Hallo,
ich erzähle hier einfach mal meine Geschichte. Vielleicht interessiert es jemanden...
Ich bin als Einzelkind in einem kleinen Dorf aufgewachsen. Meine Eltern lebten schon sehr abgeschottet und hatten wenig Freunde, dafür um so mehr Feinde in der ganzen Nachbarschaft. Ich war gewichtsmäßig ziemlich normal bis ich von der Grundschule aufs Gymnasium gewechselt bin.
Da fing es dann an. Ich war eigentlich kein schlechter Schüler, aber hatte das Talent schon sehr früh als Mobbing-Opfer ausgewählt zu werden - Freunde hatte ich wie gesagt keine und hätte auch sowieso keine nach Hause bringen dürfen.
Meine Eltern haben mir auf die Hänseleien nicht geholfen, "ignoriere es einfach", "höre nicht drauf" waren super Hilfen für ein Kind das quasi nur geheult hat wenn es nach Hause gekommen ist.
Ich habe als Kind auch nie das Gefühl gehabt von meinen Eltern geliebt zu werden, ich fühlte mich als 3. Rad am Wagen. Ich bin halt einfach ein Sensibelchen.
Und so saß ich meist nach der Schule zu Hause herum (TV, PC) und hab in mich reingefressen - meine Eltern waren mit sich selbst beschäftigt. Auch den Lehrern (alle kurz vor der Rente) gegenüber war ich wohl das Problem für allen Ärger und so haben Sie es geduldet dass ich gehänselt und verdroschen wurde.
Irgendwann mit 13-14 habe ich mich dann vollständig zurückgezogen nachdem mein Vater in den Vorruhestand ging und von da an den ganzen Tag zuhause war. Ich bin zwar noch zur Schule gegangen aber sonst komplett in meiner "eigenen Welt" gewesen.
Meine Eltern haben mich höchstens angeschrien oder mir Vorwürfe gemacht oder mich zu Ärzten geschleppt die mich dann jede Woche wiegen wollten etc. Immer war ich das "Problem". Normale Kommunikaton gab es nicht mehr. Nur Vorwürfe von beiden Seiten.
Irgendwann habe ich es nicht mehr hinbekommen, meine Noten wurden schlechter und schlechter.
So verbrachte ich die Zeit nur vor meinem PC und alsbald auch online (1996). Ich investierte sehr viel Zeit und programmierte und las extrem viel - wie sonst auch. Ich sauge Informationen und Wissen - auch zu anderen Themen die mich interessieren - geradezu auf. Meine Eltern fanden das auch scheisse und meinten das wär "Teufelszeug".
In der 10. Klasse bin ich dann schliesslich hängegeblieben - u.a. wegen Latein (5) und Mathe (5) - gleichzeitig hatte ich in Physik und Gemeinschaftskunde einige Arbeiten im Bereich 1-2.
Ich bin dann im Schuljahr darauf (neue Klasse, nochmal das gleiche...) nicht mehr in die Schule gegangen. Es gab noch häufiger Streit und meine Eltern haben in einem Streit dann irgendwann die Polzei gerufen, die mich in die Psychatrie einweisen sollten.
Der Arzt meinte dort, es wäre nicht notwendig und da meine Eltern nicht wollten dass ich zurückkäme, hatte ich das Glück in eine betreute Wohngemeinschaft gehen zu können.
Da waren hauptsächlich Jugendliche die kriminellen Hintergrund hatten oder deren Eltern auch nicht in der Lage waren sich um sie zu kümmern. Aber es war erstaunlich harmonisch und familiär. Hätte das nie gedacht. Ich hatte einige Monate keinen Kontakt mehr zu meinen Eltern, wenn überhaupt dann eher mit meiner Mutter.
Ich habe von dort aus dann die 10. Klasse Realschule über eine Externenprüfung abgeschlossen (5 mündliche Einser, eine Lehrering war so beeindruckt das sie auf dem Gang 5 Minuten mit mir plauderte). Ich war an den Prüfungstagen so happy wie lange nicht mehr.
Einen Tag nach meinem 18. Geburtstag habe ich dann als Programmierer (1. Angestellter) bei eine kleinen Firma angefangen (250km weg von meinem damaligen Heimatort) um knapp ein Jahr darauf (2000) nach München zu einer sehr großen e-Commerce Firma zu gehen.
Mein Gewicht wuchs allerdings leider weiter.
...
Mittlerweile bin ich trotz meines Gewichts, meinem nicht vorhandenen Abi/Ausbildung/Studium in der Computerbranche u.a. für eine sehr großes Unternemen tätig, habe aber auch ein eigenes, kleines Büro in der erweiterten Münchner Innenstadt - und werde im November 26 Jahre alt.
Ich bin unglaublich stolz darauf - denn keiner, gerade auch meine Eltern, haben an mich geglaubt.
Sie tun es bis heute nicht, weswegen ich seit einigen Monaten den Kontakt (erneut) komplett abgebrochen habe weil ich sonst psychisch einfach immer runtergezogen werde.
Ich musste mir immer Rechtfertigungen anhören wie "woher hätten wir wissen sollen dass Du so gut bist am Compuer", "hat uns ja keiner gesagt", "hätte ja auch sein können, dass es nicht so gut läuft", "freu dich".
tja...
Heute wiege sicher 180/190kg bei 177cm - Ich war hier auch schon bei einigen Ärzten (Hausarzt, Sportmediziner...) - keiner hatte eine bzw zwei Waage(n) um mein Gewicht zu ermitteln. Wiegen tue ich mich schon seit Jahren nicht mehr, habe auch keine Wage zuhause. Ich versuche mein Gewichtsproblem mehr oder weniger zur Verdrängen.
In der Öffentlichkeit bin ich sehr zurückhaltend, reagiere extrem anfällig auf Blicke und verbale Kommentare von Leuten. Mein Selbstbewusstsein ist einfach extrem niedrig. Viele Leute nehmen mich nicht ernst, halten mich für einen Idioten. Natürlich hatte ich auch noch nie eine Freundin...
Ich habe aber einen Vertrag mit mir selbst: Niemals aufgeben.
Klar habe ich schwache Momente, vielleicht auch jetzt wo ich diesen Beitrag schreibe. Aber ich weiss, dass ich zumindest eine Sache sehr gut kann, dass ich ein netter, schlauer Kerl bin der beruflich und finanziell gut da steht. Ich habe die letzten 7 Jahre erlebt, die mir gezeigt haben, dass ich einfach "nur" meinen Weg gehen muss.
Vielleicht bin ich auch nur aus Trotz manchmal arrogant und angeberisch
Was ich wirklich hasse ist die Einsamkeit. Ich wäre schon froh eine Gruppe zu finden, mit der ich etwas Bewegung (Walking, Krafttraining) machen könnte. Alleine traue ich mich das nicht und bringe nicht genug Motivation auf.
Und vielleicht finde ich doch einmal eine Freundin? ;'(
Liebe Grüße,
Teebaum