Blutzuckermeßgeräte... Danaergeschenk der Pharmafirmen?

  • Hallo,


    Ich muß hier mal eine kleine Story aus der Familie loswerden und habe gleichzeitig eine Frage an unsere Profi-Diabetiker ;)


    Meine Mutter wurde wegen leicht grenzwertiger Blutzuckerwerte (morgens nüchtern 120-140, tagsüber interessanterweise völlig im normalen Rahmen) zum Diabetologen überwiesen.
    Dort wurde sie beauftragt, sehr engmaschige Kontrollmessungen durchzuführen (sogar mitten in der Nacht um 3 soll sie messen).
    Da die Krankenkassen für ihr eigenes Gerät (OneTouch Ultra, ca. 5 Jahre alt) aber keine Stäbchen erstattet, hat sie den Vorschlag des Arztes sehr ..ähm.. reserviertaufgenommen. Wer die Musik bestellt, soll sie schließlich auch bezahlen :D


    Das Problem ließ sich aber leicht lösen, denn in der Praxis stapelten sich neue "MediSense Precision Xceed"-Geräte, für die die KK die Meßstäbchen sogar bezahlt.
    Laut Aussage der Sprechstundenhilfen ein Geschenk einer Pharmafirma, die kostenlos an Patienten abgegeben werden.


    Nach den ersten Messungen macht sich nun jedoch Unsicherheit breit.
    Spaßeshalber hat meine Mutter mit beiden Geräten gemessen - die Stäbchen für das alte Gerät liegen jetzt eben noch rum, und da künftig das neue Gerät zum Einsatz kommen soll, müssen die eben "weg" ... ihr versteht schon :)


    Nach diesen Messungen bietet sich jedoch folgendes Bild:
    OneTouch (das alte): 120
    Medisense (das neue): 165 (1. Messung), 140 (2. Messung), 130 (3. Messung) - die Messungen erfolgten kurz hintereinander, weil meine Mutter beim ersten Wert ihren Augen nicht trauen wollte.


    Das OneTouch weist solche Schwankungen nicht auf (wurde auch schon ausprobiert) - maximal +/-3
    Kalibiriert wird es auch regelmäßig. Sogar in der Apotheke seit das Fläschchen mit der Testflüssigkeit leer ist.
    Das Medisense wurde in der Praxis eingestellt und es hieß, man müsse da nichts mehr dran machen.


    1. Wie können solche Schwankungen zustandekommen, obwohl man sich sehr penibel an die Meßvorschriften hält (keine Kosmetik am Finger, auch nicht dran lecken, immer ausreichend große Blutstropfen hervorquetschen)? Medikamente sind auch nicht im Spiel.
    2. Welche Erfahrungen habt ihr mit unterschiedlichen Geräten gemacht?
    3. Warum ist die Erstattung der Stäbchen geräteabhängig?
    4. Steh' ich eigentlich kurz vorm Hörsturz, wenn ich überall Nachtigallen trapsen höre?


    Verschenken Pharmafirmen jetzt etwa schon total durchgeknallte Geräte, deren Meßwerte man auch Samstags 19:55 in der ARD mitschreiben könnte, um dann ordentlich Umsatz mit Pillen zu machen? :cool:

  • Blutzuckerwerte bis 110 mg/dl würde ich jetzt als "normal" bezeichnen.


    Häufig werden von den Firmen Blutzuckermessgeräte kostenfrei abgegeben, schließlich verdienen sie dann häufig durch den Verkauf der Teststreifen. Ich persönlich habe bisher die Erfahrung gemacht, dass einem neue, einwandfreie Geräte überlassen werden.


    Meiner Meinung nach, sollte jeder das Blutzuckermessgerät benutzen, mit welchem er am besten zurecht kommt. Ich persönlich bin da auch sehr eigen...


    Teststreifen werden generell verordnet, wenn Blutzuckermessungen "sinnvoll und wirtschaftlich" sind, was wohl heißt, wenn der Patient in der Lage ist, daraus ggebenenfalls therapeutische Konsequenzen zu ziehen. Dies ist in der Regel bei der intensivierten Insulintherapie und bei Insulinpumpenträgern der Fall. Testsreifen für Blutzuckerselbstmessungen, weldche ausschließlich Glukosewerte im Blut dokumentieren sollen, werden nicht verordnet. Denn die Verordnung, allein zu dem Zweck, entspricht nicht den "Kirterien der wirtschaftlichen Verordnungsweise".Soweit die Theorie!


    Ich kann mir also nur vorstellen, dass deine Mutter die Blutzuckerwerte über einen begrenzten Zeitraum engmaschig kontrollieren soll und es dafür eben einen "sinnvollen Grund" gibt und die Teststreifen deshalb erstattet werden. Warum das aber nur für Teststreifen einer bestimmten Firma gelten soll, kann ich mir beim besten Willen nicht erklären. Dass jetzt Krankenkassen Verträge mit Firmen bezüglich Teststreifen abgeschlossen haben wäre mir unbekannt, aber kann man sich da heute noch sicher sein? Diesbezüglich würde ich einfach mal bei der Krankenkasse unverbindlich nachfragen.


    Nun, wenn für die Messung alles richtig gemacht wurde, kann ich mir die Unterschiedlichen Messergebnisse nur mit einer falschen Lagerung der Teststreifen erklären (Sonneneinstrahlung, zu kalt - Kühlschrank etc.), entweder bei euch oder wo ihr die Teststreifen her bezieht. Oder das Testgerät wurde vor der Messung Sonneneinstrahlung oder Kälte ausgesetzt.


    Allerdings sollte man auch nicht mit unterschiedlichen Geräten messen, sondern immer mit demselben um Zuckerschwankungen beurteilen zu können. Unterschiedliche Geräte können abweichende Werte ergeben. Es gibt wohl noch keinen Standard für die Glucosemessung und alle Geräte, auch Laborgeräte, haben ihre eigenen Messniveaus, je nach Referenz, nach der sie kalibirert wurden.


    Wie oft habt ihr diesen Vergleichstest gemacht? Vielleicht wiederholt ihr ihn nochmals. Beim Vergleichen von unterschiedlichen Geräten wird oft der Fehler gemacht, dass die 2. Messung aus der selben Einstrichstelle durch Pressen oder Melken durchgeführt wird. Oft werden Folgemessungen immer höher. Beim nächsten Vergleichstest vielleicht nochmal neu stechen und den Versuch mit mehreren Messungen wiederholen.


    Unterschiedliche Geräte haben sich bei mir höchstens um 10 mg/dl unterschieden. Aber so oft mache ich diese Experimente nicht.


    Mehr kann ich dir jetzt leider auch nicht dazu sagen.


    Liebe Grüße

  • ich denk eher, die ärzte verdienen an den messgeräten bzw streifen auch mit!
    das das gerät falsche messwerte ausspuckt kann ich mir jetzt nicht vorstellen aber da sollte deine mutter samt messgerät und streifen mal zum doc und vor ort ne messung machen und die gegentesten lassen mit deren gerätschaften. nur um auf nummer sicher zu gehn!

    übrigens, meine mutter hatte "ascensia contour" vom doc geschenkt bekommen und monatlich nen rezept für die teststreifen. gehabt hatten wir vorher auch nen anderes gerät...schlag mich jetzt tot aber ich glaub das war auch das "one touch"

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    Was deinem Partner lieb und teuer, ergibt das schönste Osterfeuer.Wenn Blumen Nachbars Beete zieren, musst du es mit Gift probieren.:cool:

  • Hm...was die verschiedenen Messwerte angeht, sagte mir mein Arzt demletzt, dass verschiedene Geräte durchaus verschiedene Ergebnisse erbringen. Frag' mich nun bloss nicht, wieso das so ist...Ich hatte dieses Gespräch im übrigen im Zusammenhang mit dem Glukosetoleranztest in der Schwangerschaft - das Gerät in der Praxis (Hersteller ist mir unbekannt) hat andere Werte ergeben als mein eigenes (One Touch).

    An áit a bhfuil do chroí is ann a thabharfas do chosa thú - The place where your heart is, is where your feet will take you







  • Julchen,


    das hat etwas mit der Kalibierung des Blutes zu tun. Schaut mal in den Anleitugngen der Blutzuckermessgeräte nach. Die kann man auch online finden.


    Ähnliche Erfahrungen habe ich durchaus gemacht, mit 2 Geräten verschiedener Firmen.


    JustMe

  • Danke für euren Input - konnte meine Mutter entsprechend coachen :D


    Maadla: Die Teststreifen waren tatsächlich die, die noch bei dem Gerät dabeilagen. Über- bzw falsche Lagerung wäre durchaus möglich. Das könnte dann durchaus die völlig willkürlichen Meßwerte der 3 Testmessungen erklären. Schließlich ist dies mit dem alten Gerät nie passiert.


    JustMe: Kalibrierung hat ja stattgefunden. Sogar von Fachpersonal.


    "Frechheit" hat übrigens inzwischen obsiegt. Beim heutigen Kontrolltermin hat der Arzt ein Rezept vorbereitet, das dann allerdings erst am Tresen gedruckt wurde. Dort hat meine Mutter von der Sprechstundenhilfe prüfen lassen, ob die Streifen für "One Touch" nicht doch verschreibungsfähig sind. Und siehe da: Der Computer meinte, daß das geht. Ganz plötzlich doch ... *grübel*


    Das Medisense-Teil fühlt sich seit gestern abend sowieso dermaßen überfordert, daß es auf Resets und den Codierstreifen mit "Error" reagiert. Das war wohl insgesamt ein Montagsgerät. Ein geschenkter Gaul halt ... :rolleyes:


    Das Ärgerliche ist ja, daß die anscheinend wirklich äußerst fehlerhaften Meßwerte ohne Vergleich gar nicht aufgefallen wäre... fragt sich, wie da wohl die Dosierung etwaiger Medikamente und deren Nebenwirkungen ausgefallen wären, wenn man sich allein darauf verlassen hätte - soviel auch zur Wirtschaftlichkeit.


    Man muß heutzutage echt aufpassen wie ein Schießhund :cool:



  • Hallo,

    also zu 1: Mit dem hervorquetschen. Wichitg ist, das man nicht zu viel drückt und quetsch (dadurch können die Werte verfälschen).

    Zu 3: Nein, es ist nicht Geräteabhänig.
    Laut KV ist es so. Insulinplichtige (Typ I) Diabetiker bekommen im Quartal 150 Teststäbchen erstattet.

    Diabetiker (Typ II meistens) die "nur" medikamente Nehmen und schon Begleiterscheinungen habe (erhöhter Augeninnendruck etc.) die bekommen 50 Teststreifen im Quartal erstattet.
    Obwohl hier auch viele Ärzte ohne Begleiterkrankugen 50Stk. im Quartal aufschreiben.

    Und es ist tasächlich so, das man total viele Geräte von den Pharma Firmen Geschenkt bekommt. Bei uns in der Praxis haben wir ungelogen bestimmt 30 Geräte "rumfliegen". Und ich bin nur beim Allgemein Mediziner.

  • Hallo,


    Julchen, ich meine mit der Kalibrierung mehr das Blut. Es gibt Messgeräte, die messen mit dem Vollblut und die anderen eben mit -ach manno, mir fallen die Begriffe nicht ein. Zumindest hat es damit etwas zu tun.


    Joyces, 150 Streifen/ Quartal als Typ 1- DIabetiker? Der Rest wird dann blind geschätzt, was? Nee, bei einem Typ1 sind es mindestens 400 Streifen, die im Quartal verschrieben werden. Nach Bedarf auch mehr, das ist auch abhängig von der Therapie (Pumpenträger bekommen meist mehr, als die ICTler). Allerdings wird es vom Allgemeinmediziner abgelehnt, diese Menge zu verschreiben - könnte ja von seinem Budget abgezogen werden.


    LG

  • Stimmt, bei 150 Teststreifen im Quartal gäbe es ca. 1,78 Messungen pro Tag...eindeutig zu wenig. Ich benötige pro Tag (wenn ich nicht schlamper :( ...)mind. 4 Messungen, meist sind es 4 bis 6, sofern nichts Außergewöhnliches passiert (Hypoglykämie, Hyperglykämie, Infekte etc.).

  • Stimmt, bei 150 Teststreifen im Quartal gäbe es ca. 1,78 Messungen pro Tag...eindeutig zu wenig. Ich benötige pro Tag (wenn ich nicht schlamper :( ...)mind. 4 Messungen, meist sind es 4 bis 6, sofern nichts Außergewöhnliches passiert (Hypoglykämie, Hyperglykämie, Infekte etc.).


    Dito!

  • Stimmt 150 Teststreifen sind sehr wenig. Aber beim Allgemein Mediziner bekommt man in der Regel nicht mehr. Er darf halt laut KV nicht mehr aufschreiben.

    Ich weiß aber auch das der Diabetologe mehr aufschreiben darf, will mich da aber nicht mit der Zahl festlegen, weil ich es einfach nicht weiß!

    Und ihr müsst auch bedenken, es kommt immer auf den Arzt an!
    Der eine schreibt alles auf was man will, der andere achtet 100% darauf das der Pat. nur das bekommt was ihm laut KV bzw. KK zusteht.
    Das wird doch heute mehr und mehr zum Glückspiel.

  • Stimmt 150 Teststreifen sind sehr wenig. Aber beim Allgemein Mediziner bekommt man in der Regel nicht mehr. Er darf halt laut KV nicht mehr aufschreiben.



    auch diese aussage ist falsch der hausarzt darf für typ 1 genauso 400 und für typ 2 200 messstäbchen aufschreiben

  • Hallo,


    ich hoffe doch, dass der Typ 2- Diabetiker auch bei einer ICT seine 400 Messstreifen vom Hausarzt bekommt ;-). Man kann es auch so nicht pauschalisieren, sondern muss eben auf die Therapie eingehen.


    Der Typ 1- Diabetiker wird meist in der Schwerpunktpraxis behandelt, was diese Diskussion um den Sinn der Teststreifen vereinfacht.


    LG

  • Moin Zusammen,


    könnte eigentlich mal jemand erklären was dieses ICT bedeutet?


    Ich als Partnerin eines Diabetiker kann es mir zwar in etwa vorstellen, aber viel werden das eher nicht wissen und ich fände es nett wenn das klarer wird.


    Liebe Grüße,
    Cailly

  • Hallo,


    ICT steht für Intensivierte Conventionelle Therapie, und bedeutet nichts anderes, als dass man durch das Spritzen von Basal-Insulin und Bolus-Insulin möglichst nah an einem gesunden Stoffwechsel kommt.


    Basal-Insulin benötigt der Körper immer, auch bei einem gesunden Stoffwechsel ist es so, dass die Bauchspeicheldrüse Insulin abgibt.


    Bolus-Insulin wird zur Abdeckung der Mahlzeiten benötigt. Das muss man sich meist selbst errechnen, da man diverse Faktoren beachten muss, wie Menge der Kohlenhydrate, Fett- und Eiweissgehalt, ausgehender Wert, ist Bewegung noch geplant etc pp.


    Diese Therapieform wird immer bei Typ 1-Diabetikern (sofern sie keine Pumpe und eine ordentliche Betreuung durch einen guten Diabetologen haben) angewandt, hin und wieder auch bei Typ 2-Diabetikern, wo Ernährung, Bewegung und Tabletten nicht mehr ausreichend sind und wo auch die CT, das heisst, festes Spritzschema (meist Mischinsulin und feste Essenszeiten, also streng geregelter Tagesablauf) nicht ausreichend ist.


    Vorteil der ICT ist, dass man selbstbestimmender ist und flexibler ist. Nachteil ist, dass man mehr spritzen muss, je nach Essen.


    Noch Fragen?


    LG

  • Moin Justme,


    vielen Dank für diese ausführliche Erklärung.


    Du hast damit nicht nur meine Ahnungen bestätigt, sondern sicherlich auch vielen Unwissenden das wichtigste dazu Erklärt.


    Liebe Grüße,
    Cailly

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