Stress, Burn-Out oder Depri?

  • Hallo zusammen,

    bin im Moment einfach nur entnervt und muss mir das folgende einfach mal von der Seele schreiben.
    Ich bin ein eigentlich Workoholic, der lange Tage im Büro sitzt und normalerweise mit Stress und Hektik gut klarkommt. Seit Anfang des Jahres muss ich allerdings ein neues Projekt betreuen, was mir den letzten Nerv raubt. Man bekommt Druck vom Kunden vom Chef und jede Kleinigkeit die nicht "rund" läuft - egal ob es garnicht bei mir liegt - wird einem "vorwurfsvoll" auf den Tisch geknallt. Jegliche Versuche mit Chef und Co zu darüber zu reden wurde mit "Das müssen Sie sich nicht so zu Herzen nehmen, das wird schon irgendwie laufen" abgetan. Fühle mich mit meinen Sorgen völlig allein gelassen.
    Dazu kommt, dass in der "Krise" so viele Leute entlassen wurden, das Arbeitsaufkommen einfach nur auf die Leute aufgeteilt wurde - aber jetzt zieht es wieder an, aber die Leute kommen nicht wieder. Im Gegenteil ;( Sobald einer krank wird ist land-unter.
    Ich bin jemand der ehr Perfektionist ist - dass das bei so viel Arbeit nicht mehr funktionieren kann ist klar. Eine Scheiss-Egal Haltung, wie sie mittlerweile einige Kollegen haben, kann ich einfach nicht umsetzten - obwohl das echt besser wäre. Bin blöd, weiss ich.
    Ich kann nachts nicht mehr durchschlafen, Alträume von der Arbeit, wache mit Pulsrasen auf. Das Schlimmste ist, dass ich quasi bei jeder Gelegenheit heulen könnte (kann mich auf der Arbeit zwar zusammenreißen, aber Zuhause gehts einfach nicht mehr). Kenn mich selbst micht mehr wieder. Voll krass. Mein Freund ist total lieb und versucht mich immer zu trösten - kann mir auch nicht wirklich weiterhelfen.
    Zumindest habe ich jemanden zum Reden, gottseidank.
    Habe mir fest vorgenommen nächste Woche mal zu Arzt zu gehen (und ich hasse es echt, da ich bis jetzt eigentlich nur mit Scheiss-Erfahrungen bedient worden) - aber ich brauche eine Auszeit. Oder eine Therapie, Anti-Drepessiva oder einfach eine neue Job? Keine Ahnung.
    Bin so "bescheuert" dass ich irgendwie grade keinen klaren Gedanken fassen kann, was total untypisch für mich ist eigentlich.

    Vielleicht kommt jemandem von Euch das bekannt vor und es gibt ein paar Tips, wie ich aus diesem Teufelskreis irgendwie wieder rauskomme?

    Danke, dass Ihr meine Geheule bis hierher ertragen habt.

    LG
    die Blondie

  • Zitat

    Ich bin jemand der ehr Perfektionist ist -

    ... und damit ist die Waffe schon geladen ...


    Liebe Blondie, etwas in dir funkt gerade deutliche Warnsignale und die solltest du zwingend befolgen! Tue dir selbst den Gefallen und spiele nicht die Starke. Diesen Status hast du nicht und mit jedem Tag, an dem du nichts gegen diese, dich überfordernde Situation machst, wird dein Zustand sehr wahrscheinlich schlimmer werden und dies im gleichen Maße, wie du versuchst durch noch mehr Leistungswillen dagegen anzukommen. So lange, bis du es gar nicht mehr packst und auch dein sonstiges Leben stark darunter leiden wird.


    So wie es silent-angel83 schon schrieb: Ab zum Doc. Nicht warten. Situation schildern, krank schreiben lassen. Nächste Schritte besprechen. Das sieht mir stark nach Therapie oder einer Kur oder beidem aus.


    Und denk daran: Das, was dir dieser Job nimmt, bekommst du nicht zurück. Deine Gesundheit, dein Wohlergehen und deine Lebensqualität sind deutlich wichtiger als jeder Arbeitgeber, jeder Job, jedes Geld und jeder Kollege. Jeder andere Gedanke, der mit "aber ich müsste doch ..." anfängt, ist hier falsch. Gerade jetzt, wo es auf dem Arbeitsmarkt wieder recht gut aussieht, solltest du vielleicht mal daran denken, dir einen Job zu suchen, der dich nicht so sehr überfordert. Aber eins nach dem anderen. Geh erstmal zum Arzt.

  • Liebe Blondie,


    ich hatte beim Lesen Deiner Worte gerade ein deja-vu (die accents sind gerade auf Urlaub, sorry ;) ) und mußte an meine eigene Situation vor zwei Jahren denken - da ging es mir ähnlich.


    Ich war ca 13 Jahren in einer mittelständischen Firma tätig und dort für den gesamten kfm. Bereich verantwortlich - viel Verantwortung, aber auch viele Freiräume. Unsere Firma wurde dann von einem internationalen, an der Börse gelisteten Konzern gekauft (die Mitarbeiter alle übernommen) und ich kam überhaupt nicht mit meinem neuen Job (toller Job-Titel, aber keinerlei Entscheidungskompetenz) zurecht und fühlte mich permanent überfordert. Das war kein Wunder, denn ich war für den Aufgabenbereich nicht qualifiziert und hätte an anderer Stelle viel mehr für das Unternehmen leisten können.


    Da ich - wie Du auch - selbst zu Perfektionismus neige, war ich der Meinung, ich müsse den Job trotzdem erledigen - egal, ob die Zuarbeit gut war oder nicht; natürlich zu 100% oder besser: zu dem, was ich als 100% empfand - im Vergleich zu anderen war das deutlich mehr. Ich konnte ebenfalls nicht mehr richtig schlafen, wachte nachts mit Schweißausbrüchen und Herzrasen auf und quälte mich jeden morgen erneut zur Arbeit. Und das, obwohl ich immer gerne gearbeitet habe! Selbst Phasen von 60 Std. pro Woche (die es in meinem Job manchmal gab) habe ich bis dato eigentlich eher als Herausforderung gesehen. Aber jetzt konnte ich der Arbeit kein positives Gefühl mehr entgegenbringen - ich fühlte mich jeden Tag mental vergewaltigt.


    Ich habe versucht, mit meinem Chef darüber zu sprechen - aber der hat mich nicht ernst genommen - ich fühlte mich alleine, sehr alleine.


    Ich hatte ganz tolle Kollegen (aus meiner "alten" Firma), die immer wieder versucht haben, mir Tipps zu geben - ich konnte diese jedoch nicht annehmen. Im Nachhinein weiß ich, dass sie Recht hatten (ich hätte den Ball permanent an meine Chefs zurückspielen sollen und die anderen ihren Job selbst erledigen lassen sollen) aber ich konnte zu diesem Zeitpunkt nicht die nötige Distanz wahren und die Wahrheit in den Tipps erkennen. Ich dachte immer nur "Aber ich :eek: muß doch..." - es war wie ein Mantra, dass da in meinem Kopf abspulte.


    Was mich gerettet hat? Hm, genau ein Jahr nach der Betriebsübernahme wurde ich entlassen - und das war das Beste, was mir passieren konnte :).


    Ich war aus der Situation, aus der ich keinen Ausweg mehr sah, raus und konnte mich endlich wieder auf mich besinnen, herausfinden, was für mich wichtig ist und mich total erholen. Und vor allem - mindestens drei Gänge zurückschalten!!! Und es geht mir sehr gut damit.


    Liebe Blondie, ich kann Dir nur den Tipp geben - geh' so schnell wie möglich raus aus der Situation (was nicht heißt, dass Du kündigen sollst), damit Du den Abstand gewinnst und Dich und Deine Verhaltensweisen quasi als "Dritte" beurteilen kannst. Such' Dir jemand mit Erfahrung für eine Gesprächstherapie (oder ähnliches). Mir hat eine sehr gute, langjährige Freundin (sie ist NLP-Coach) geholfen, die Dinge aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten - und das hat mir sehr geholfen.


    Du mußt an Dich und Deine Gesundheit denken - kein Job ist es wert, dass Du Dich kaputt machst dafür.


    Und falls Du den Eindruck hast, dass Du nicht gut genug bist - vergiß es: Du kannst nicht den Job von Deinen gekündigten Kollegen und Deinen eigenen machen - DAS IST UNMÖGLICH.


    Und nicht, weil Du nicht gut oder nicht stark bist - sondern weil es einfach zuviel für eine Person ist. Und es ist kein Zeichen von Schwäche zu sagen "Halt! Stop! Bis hierhin und nicht weiter"


    Ich drücke Dir ganz doll die Daumen und denke an Dich und hoffe, dass ich Dir ein bißchen helfen konnte.


    Liebe Grüße, lass' Dich umarmen, debbieee

  • Blondie, hör auf Deinen Körper, der schickt Dir nämlich Alarmsignale en masse. Schlafstörungen, Gedankenroutieren, nicht mehr können - mache bitte Deinem Arzt deutlich, was bei Dir los ist.

    Eine Auszeit ist schon mal eine gute Sache. Allerdings mußt Du Dir während Deiner Auszeit auch darüber klar werden, was Du willst. Kannst Du Dir das für Dich leisten, noch weiterhin so zu brennen? Willst Du eigentlich noch diesen Job machen? Ich gebe House recht, allein Dein Perfektionismus kann Dich untergehen lassen. Sei gut zu Dir selbst, finde heraus was Du willst, gehe in Dich, vielleicht stellst Du fest, daß Du das ganze Getue und Gehetze eigentlich gar nicht mehr willst. Das könnte ein Neubeginn auch in einer ganz anderen Richtung werden.

    Es ist auch im Projektmanagement keine Schande, dem Chef zu sagen, daß Du mehr Hilfe brauchst. Dabei brauchst Du noch nicht mal auf Dich selber einzugehen, sondern nur zu sagen, daß das Projekt gefährdet ist, wenn es keine Manpower (hasse das Wort eigentlich, ist aber soo modern) als Unterstützung gibt. Mache Vorschläge, wie die Kuh vom Eis zu kriegen ist. So habe ich bei meinem letzten EDV-Projekt gehandelt. Hat nicht geschadet, sondern eher mir einen umsichtigen Ruf in der Firma eingebracht und zu einer fachlichen Beförderung geführt, wo ich nicht mehr nur im Hamsterrad unterwegs bin.

    Nimm Dich jetzt mal wichtig und sei bei Dir selber Perfektionist!

  • Hallo Ihr Lieben,

    Vielen vielen Dank für Eure Antworten und die Ratschläge.

    Ich habe in der letzten Nacht ungefähr zwei Stunden geschlafen, dass ich heute morgen so fertig war, dass ich garnicht mehr konnte. Gottseidank hat mir mein Freund einen Termin bei einem Notfall-Therapeuten besorgt. Bei dem ich mit Hilfe der KK auch direkt einen Termin bekommen haben. Nachdem ich mich dort etwas ausgeheult habe, bin ich nach den Gespräch - und vielen Taschentüchern etwas erleichterter aus der Praxis raus.
    Hinterher war ich noch beim Hausartzt, der mich direkt bis Ende nächster Woche kankgeschrieben hat. Ab Montag mache ich einen Stress-Kurs. Und auch wohl eine Therapie zusätzlich.
    Hoffe, dass ich damit den Kopf wieder frei bekomme und mir dann überlegen kann, ob ich dass "Arbeitsleben" noch genauso weitermachen kann - oder vielleicht "einfach" meine Einstellung zu mir selbst ändern kann.
    Drückt mir die Daumen.

    Vielen Lieben Dank nochmal an alle *drück*

  • Hallo Blondi, so bitter das für Dich wahr: Ich bin recht dankbar gewesen, als ich eben gelesen habe, dass Du nun an dem Punkt warst, wo es nicht mehr ging und noch mehr dafür, dass Du direkt Hilfe hattest.


    Es ist gut, dass Du nun krank geschrieben warst und noch besser, dass Du danach mal schauen willst, wie Du anders weiter machen kannst. Ich kenne all diese Phänomene auch und muss aus meiner Erfahrung nur sagen: Das macht krank!


    Definitiv solltest Du - statt an Dir zu zweifeln - Dich nach einer anderen Arbeitsstelle umsehen. Denn offensichtlich ist bei Deinem aktuellen Arbeitgeber ja keiner daran interessiert, etwas zum positiven zu ändern, geschweige denn, mal Deine Leistung anzuerkennen.


    Wenn man permanent nur um die Ohren geknallt bekommt, was alles nicht rund läuft, sich für alles verantwortlich fühlt - letztlich aber alles viel zu viel ist, als das man es bewältigen könnte - man geht daran kaputt, sofern man eben nicht die "Scheiß-egal"-Haltung Deiner Kollegen hat. Und die wirst Du - ich denke das liegt einfach an der Persönlichkeitsstruktur - weder so leicht lernen können noch es wirklich wollen.


    Ich denke ich bin in der Persönlichkeit recht ähnlich, zumindest habe ich genau solche Situationen auch schon im Arbeitsalltag erlebt. Bei mir führte das dazu, dass ich irgendwann völlig überarbeitet und mit den totalen Selbstzweifeln zusammen gebrochen bin und dann ganz lange nicht mehr hoch kam. Ich hatte dann auch die Diagnose schweres Burn-Out und Depressionen.


    Das würde ich Dir so gerne ersparen, wenn ich es mit ein paar Worten kann. Also noch brauchst Du vermutlich kein Antidepressiva, sondern schlicht erst mal Erholung und ein anderes Arbeitsumfeld. Es ist mir klar, dass es natürlich auch nicht gerade einfach ist, mal so mir nichts Dir nichts eine andere Stelle zu finden.
    Gerade deshalb: Fang an zu suchen. Und versuch Dich davon zu lösen, Dich für alles verantwortlich zu fühlen. Das heißt ja nicht, dass Du deshalb gleich in eine scheiß-egal Haltung übergehen musst.


    Es geht darum feste Grenzen zu setzen, sei es, was die Arbeitszeit (Du machst vermutlich auch Überstunden ohne Ende?) angeht oder eben die Belastung und Dir einen Punkt zu setzen wo Du sagst: So, bis hierhin und dann Ende.
    Und wenn Du nichts mehr kannst, dann lass Dich wie jetzt - krank schreiben.


    Es dankt Dir keiner, wenn Du Dich für diese Firma kaputt schuftest. Im Gegenteil: Du bist hinterher die Dumme, bist krank und fühlst Dich elend. Und bei so "feinfühligen" Kollegen wird der Fehler dann noch an Dir festgemacht, statt in der Firma gesehen.


    Ich drück Dir die Daumen und wünsche Dir, dass Du da ganz schnell rauskommst.

  • Hallo Blondi,
    gut, dass Du noch rechtzeitig vom Kreisel gesprungen bist, ich wünsche Dir alles Gute!


    Ich wünschte, ich könnte das auch. Wie ich letzt unter anderem Thread schrieb, sollte ich eine andere Stelle innerhalb der Firma übernehmen, die ich alleine wegen 4 Treppen nicht schaffe. Seitdem ich das abgelehnt habe und auch, meine Stelle zu teilen, behandeln mich die Chefs wie den letzten Dreck. Ich kann machen was ich will.


    Werde vom Publikum nach wie vor völlig anerkannt, die wissen gar nicht, wie es für mich z. Zt. auf der Kippe steht. Ich habe sogar versucht, noch mehr zu machen, aber die Einstellung der Chefs hat sich nicht geändert.


    Letzt schrieb mir nun der Stellvertretende Chef aus dem Ausland, ich könnte ja die halbe Stelle (mit den 4 Treppen) machen. Wiederholt lehnte ich freundlich, doch bestimmt ab. Der erste Vorgesetzte hat dem Idioten auch noch freie Hand gegeben, OBWOHL er sich komplett hätte für mich einsetzen können, bei meiner alten kompletten Stelle zu bleiben.


    Jetzt hänge ich sage und schreibe seit Februar in der Schwebe, der erste Vorgesetzte blufft mich wegen jeder Kleinigkeit hat und die Kollegin ist die Gute. Sie macht immer pünktlich Schluß, hängt ganz selten mal Überstunden dran, wenn's Not tut, der Trottel vom Dienst (ich) mache es meist.


    Ich warte jetzt nur noch drauf, dass ich zu etwas gezwungen werden soll, was ich nicht will und sogar von noch oberster Stelle nicht unterstützt werde, dann werde ich mich auch zurück ziehen. Es hat keinen Zweck. Ich bin jetzt auch schon ausgebrannt und habe seltenst Dank erhalten. Einer der anderen höheren Kollegen ist jetzt im Ruhestand, auch ihn bat ich vor 2 Monaten noch, sich für mich einzusetzen, er lehnte mit dem Satz ab: "Tut mir leid, ich bin ein auslaufendes Modell!" Für andere hat er sich eingesetzt. Und, glaubt mir, ich habe über die Maßen hinaus mit meinem Helfersyndrom ALLES für ihn getan, damit es ihm gut geht!!!


    Blondi, hoffentlich geht für Dich alles gut aus. Ich bin froh, dass ich dieses hier las, dann fühle ich mich nicht so alleine, und weiß, was im Notfall zu tun ist ...!

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