecht behandelt und stellen die Sache so dar, als hätte man es auf sie abgesehen.
Offiziell unterstützt mich die Schulleitung, aber was mir immer wieder auffällt, ist, dass Schülerm die zum Gespräch dorthin zitiert werden, sehr intensiv danach befragt werden, wie ich mich verhalte. Sie werden zwar wohl auch ermahnt, aber das hält nicht allzulange vor.
Erarbeite bzw. wiederhole ich mit den Schülern längst bekannte Regeln, so halten sie sich dann letztlich doch nicht daran und sind auch oft nicht bereit, die ebenfalls gemeinsam festgelegten Konsequenzen zu tragen.
Mit den Schülern vernünftig zu sprechen, habe ich schon versucht - die Störer hören mir selbst da nicht zu bzw. machen allenfalls unsinnige Vorschläge.
Ich stehe jedenfalls unter einem wahnsinnigen Druck (im Prinzip von allen Seiten) und ich weiß nicht, wie lange ich das noch durchhalte, zumal sich an der Lage ja auch nichts zu ändern scheint.
Das Unterrichten selbst macht mir großen Spaß und ich bereite meinen Unterricht sorgfältig vor - was ich halt nicht schaffe, ist mit der notwendigen Autorität aufzutreten und mir Respekt zu verschaffen.
Ich weiß nicht, ob die Schule irgendwann die Notbremse zieht und mich rausschmeißen bzw. versetzen lässt oder was weiter geschehen wird. Kündigen kann ich selbst nicht, weil ich dann samt meinem Mann vor dem finanziellen Ruin stünde.
Andererseits weiß ich auch nicht, ob ich das Ganze noch lange durchhalte; ich gehe schon lange nur noch mit Angst in die Schule und weiß auch gar nicht, wie lange überhaupt noch die Kraft habe, wenigstens einigermaßen meine Würde zu bewahren und nicht womöglich irgendwann tatsächlich an den Punkt zu gelangen, an dem ich heulend die Klasse verlasse.
Ich weiß nicht, inwieweit es ggf. auch an der Schule liegt - Fakt ist, dass zumindest eine frühere Vertretungslehrerin bald jede Woche unseren Schulleiter in der Klasse hatte, weil ihr eine Klasse regelmäßig völlig ausgeflippt ist und dass eine neue Kollegin zumindest in einer Klasse auch große Probleme hat, so dass ihr von der Schulleitung schon eine Trillerpfeife empfohlen wurde, um sich bemerkbar zu machen. Bzgl. dieser neuen Kollegin hatten einige Schüler, die sie unterrichtet, keinerlei Skrupel, mir gegenüber extrem negative Bemerkungen über sie zu machen bzw. offen zu sagen, dass sie lieber von mir unterrichtet werden wollen - und das obwohl sie quasi in Hörweite war bzw. jederzeit mithören können. Soviel zum Thema "Respekt" - den scheint man sich bei uns nämlich nur durch extrem hartes Auftreten (Schreien, Fertigmachen von Schülern vor der ganzen Klasse, massiven Notendruck usw.) zu verdienen. Wobei ich sagen muss, dass Schüler offen zugeben, dass sie vor Kollegen, bei denen sie brav sind, schlicht und ergreifend Angst haben.
Meine Klasse (einer meiner wenigen Lichtblicke) äußert zum Beispiel ganz offen, Frau X nicht zu mögen, weil sie so schrecklich streng ist. Brav sind sie bei ihr aber offenbar. Vor Herrn Y haben sie auch Angst. Eine Mutter aus meiner 5 hat mir beim Elternsprechtag gesagt, ihr Sohn würde immer von mir schwärmen und hätte am liebsten alle Fächer bei mir.
Ich weiß wirklich nicht, was ich noch tun soll. Ich weiß, dass ich einen Bildungs- und einen Erziehungsauftrag habe, aber irgendwie ist mir das Erziehen nie wirklich beigebracht worden.
Ganz aufgeben kann und will ich den Job nicht; ich frage mich aber, ob z.B. ein Wechsel an eine (konfessionelle) Privatschule mit kleineren Gruppen oder der Einstieg an Abendrealschule oder in der Erwachsenenbildung eine Lösung für mich sein könnten. Ob ein reiner Schulwechsel ausreichen würde oder ob ich es wirklich schaffe, mich selbst um 180° zu verändern, weiß ich nicht.
Fakt ist nur, dass ich den momentanen Zustand weder den betroffenen Schülern noch mir viel länger zumuten kann - ich andererseits aber mit äußerster Umsicht vorgehen muss, um nicht plötzlich ganz ohne Job dazustehen.
Vielleicht habt ihr (gerade auch die unter euch, die mit Kindern zu tun haben) aber auch irgendein Rezept, wie man sich von der lieben Frau Z. zur Respektsperson mausert - wobei das mit dem Respekt zumindest an meiner Schule kein wirklicher Respekt, sondern einfach nur ein Stillhalten aus Angst ist.
Aber vielleicht mache ich mir auch viel zu viele Gedanken und sollte einfach mit einem dicken Panzer um mich herum in die Schule gehen und ohne jede pädagogische Überlegung (von denen ich mir sehr viele mache, gerade auch im Hinblick auf Strafen) einfach knallhart meine Regeln durchziehen. Aber das kann es ja auch nicht sein. Leider machen andere es so.
Im Voraus herzlichen Dank für eure Tipps!
Liebe Grüße,
Grazia