Ist man nur frei, wenn man alleine ist?

  • Zitat

    Ganz er selbst sein darf jeder nur, so lange er alleine ist:
    wer also nicht die Einsamkeit liebt, der liebt auch nicht die Freiheit;
    denn nur, wenn man allein ist, ist man frei.


    Arthur Schopenhauer (1788 - 1860)

    Stimmt ihr Schopenhauer zu?



    NiceTalk :)

  • puuh!schwierig!grübel! :confused:
    ich glaube ja!
    Frei bedeutet im positiven ungebunden und nur für sich alleine zuständig und verantwortlich sein! Vielleicht kann man auch innerlich frei sein, obwohl man nicht alleine ist.
    Weiß nicht so recht, weiß aber, dass ich manchmal gern wieder allein sein möchte.-Doch dann ist die Freiheit vielleicht plötzlich nicht merhr erstrebenswert.
    Ist der Mensch zum Alleinleben gemacht?
    Soweitsogut!

  • Muss man nicht immer irgendwelche Kompromisse eingehen, sobald man nicht mehr allein ist?

    Um das gleich klarzustellen, geht es mir nicht um die Wertung, ob es gut oder schlecht ist, Kompromisse einzugehen/eingehen zu müssen, sondern viel mehr um die Tatsache, ob man wirklich nur 100 %ig frei sein kann, wenn man alleine ist.



    NiceTalk :)

  • ich persönlich mache immer noch unterschiede zwischen den wörtern allein und einsam sein.


    allein bin ich auch, wenn mein partner da ist und ich möchte nur für mich sein.
    einsam bin ich, wenn ich ohne jemanden da stehe und nicht weiterweiß.

    irgendwie kam dieses denken in meiner jugend (weil ich ja auch schon so alt bin).

    lg utofti

    Je mehr ich von den Menschen sehe,
    umso lieber habe ich meinen Hund.

    (Friedrich der Grosse)

  • Ich stimme Schopenhauer zu (übrigens auch noch in einigen anderen Punkten als dem obigen :) ).


    Ich glaube allerdings, dass das Alleinsein zwar eine notwendige, aber keine hinreichende Bedingung für Freiheit ist.

    Gruß, Sopho (die sich ihre Freiheit hin und wieder auch gern mal einschränken lässt.)

  • Ich stimme Schopenhauer ebenfalls zu.


    Vor allem der Anfang:

    Zitat

    Ganz er selbst sein darf jeder nur, so lange er alleine ist

    hat mich doch stark zum Nachdenken angeregt.
    Und bei diesem Nachdenken habe ich für MICH herausgefunden, dass ich in meinen bisherigen Beziehungen eben NICHT ich selbst war/sein konnte. Nur hab ich das während der Beziehung nicht so realisiert.
    Beim Nachdenken (was momentan meine Hauptbeschäftigung ist :rolleyes: ) ist mir z.B. aufgefallen, dass ich in jeder meiner beiden Beziehungen sehr viel zugenommen hab, zwischen den Beziehungen dagegen reduzierte sich mein Gewicht, ohne dass ich etwas dafür hätte tun müssen (habe weder Diät gehalten noch mehr Sport gemacht und trotzdem nahm ich ab).
    Natürlich will ich jetzt meinen Expartnern keine Schuld dafür geben - aber offensichtlich haben die Beziehungen schon etwas damit zu tun.
    Scheinbar ist es bei mir so, dass ich mit Essen kompensiere, wenn ich nicht ich selbst sein kann - und dass ich mich sehr frei fühle, wenn ich keine Beziehung habe.
    Eigentlich doof - denn eigentlich bin ich ein Familienmensch.
    Die Frage ist nur, wie man das nun kombinieren kann :eek:

    Darcy

  • Hallo Darcy,

    deine Erfahrungen hören sich traurig an. Kennst du die Gründe dafür, warum du in deinen Beziehungen nicht du selbst sein konntest? Hast du dich vielleicht zu sehr *verbogen*, um deinen damaligen Partnern zu gefallen oder hat es andere Gründe?

    Sollte meine Frage zu indiskret sein, zieh ich sie natürlich zurück.



    NiceTalk :)

  • Hallo NiceTalk,


    nein, ich glaube, zu indiskret ist Deine Frage nicht - es fällt mir nur etwas schwer, das auszudrücken, was ich meine.

    Ich denke, in meiner ersten Beziehung (die erste, die ich überhaupt hatte und der Mann, den ich dann heiratete) war ich zum Einen einfach zu jung und wußte gar nicht wirklich, wer ich bin. Zum Anderen war da auch eine gehörige Portion Dankbarkeit dabei, immerhin hatte mein Mann mich trotz Schwangerschaft (die durch eine Vergewaltigung entstanden war) "genommen". Klar, heute sehe ich das nicht mehr so, dass ich dafür dankbar sein mußte, aber damals hatte ich diese blödsinnige Vorstellung.
    Ich tat also fast alles, um mich dafür dankbar zu zeigen, las ihm fast jeden Wunsch von den Augen ab. Ich war für ihn und natürlich auch mein Baby da, studierte nebenbei und versorgte den Haushalt auch komplett alleine.
    Dass da gar kein Platz war, "ich selbst" zu sein, versteht sich wohl von selbst.
    Knapp 10 Jahre hab ich das mitgemacht, bis ich endlich aufwachte und mich entschloß, aus diesem (selbstgewählten) Gefängnis auszubrechen.
    Kurz vor meinem 30. Geburtstag zog ich damals mit meinem Sohn aus - ans andere Ende von Deutschland. Aus dem Nichts (ich hatte nicht mehr mitgenommen außer unsere Kleider und ein paar Küchenutensilien - die Spezialität meines Exmannes bestand darin, mit zu jedem Anlass ein neues Küchengerät zu schenken) baute ich für meinen Sohn und mich ein neues Leben auf. Ich fühlte mich zum ersten Mal in meinem Leben frei und stark und war glücklich, obwohl (oder weil?!) ich allein war.

    Knapp zwei Jahre später lernte ich dann meinen zweiten Partner kennen.
    Oh wie war ich anfangs darauf bedacht, nur nicht die alten Fehler zu wiederholen. Ganz bewußt fragte ich nicht dauernd, ob ich ihm was Gutes tun könne oder ob er noch was braucht.
    Aber ganz unbewußt kam es doch dazu, dass ich wieder mal nur für ihn dasein "mußte". Es erwies sich, dass er ein ziemlich labiler Mensch war, er litt noch dazu unter Depressionen und hasste sich selbst. Dazu kam noch eine ziemlich schwierige Kindheit - na ja, jedenfalls führte eins zum anderen und ehe ich mich's versah, war ich mal wieder diejenige, die die Verantwortung für ALLES tragen mußte.
    Blöd wie ich war, machte ich das natürlich auch noch gerne.
    Tja, auch diese Beziehung ist nun gescheitert - und nachdem nun so langsam der Schmerz über die Trennung nachläßt, kommt im gleichen Mass die Freude über die zurückgewonnene Freiheit wieder hervor.

    Was nun die wirklichen Gründe dafür sind, dass ICH so reagierte, wie es eben war, weiß ich (noch) nicht.
    Ich denke aber, die sind dort zu suchen, wo auch der Ursprung meiner Essstörung liegt - die Vermutung liegt nahe, da ich als Single weniger Symptome der ES habe.

    Darcy

  • Zitat von NiceTalk

    Ganz er selbst sein darf jeder nur, so lange er alleine ist:
    wer also nicht die Einsamkeit liebt, der liebt auch nicht die Freiheit;
    denn nur, wenn man allein ist, ist man frei.

    Doch, klingt sehr plausibel für mich.
    Allerdings würde ich das "alleine sein" noch viel weiter ausdehnen, denn auch Familie und Umfeld nötigen mir Entscheidungen ab, die ich frei so nicht unbedingt treffen würde.

    Absolute Freiheit gäbe es wohl nur, wenn ich keinerlei Zwängen unterworfen wäre, also auch nicht solchen biologischer Natur wie trinken und essen. Es gibt aber ein für mich passendes Maß an Freiheit, und das liebe und brauche ich. Aber ich liebe nicht die Einsamkeit, obwohl ich alleine sein im klassischen Sinne durchaus ab und zu brauche und genieße.

    Es gibt auch hier nicht nur Schwarz und Weiss für mich.

    Gruss, Malaga

  • Frei bedeutet keinen Zwang zu haben,
    Frei bedeutet dich zu lieben,
    Frei sein ist auch danke sagen,
    Frei sein ist auch loslassen,
    Frei sein ist auch den anderen zu akzeptieren,
    Frei sein heißt auch seinen Stil zu behalten,
    Frei sein ist auch keine Vorurteile zu haben,
    Frei ist auch seinen eigenen Weg zu gehen,
    Frei sein heißt auch eigene Gedanken zu haben,
    Frei bedeutet auch sich an die Hand zu nehmen,
    Frei heißt auch vieles zu entdecken,
    Frei sein heißt auch einander annehmen.
    :confused:
    volker

    Es kommt nicht darauf an wie man aussieht, sondern was man im Herzen trägt.
    Der Mensch besteht nicht nur aus einem
    Körper, er hat auch eine einzigartige zu
    bewundernde Seele.

  • Also ich denke nicht das man "Frei" ist wenn man Allein ist...


    weil für mich zur "freiheit" auch gehört, das ICH wenn ich Jemanden Anderes Brauche - der mich mal in den Arm nimmt oder so - das ich dann Jemanden finde ....
    und in dem Sinne kann man nur "Frei" sein wenn man eben NICHT Allein ist....


    Ich weiß dabei ist dann die Frage : Allein oder Einsam vermutlich die Frage schlechthin... ich fühle mich verdammt Einsam, vor allem auch weil ICH nicht selbst bestimmen kann ob ich allein bin oder eben nicht, denn diese Entscheidung wird mir immer wieder von AUSSEN aufgezwungen... also bin ich auch NICHT frei und trotzdem Allein.


    cailly

  • Na ja, Cailly,


    es heißt ja nicht automatisch, dass man frei ist, wenn man allein ist.
    Aber ich denke schon, dass es ein wesentlicher Bestandteil ist.
    Auf der anderen Seite - auch wenn Du einen Partner hast, hast Du nicht jederzeit jemanden, der Dich in den Arm nimmt. Und umgekehrt - ich muß nicht in einer Beziehung stecken, um jemanden zu finden, der mich mal festhält.

    Ich denke auch, dass man zwischen "allein" und "einsam" unterscheidet und dass diese Unterscheidung sehr stark davon abhängt, ob man freiwillig ohne Partner lebt oder ob man unbedingt einen Partner haben möchte, aber keinen findet.
    Dann ist man natürlich nicht frei - denn in Gedanken fixiert man sich selbst sehr stark.

    Darcy

  • Andere Frage: Kann jemand, der sich nur frei fühlt, wenn er alleine ist, überhaupt wirklich frei sein?

    Oder manifestiert sich wirkliche Freiheit nicht gerade im Wechselspiel mit anderen Menschen und mit der Gesellschaft; wenn man gerade deren Anforderungen, Zwängen, Vorurteilen etc. ausgesetzt ist und sich dagegen behaupten kann?

  • Hallo Darcy,

    ich habe mir nun einige Male deine Lebensgeschichte durchgelesen und bewundere dich für deine Stärke. Diese Kraft wünsche ich dir auch weiterhin.



    Zitat von Lunix

    ...

    Oder manifestiert sich wirkliche Freiheit nicht gerade im Wechselspiel mit anderen Menschen und mit der Gesellschaft; wenn man gerade deren Anforderungen, Zwängen, Vorurteilen etc. ausgesetzt ist und sich dagegen behaupten kann?


    Hallo Lunix,

    die Frage ist doch, ob man sich behaupten möchte, um der Gesellschaft zu zeigen, wer man ist oder ob man sich behaupten muss, um in der Gesellschaft nicht unterzugehen.

    Sich zu behaupten, kostet Kraft. Warum sollte man diese Kraft nicht für sinnvollere Dinge nutzen?

    In dem Moment, wo man sich behauptet, macht man dies durch äußere Einflüsse und nicht, weil man gerade mal Lust dazu hat, sich behaupten zu wollen. Also ist das Verhalten aus einem Zwang entstanden und nicht, weil man sich frei fühlte.



    NiceTalk :)

  • Zitat von NiceTalk

    Hallo Darcy,

    ich habe mir nun einige Male deine Lebensgeschichte durchgelesen und bewundere dich für deine Stärke. Diese Kraft wünsche ich dir auch weiterhin.


    Danke, NiceTalk,
    aber momentan fühle ich mich alles andere als stark und sehe mich auch nicht so (brauche zur Zeit meine ES ganz stark, um überhaupt klarzukommen).
    Es ist einfach so, dass ich gar nicht mehr weiß, was ich fühle - im Prinzip will ich nur weg (was aber nicht geht), da meine Wohnung durch den Auszug meines Ex aussieht, als hätte eine Bombe eingeschlagen.
    Meine Wohnung war immer meine "Höhle", mein kleines Reich, in das ich mich zurückgezogen hatte und nach seinem Einzug war es UNSER kleines Nest - aber momentan ist es ein "Kriegsschauplatz" an dem alles zu Bruch geht.

    Ich weiß, dieses Jammern ist furchtbar, aber ich mag auch nicht immer nur stark sein.

    Darcy

  • Zitat von Darcy


    ...

    Ich weiß, dieses Jammern ist furchtbar, aber ich mag auch nicht immer nur stark sein.

    Darcy



    Nein, Darcy, das Jammern ist nicht furchtbar. Furchtbar ist es, zu lachen, wenn man viel lieber weinen möchte. Niemand sollte seine Gefühle unterdrücken.

    Mag sein, dass du jetzt vor einem Chaos stehst, aber auch das wirst du bewältigen. Du hast die Power dafür und ja, du darfst auch mal schwach sein, ohne dich dafür schämen zu müssen. Siehe es nicht als Ganzes, sondern nimm dir immer dann kleine Bereiche vor, die du dir nach deinen Vorstellungen wieder herrichtest. Lass' die Zeit für dich arbeiten und irgendwann ist es wieder dein *kleines Reich* geworden.

    Fühle dich von mir ganz lieb gedrückt.



    NiceTalk :)

  • doch denk schon das man das so sagen kann. in beziehungen muss man zum teil irgendwo kompromisse eingehen. sicher da kann das glücksgefühl dann da sein "hey wir schaffen es zusammen, u es klappt alles wunderbar", aber wirkl frei?
    somit also tun u lassen können was man will? glaub ich nich. in einer beziehung ob nun zum mann / frau / freunden / bekannten / familie is zu unterschiedlich, u man muss auch das ein oder andere mal einstecken können. gemeinsamkeiten sind da normal, aber komplette kopien voneinander, da gerät man auch wieder eher aneinander, wenn dann auch noch einer der beiden einfach ma allein was machen möchte und nich kann. also ist man im endeffekt doch wieder allein am befreitesten, immerhin musste dich auch niemanden gegenüber rechtfertigen. wenns jetzt einfach ma um gedanken geht. die hast du alleine einfach u diskutierst die nich mit jemanden, u in einer beziehung redet man da doch eher ma drüber nech? :) nur ob die kombi: allein - einsam - glücklich immer zutrifft is was gaaaaaaaaaaanz anderes. immerhin is der mensch an sich ja doch eher n "gesellschaftsbedürftiges" individuum.

  • Zitat von Lunix

    Andere Frage: Kann jemand, der sich nur frei fühlt, wenn er alleine ist, überhaupt wirklich frei sein?


    Ich wüsste gern, ob ich's richtig verstanden habe, deswegen paraphrasiere ich mal: Jemand, der nur allein frei sein kann, ist in seinem Freiheitsempfinden höchst abhängig - von der Abwesenheit anderer nämlich - und gerade deshalb unfrei.

    Richtig?

    Das wäre ein berechtigter Einwand, glaube ich. Ich werde das noch einmal durchdenken.

  • Freiheit definiert sicherlich jeder für sich anders. Es liegt vielleicht auch daran, was für Lebensziele man sich setzt. Jemand der beispielsweise sagt, daß er eine große Familie gründen will und nun 5 Kinder hat, fühlt sich sicherlich frei durch das Erreichen seines Lebenstraumes.

    Einzelpersonen ohne familiäre Bindung sehen ihre Freiheit darin, daß sie keine direkte Verwantwortung tragen müssen, spontan handeln können, keine Rücksicht auf die Termine anderer nehmen müssen.

    Letztlich bin ich eher geneigt Schopenhauer Recht zu geben. Das Leben ist vielfach einfacher wenn man keine Bindungen hat, aber vielleicht auch manchmal dann eine Spur phlegmatischer.

    Viele Grüße
    Yanced :)

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