Selbstmord/Suizid/Freitod

  • Hi ihr's!

    Ich habe mal eine Frage an euch: Wie steht ihr zum Thema Selbstmord/Suizid/Freitod?
    Meint ihr, dass er (ethisch/moralisch?) zu vertreten ist?
    Oder findet ihr, dass das "feige" oder ähnliches ist?
    Meint ihr, dass dieser zu rechtfertigen ist?
    Welchen der Begriffe findet ihr am zutreffendsten, Selbstmord, Suizid oder Freitod?

    Und all das: Warum?

    Würde mich sehr interessieren, was ihr dazu sagt, weil ich immer wieder auf leute treffe, die meinen, dass das "Feige" sei und nur eine "Flucht" bis hin zu "asozial" - was ich alles nicht wirklich finde.

    Lg,

    sombra_blanca

  • Hallo weißer Schatten!
    (ein wunderschöner Nick!)

    Ich finde es eigentlich unfassbar. Kann man dazu überhaupt auf irgend eine Weise stehen?

    Zuerst und zuletzt, jeder hat das Recht, selbst zu entscheiden. Aber andererseits würde ich versuchen, Suizid zu verhindern. Es kommt auf die Situation an...

    Suizidale Tendenzen kenne ich leider auch, aber für mich persönlich wäre es einfach ein fataler Fehlschluß, denn eigentlich suche ich Ruhe und Sicherheit, die ich mir einbilde, am ehesten bei mir und ganz allein zu finden.

    Eigentlich urteile ich nicht wissentlich, wenn ich erfahre, daß jemand Suizid beging, auch nicht, wenn Kinder zurückbleiben, denn die können nichts dafür und sind aber ihr Leben lang gestraft mit solcher Tat. Andererseits kann ich mir vorstellen, wie verzweifelt ein Mensch sein muss, um seine Kinder zurückzulassen, welch unglaubliche Verzweiflung denjenigen treibt...

    Ich finde es nicht feige, habe ich nie getan, obwohl ich diese Denkart kenne. Zueigen konnte ich sie mir aber noch nie machen. Ich finde es schrecklich für die Zurückbleibenden, wie es der Tod so oft ist, aber die Person selbst verurteile ich nicht. Kann ich auch nicht, denn ich steckte niemals in seiner Haut.

    Ob Suizid zu vertreten ist ethisch oder moralisch - das ist mir zu grundsätzlich, da müßte man eine Abhandlung drüber schreiben, und das würde hier den Rahmen sprengen.

    Liebe Grüße
    Angua

  • Schwieriges Thema (um die Uhrzeit...), aber ich konnte gerade auch nicht vorbei gehen, nachdem ich jetzt fast 15 min vor dem Posting saß. Ich bevorzuge übrigens die Bezeichnung Suizid. Und je länger ich über deine Fragen nachdenke muss ich feststellen, dass es für mich keine eindeutige Antwort gibt. Ja, es ist ein weglaufen und gleichzeitig auch wieder nicht. Ich will behaupten, es kommt auf die Situation an. Wenn ich mir überlege, dass ich auch schon ein paar mal vor dieser endgültigen Entscheidung stand, bin ich heute froh, es nicht getan (bzw. rechtzeitig aufgehört) zu haben. Ich denke mir für mich, vielleicht könnte ich verpassen, dass doch noch alles positiv wird. Bin der Meinung, dass es durchaus Feige ist, denn es erfordert verdammt viel Kraft sich den Problemen zu stellen. Aber bevor man sich das Leben nimmt, sollte man sich seinen Problemen stellen und daran arbeiten, erst dann weiß man, ob sich der Suizid gelohnt hätte...;-) . Während meiner bisherigen beruflichen Tätigkeit, aber auch im Privatbereich war ich häufig mit dem Thema konfrontiert und ehrlich gesagt, bisher weiß ich von Niemanden, der sich im nachhinein doch lieber umgebracht hätte.


    Auf der anderen Seite versuche ich auch die Verzweiflung nachzuspüren und die Menschen zu verstehen, welche sich für den Suizid entschieden und ich kann ihn teilweise sogar akzepieren und verstehen. Eine unheilbar kranke 20jährige, die sich von einem Hochhaus stürzt...vielleicht hätt ich in ihrer Situation ähnlich gehandelt, denn welchen Problemen soll sie sich stellen? Ihre Entscheidung kann ich verstehen.


    Ein 24jähriger der sich in seiner Wohnung erhängt weil er Schulden hat und keinen Ausweg sieht. Wie verzweifelt musst er sein, weil er niemanden hatte der ihn an die Hand nahm. Irgendwo kann ich ihn verstehen...Die Eltern waren ganz erstaunt über den Abgang des Sohnes...niemand hat seine Signale wahrgenommen. Der Suizid wäre vermeidbar gewesen, aber aufgrund der Umstände (die hier nur angerissen werden können), kann ich seine Entscheidung nachvollziehen. (Bezugnehmend auf deine Frage, dieser ist, aus Sicht der Angehörigen, nicht zu rechtfertigen, sie hätten vorher reagieren müssen)


    Ein 80jähriger, der seine ebenfalls 80jährige Frau auf deren Wunsch, weil schwere Krankheit im Endstadium, umbringt und sich dann selbst, aus Angst vor dem Alleinsein, ebenfalls das Leben nimmt...kann ich verstehen. (Bezugnehmend auf deine Frage, ich finde es vertretbar, da es ihr Wunsch war).


    Ganz besonders Feige ist es, wenn jemand Mitglieder seiner Familie tötet und dann wenn er zur Verantwortung gezogen werden soll sich für einen Suizid entscheidet. Wenn er, aus welchen Gründen auch immer Derartiges macht, soll er sich auch den Konsequenzen stellen und nicht davon laufen.


    Wie du siehst, kann ich Situationen nachfühlen und versuchen zu verstehen, aber meine Grundeinstellung ist, dass man sich erst seinen Problemen stellen sollte (dies trifft wohl für die meisten "Fälle" zu), dazu gehört aber auch, dass das Umfeld Signale wahrnimmt und rechtzeitig Hilfestellung leistet. Man sollte sein Leben nicht so leichtfertig wegwerfen und ersteinmal über den Tellerrand sehen, was noch kommen, was man verändern oder wo man Hilfe bekommen könnte...was man verpassen würde. Warum soll man weglaufen, wenn es noch "Hoffnung" geben kann. Ich stelle ganz frech die Behauptung auf: Suizid ist der einfachere Weg...für alle Seiten!


    Ich hoffe, du hast ungefähr verstanden wie ich das alles meine...ist wohl doch zu schwierig das Thema um die Uhrzeit...


    @ sombra_blanca
    Darf ich dich fragen, warum du der Meinung bist, dass es weder Flucht noch Feige ist?


    "Lebendige Grüße" ´Maadla

  • Dieses Thema ist zu umfassend, deshalb nur mal ein paar Gedanken dazu....


    Suicid ist einfach das lateinische Wort für Selbstmord (siehe Genocid, Parricid, Matricid...) - hört sich vielleicht schicker an, aber...Ich gebrauche Suicid meistens in fachlichen Zusammenhängen."Freitod" ist eine Beschönigung, hängt mit Sicherheit mit der Theorie vom Bilanzselbstmord zusammen....


    Für mich hat Suicid eine überwiegend agressive Komponente. Und zwar gehe ich davon aus, dass die tatsächliche Aggression zwar vom Individuum gegen sich selbst gerichtet ist, dass es aber letztlich die Anderen meint...die dann mit der Verantwortung (= Schuld) für den Tod weiterleben müssen....


    "Sich feige aus der Verantwortung stehlen" - auch das trifft zu, zumindest für diejenigen, die in einer ihnen ausweglos erscheinenden finanziellen Situation Selbstmord begehen und die von ihnen wirtschaftlich Abhängigen zurücklassen.


    Nachvollziehbar ist für mich der Suicid eines Menschen, der vor der Entscheidung steht, für den Rest seines Lebens aufgrund seiner Hilflosigkeit umfassend auf Andere angewiesen zu sein.


    Ich gehe übrigens davon aus, dass Jede/r von uns mal mit dem Gedanken an Selbstmord gespielt hat....fängt da an, wo Kinder begreifen, dass zum Leben unabdingbar auch der Tod gehört und sich ausmalen, wie sehr die verständnislosen/strafenden/letztlich lieblosen Eltern am Sarg des Kindes trauern und bereuen werden...Das Bewußtsein, dass ein Mensch seinem Leben selbst ein Ende setzen kann, ist unabdingbar mit der menschlichen Existenz verknüpft.


    stübbken

  • Suicid - Selbstmord - Freitod - ein Leben wegwerfen das einem nicht mehr "Lebenswert" erscheint....


    ja genau der letzte Punkt sagt etwas wie ich finde "sehr wichtiges" aus.


    Was kann einem Menschen das Gefühl geben das - das eigene Leben nicht mehr "lebenswert" ist?
    Wie einsam muss ein Mensch sein, der zu diesem Schluss - eben das das eigene Leben nicht mehr Lebenswert ist - kommt?
    Wie Verzweifelt ist ein Mensch, der NUR noch diesen Ausweg sieht?


    Soll ich euch mal ganz Ehrlich etwas vermutlich Schockierendes sagen?


    Ich lebe seit ich 5(!!!) Jahre alt war, immer wieder mit diesen Gedanken und ganz ehrlich es gab nur wenige Momente bzw. Menschen die mich diesen Gedanken für eine Zeit vergessen lassen - bzw mir das Wissen das "ich leben muss, weil ich Gebraucht werde" vermittelt haben. ABER mir wurde schon im Alter von ca. 3 1/2 bis 5 Jahren ganz DEUTLICH klargemacht das: Ich NICHT verdient habe zu LEBEN! - und solche Überzeugungen wird man kaum jemals wieder ganz los, denn Sie prägen einen für den "REST!" des Lebens....
    übrigens die ersten Suicid-Versuche machte ich dann mit 6 Jahren, wo ich "alleine auf die Straße durfte" und ein extremes "Gefahren rausfordern - damit "ich dadurch sterben kann" - Verhalten" an den Tag legte - nein es waren KEINE direkten oder Bewußten Suicidversuche, sondern NUR Versuche den WÜNSCHEN insbesondere meiner Mutter - das ich nicht mehr da sein solle, weil ich ja nicht verdiene zu Leben - zu entsprechen....
    Heute bin ich soweit das ich BEWUSST um mein "ÜBERLEBEN" kämpfe, aber auch heute noch drängt sich mir immer wieder die Frage auf: Habe ich überhaupt "verdient" zu Leben?


    Tja, ich kann noch immer keine klare eindeutige Antwort geben...
    denn immer wieder erlebe ich die Bestätigungen für die Aussage meiner Mutter als Kind - das ich es eben "nicht verdiene"...
    nur wie gesagt HEUTE kämpfe ich Bewusst dagegen an.


    Nachdenkliche Grüße,
    Cailly (& Franky)

  • Das Thema Selbstmord ist schon ein schwieriges Thema.


    Ich persönlich glaube ja an ein Leben nach dem Tod. Insofern wäre Selbstmord nur eine Flucht aus diesem Leben. Was hätte ich dann davon woanders, vielleicht in einem anderen Zustand, mit denselben Problemen und Sorgen weiterzuleben? Irgendwann kommt doch der Punkt, wo ich alles aufarbeiten muss. Da mache ich das doch lieber hier und kann, wenn meine Zeit gekommen ist, in Frieden (ohne Schuldgefühle, Probleme, Sorgen...) gehen und mich auf das "Danach" einlassen. Und wenn nach dem Tod nichts mehr kommen sollte, dann ist das auch nicht schlimm, ich konnte dann immerhin in Ruhe mein Leben auf dieser Erde hier abschließen.


    Persönliche Erfahrungen mit dem Thema Selbstmord habe ich leider auch. Mein leiblicher Vater, den ich kaum kannte, hat sich vor 2 Jahren im Alter von 40 Jahren in seiner Wohnung erhängt. Bis heute weiß niemand, warum er das gemacht hat.


    Bis auf ein paar Briefe, E-Mails und Telefongespräche kannte ich ihn ja kaum, was ich irgendwie schade finde. Ich bin als uneheliches Kind geboren und hatte nie Kontakt zu meinem Vater. Es war immer ein komisches Gefühl, mal wollte ich ihn gern kennenlernen, schließlich will man ja wissen, wo man herkommt. Andererseits habe ich mich auch ziemlich von ihm im Stich gelassen gefühlt ("Warum hat er nie Kontakt zu mir gesucht? Warum interessiert er sich nicht für mich?" usw.) und wollte keinen Kontakt. Als ich 20 war, habe ich dann doch Kontakt mit ihm aufgenommen. Ich fand die Vorstellung immer schrecklich, dass er eventuell schon tot sein könnte, wenn ich dann irgendwann später mit ihm Kontakt aufnehmen möchte.
    Wie schon gesagt, war unser Kontakt nie so besonders. Aber durch seinen Selbstmord hat er uns die Chance genommen, uns mal richtig kennenzulernen. Das finde ich sehr schade, aber irgendwie ist die Sache für mich auch erledigt.


    Was ich ihm aber wirklich übel nehme ist das, was er mit seinem Selbstmord meinen Halbgeschwistern angetan hat. Im Gegensatz zu mir lebten sie jahrelang mit ihrem Papa zusammen (die letzten 2 Jahre nicht mehr, da sie dann in Scheidung lebten). Der Kleine war zum Zeitpunkt des Selbstmordes gerade mal 10 Jahre alt. Was das Ganze bei ihm angerichtet hat, kann niemand sagen. Bei meiner Halbschwester (damals 17) sieht das schon anders aus. Ihr ganzes Zimmer ist zugepflastert mit Fotos von ihrem Papa. Sie hat Collagen angefertigt unter dem Thema: "Mein heißgeliebter Papa" und "Papa, ich liebe dich". Ich finde das einfach nur traurig. Durch seinen Selbstmord hat er ihr die Chance genommen, sich auch mal kritisch mit ihm auseinanderzusetzen. Er war kein Heiliger und er war auch nicht perfekt. Niemand ist perfekt. Aber in ihren Augen ist er es. Ich hoffe, dass sie irgendwann die Sache auch mal wieder etwas objektiver sehen kann und sie sich vielleicht etwas kritischer mit seiner Person auseinandersetzen kann. Es sagt ja niemand, dass sie ihren Papa nicht mehr liebhaben soll.


    Es hätte allen viel mehr geholfen, wenn er sich etwas mehr um seine Kinder gekümmert hätte, zumindestens bis sie aus dem Gröbsten raus sind. Was es auch ziemlich schwer macht, seine Tat nachzuvollziehen oder zu verstehen, ist, dass niemand weiß, warum er das getan hat. Es hätte sicherlich mehr als eine Lösung gegeben, wenn er gewollt hätte.



    Letzlich bleibt nur die Frage: "WARUM???"

  • Mein Neffe hat sich vor einem Jahr umgebracht. Er war gerade mal 27. Anderthalb Jahre jünger als ich. Er sprang aus dem Fenster, aus dem 7. Stock seiner Studentenwohnung. Irgendwann morgens früh. Ein paar Stunden später bekam ich von einer meiner Schwestern einen Anruf. Ich war schockiert. Zu dem Zeitpunkt glaubte aber noch niemand an Selbstmord, sondern daran, dass jemand ihn geschubst hat.


    Die Kripo hat später rausgefunden, dass er gesprungen ist. Er hatte weder Alkohol getrunken, noch Drogen genommen. Er ist einfach gesprungen. Warum er das gemacht hat? Keine Ahnung. Es gab nicht mal einen Abschiedsbrief.


    Meine älteste Schwester (seine Mutter) und meine anderen Schwestern glauben noch immer nicht das er das freiwillig gemacht hat, sondern das ihn jemand geschubst hat. Ich kann es mir zwar auch nicht vorstellen, aber die Kripo sagt er ist gesprungen.


    Seine Studentenwohnung hat total schlimm ausgesehen. Verdreckt, Wäsche wurde nicht mehr gewaschen. Einfach so als hätte er mit seinem Leben schon lange vorher abgeschlossen. Bleibt nur die Frage warum?


    Er hatte noch eine ältere Schwester, seine Mutter. Seinen Vater kannte er so gut wie gar nicht. Meine Schwester ließ sich von ihm scheiden, weil er Alkoholiker war und die Kinder und sie schlug. Geld war nie viel da. Meine Schwester versuchte sich und beide Kinder so gut es ging durchzubringen. Mein Neffe trug schon als Jugendlicher Zeitungen aus, jeden Tag. Er sparte sich so seinen Führerschein zusammen und einige andere Dinge. Er machte sein Abitur, studierte irgendwas mit Ingenieur. Seine Freundin trennte sich ein Jahr bevor er Selbstmord beging. Sie wollte nur noch mit ihm so befreundet sein. War es das was er nicht verpackt hat? War es das er sie immer wieder sehen musste? Sie immer vorbeikam? Keine Ahnung.


    Knapp 10 Monate vor seinem Tod besuchte er seinen Vater. Er wollte ihn kennenlernen. Es war nicht so gut gelaufen. Sein Vater war wieder betrunken und dessen Frau auch. Was noch vorgefallen ist, keine Ahnung. War es das, warum er sich das Leben nahm?


    Er hatte Schulden. Er hat immer Geld gespendet obwohl er selber so gut wie nix hatte. Es wurde von diversen Organisationen von seinem Konto abgebucht. Waren es die Schulden, warum er sich das Leben nahm. Die waren nicht so hoch, dass man ihm nicht hätte helfen können.


    Eine Woche vor seinem Tod war er noch bei seiner Mutter und bei meiner anderen Schwester mit der er immer gut zurecht kam. Mit seiner Mutter war er noch Eis essen, Fotos wurden gemacht.
    Einen Tag später war er bei meiner anderen Schwester (seiner Tante), er war total durch den Wind, zitterte beim Zigarette anzünden. Sie bemerkte das er Schmerzen hatte. Er hatte überall Schrammen und Blutergüsse am Körper. Er erzählte er wäre aus Versehen vor die Straßenbahn gelaufen. So erzählte es meine Schwester mir. Er wollte in der nächsten Woche am Dienstag nochmal zu ihr kommen. Am Dienstag in der früh sprang er aus dem Fenster.


    Alleine deswegen glauben fast alle nicht, dass er selber gesprungen ist.


    Irgendwie passt nichts zusammen. Wenn es die Schulden waren, warum ist er nicht zu seiner Mutter gegangen? Sie hatte für ihn gespart und hätte es ihm liebend gerne gegeben. Auf seiner Beerdigung sagte sie, dass sie das Geld lieber ihm gegeben hätte, jetzt muss sie seinen Sarg davon bezahlen. Sie hat sogar noch Schulden gemacht um seine Beerdigung bezahlen zu können. War er zu stolz zu fragen, ob sie ihm Geld geben könnte?


    Hat ihn die Trennung von seiner Freundin so umgehauen? War er so unglücklich das er sich umgebracht hat?


    Was ist passiert, als er seinen Vater besucht hat?


    Hat ihm jemand was angetan? Hatte er deswegen Blutergüsse und Schrammen eine Woche vor seinem Tod? Hat ihn vielleicht doch jemand geschubst? Oder hatte er soviel Angst, dass er gesprungen ist? Oder hat er sich schon eine Woche vorher versucht umzubringen indem er vor die Straßenbahn gesprungen ist?...


    Er hätte jederzeit zu jedem aus der Familie kommen können und um Hilfe bitten. Er wusste das.


    Warum springt ein netter junger Mann, fleißig, gebildet, fast fertig mit seinem Studium, mit nem guten Job als Ingenieur in Aussicht (Vertrag hatte er schon unterschrieben), aus dem 7. Stock seiner Studentenwohnung und das im Alter von 27 Jahren und hinterlässt nicht mal einen Abschiedsbrief?


    Keine Ahnung. Ich weiß nur was er hinterlassen hat: Ratlosigkeit, Trauer, Wut.


    Ich gehe davon aus das er selber gesprungen ist. Das hat ja auch die Kripo bestätigt. Deswegen bin ich wahrscheinlich auch die einzige in der Familie die Wut empfindet. Ich bin wütend, dass er sich aus dem Leben davon gestohlen hat, dass er nicht um Hilfe gebeten hat...


    Alle anderen sind ratlos und traurig. Wenn ich mit meiner Schwester (seiner Mutter) telefoniere, dann weint sie jedesmal. Ich weiß manchmal nicht damit umzugehen. Was soll ich auch dazu sagen? Ihr sagen, dass ich wütend auf ihn bin? Das könnte ich nicht. Sie ist so traurig sie braucht die Unterstützung der Familie. Ich bin schon so froh, dass ich sie als Schwester wieder habe. Ich hatte sie bis zum Tod meines Neffens mehr als 15 Jahre nicht mehr gesehen, obwohl sie nur 20 km entfernt wohnt. Sie hatte die ganzen Jahre keinen Kontakt mehr zur Familie, wegen unserer Mutter. Jetzt braucht sie auch meine Unterstützung. Sie hat ja auch jetzt hauptsächlich nur Kontakt zu mir. Soll ich ihr da sagen, dass ich wütend bin auf ihren Sohn? Das ich so gut wie gar keine Trauer empfinde? Sie sucht dauernd Bilder von ihm raus, sitzt davor und weint und das noch ein Jahr nach seinem Tod und das wird auch nicht aufhören. Es hat sie zerbrochen.


    Ich glaube diese Geschichte zeigt, was ich von Selbstmord halte. Rein gar nichts. Wer sich selber umbringt ist feige. Er macht es sich zu einfach und stiehlt sich aus dem Leben. Hinterlässt Trauer und Wut. Egal wie aussichtslos eine Situation ist, irgendwo gibt es für jeden einen Menschen, der einem hilft. Egal ob Familie oder sonst wer.


    Gruß Mari

  • Zitat von sombra_blanca

    Ich habe mal eine Frage an euch: Wie steht ihr zum Thema Selbstmord/Suizid/Freitod?

    Die Frage ist nicht, wie man zum Selbstmord steht, weil man nicht, wenn man sich geirrt hat, nochmal neu beginnen kann.

    Zitat

    Meint ihr, dass er (ethisch/moralisch?) zu vertreten ist?

    Nun, das ganz sicher nicht. Allerdings gilt auch hier: wenn erstmal der Selbstmord vollzogen ist, gibt es keinen Neuanfang mehr, somit auch niemanden, den man dafür (moralisch) anklagen und zur Rechenschaft ziehen kann.

    Zitat

    Oder findet ihr, dass das "feige" oder ähnliches ist?
    Meint ihr, dass dieser zu rechtfertigen ist?
    ...
    Würde mich sehr interessieren, was ihr dazu sagt, weil ich immer wieder auf leute treffe, die meinen, dass das "Feige" sei und nur eine "Flucht" bis hin zu "asozial" - was ich alles nicht wirklich finde.

    Ich unterscheide sehr wohl zwischen Menschen, die einfach "mit ihrem Leben nicht klar kommen" und solchen, die unter schwersten Gemütskrankheiten leiden und denen der Tod eine Erlösung aus ihrer Qual ist. Niemand, der nicht schon unter schwersten Depressionen gelitten hat kann ermessen, dass der seelische Schmerz zumindest gleichwertig dem körperlicher Schmerzen ist. Wenn nun jemand in einem so tiefen Tal der Depressionen gefangen ist und keinen anderen Ausweg mehr als den Freitod weiß, dann empfinde ich es so, als hat nicht er selbst Hand an sich gelegt, sondern schließlich war es die Krankheit, die ihn getötet hat.

    Anders verhält es sich mit Leuten, die einfach nur nicht mit den Anforderungen, die das Leben an sie stellt, klar kommen. Immer wieder liest man von Vätern, die erst ihre Familie und dann sich selbst umbringen. Diese finde ich schon ein Stück weit feige, auch wenn ich deren Not nachempfinden kann. Ich weiß aus eigener Erfahrung, dass man von den Behörden oft hängen gelassen wird, nach Hartz IV um so mehr und den Mitarbeitern dort es egal ist, was mit den Leuten wird, denen sie nicht helfen wollen. Dennoch bin ich der Meinung, dass jeder die Pflicht hat, zu kämpfen, insbesondere dann, wenn er nicht alleine ist, sondern Angehörige hat.

  • Zitat von Dralle_Deern

    Wenn nun jemand in einem so tiefen Tal der Depressionen gefangen ist und keinen anderen Ausweg mehr als den Freitod weiß, dann empfinde ich es so, als hat nicht er selbst Hand an sich gelegt, sondern schließlich war es die Krankheit, die ihn getötet hat.

    *nickt*


    Zitat von Dralle_Deern

    Dennoch bin ich der Meinung, dass jeder die Pflicht hat, zu kämpfen...

    *wieder nickt*

    Ich glaube aber, dass die meisten Menschen, die sich selbst das Leben genommen haben, wirklich gekämpft haben. Ich denke nicht, dass jemand sein Leben beendet, ohne nicht versucht zu haben "zu leben".

    Ich möchte (und werde) nicht darüber urteilen, ob es "gut" oder "böse" ist, wenn sich jemand das Leben nimmt. Im Grund möchte jeder Mensch "nur" leben... Die Kirche vertritt ja die Ansicht, dass Menschen, die dem Freitod sterben, nicht "in den Himmel" kommen. Auch das glaube ich nicht! Sonst ist Gott nicht Gott!

    Mir selbst geht es heute so gut, ich hätte nie zu träumen gewagt, dass ich mich jemals so fühlen könnte!

    Ich habe sehr lange gelitten, sehr lange gekämpft und doch gewonnen! Ich glaube, dass jeder im Leben irgendwann seinen Kampf austragen muss und dafür wünsche ich jedem die Kraft und Hoffnung, die er dafür braucht!

    Brigitte

  • Hallo zusammen,

    Suizid, ein Thema was immer wieder bewegt und die unterschiedlichsten Meinungen zutage bringt.
    Ich persönlich finde es weder feige noch unmoralisch.
    Vielleicht hängt dieses mit meinem eigenen Leben zusammen.
    Als ich 10 war versuchte mein Cousin mich umzubringen, nach einem Missbrauch.
    Damals, in der Situation, war ich so verzweifelt, das ich mir nichts anderes wünschte, als das er es schaffte.
    Aber ich lebe, nun bin ich 32, und die letzten 22 Jahre waren Kampf. Und wie oft dachte ich daran, aus dem Leben zu gehen. Ich habe es auch versucht, aber es klappte nicht.
    Vielleicht weil ich doch am Leben hänge. Paradox? Wo ich doch oft mein Leben verfluche und mich dafür bestrafe, das ich noch lebe.
    Vor kurzem hatte ich wieder eine sehr schwere Depression. Das ist dann die Zeit, in der das Wort Suizid ununterbrochen durch meinen Kopf geistert.
    Das ist eine Zeit in der ich eigentlich nicht lebe, nur existiere.
    Meine Freundin fragte mich einmal, warum ich an Suizid denke, mhhh, es ist der Wunsch nach Ruhe, ein Ende des jahrelangen Kampfes, keine Schmerzen mehr spüren.
    Im Moment gehts mir gut und ich bin froh das ich lebe, und in mir ist der Wunsch das es lange anhält.

    TamiJinx

  • Ich glaube, dass ein Mensch, der sich selbst tötet, einfach nicht mehr leben *kann*. Das gibt es. Es geht dann eben einfach nicht mehr weiter. Und man kann nicht mehr kämpfen. Ich sehe den Selbstmord als Unmöglichkeit, weiterzuleben.


    Und deswegen würde ich mir kein (moralisches) Urteil über diesen Menschen anmaßen wollen.

  • Selbstmord ist aus Sicht eines gesunden, psychisch stabilen Menschen oft etwas unverständliches, manchmal sogar obszönes oder unmoralisches. Etwas, das eher die Angehörigen betrifft, als den, inzwischen toten, Selbstmörder. Schließlich hängt doch jeder an seinem Leben. Die meisten fürchten sich sogar vor dem Tod. Jeder weiß, wie grausam und traurig es für die Angehörigen sein muß, wenn ein geliebter Mensch plötzlich aus dem Leben scheidet. Und trotzdem nimmt sich jemand selbst das Leben.

    Wenn man allerdings lange genug im Keller seines Lebens hockt, dort unten in der Dunkelheit aus Trauer, Einsamkeit, Lebensangst, Depression, dann sieht die Welt plötzlich ganz anders aus. Dann ist es auf einmal ganz leicht, ganz einfach. Man stellt sich die Frage: Wieso eigentlich nicht? Warum soll ich dieses Jammertal auch nur noch eine Sekunde länger ertragen? Was hält mich hier, wer ist für mich da? Ich will, daß das aufhört, daß alles aufhört! Ich will endlich Ruhe! Ich kann es nicht mehr ertragen, ich will es nicht mehr ertragen.

    Ein Selbstmord ist immer ein letztes Zeichen dafür, daß ein Leben aus der Bahn geraten ist. Ein Zeichen für das Leid, welches der Selbstmörder mit sich herumtrug. Sicher, es gibt Fälle, da hat es jemand zu leicht mit sich und seinem Leben genommen, aber die sind eher selten. Oftmals ist ein Suizid, so paradox das auch klingt, ein Hilfeschrei. Der letzte Versuch auf sich und seine verzweifelte Lage aufmerksam zu machen. Ein letztes großes "ICH HALTE ES NICHT MEHR AUS!"

    Häufig sind Fälle, in dem es zuvor völlig unmöglich schien, daß so etwas passiert. Da bringt sich der glückliche Familienvater um, die Mutter oder der Sohn, der doch immer so viel Spaß am Leben hatte. Es ist leider so, daß viele ihr Unglück perfekt zu überspielen wissen. Schließlich müssen sie ja funktionieren, ihrer Rolle gerecht werden. Um so unverständlicher ist es für die Hinterbliebenen, wenn so jemand sich, scheinbar grundlos, das Leben nimmt. Dies ist mit viel Schuldgefühl verbunden, und es ist schwer solche Menschen zu trösten, ihnen zu sagen, daß sie keine Schuld trifft.

    Es gibt Wege, die man beschreiten muß, um dafür zu Sorgen, daß es weniger Selbstmorde gibt. Man muß wieder mehr für einander da sein. Im wahrsten Sinne des Wortes gemeinschaftlich leben. Heute ist es erwiesenermaßen so, daß gerade die Menschen in den Großstädten immer mehr vereinsamen. Es gibt tausende, die unter tausenden leben und trotzdem allein sind. Soziale Netzwerke, wie Familie und Freunde, die noch vor gar nicht all zu langer Zeit eine sehr große Rolle im Leben eines jeden spielten, sind heute oft nur rudimentär oder gar nicht vorhanden. Der Mensch wird immer mehr zu Einzelkämpfer. So passiert es sehr schnell, daß das Leben an sich schon zu einem den Menschen überfordernden Geschehen wird. Solidarität wird heute eher als politischer Begriff wahrgenommen, der irgendwie befremdlich scheint, obwohl es so wichtig ist, daß wir solidarisch leben, wieder für einander einstehen und für einander da sind. Es ist wichtig, daß wir wieder mehr miteinander reden, daß wir auch einmal fragen:" Wie geht es dir?", ohne diese Frage zur Floskel verkommen zu lassen.

    Ich meine nicht, daß wir uns alle plötzlich in den Armen liegen sollen und laut "Wir haben uns alle ganz doll lieb!" rufen. Das ist Unsinn. Aber es wäre gut, wenn wir mal mit unseren Nachbarn sprechen, anstatt jahrelang im Treppenhaus wortlos an ihnen vorbei zu laufen. Oder mal an der Haustür des Rentnerehepaares zu klingeln, das so selten Besuch bekommt und mal nachzufragen, ob denn alles in Ordnung ist. Oder das wir die Probleme von Kindern und Jugendlichen nicht einfach als pupertäre Anwandlungen abtun, sondern versuchen sie zu verstehen und ihnen zu helfen. Gerade in Anbetracht der stetig steigenden Selbstmordrate in dieser Altersgruppe.

    Das alles würde nicht nur dazu beitragen, daß es weniger Selbstmorde gibt. Das alles würde dafür sorgen, daß es uns allen besser geht, in vielerlei Hinsicht.

    Und das ist alles, was ich jetzt dazu zu sagen hatte.



    Gruß :)


    R.v.G.

  • .... den ich schon die ganze Zeit habe seit ich dieses Thema verfolge;

    könnt Ihr Euch noch daran erinnern das Menschen aus dem brennenden WTC gesprungen sind um nicht zu verbrennen? Das fand ich die schlimmsten Selbstmorde von denen ich je gehört habe. DIE hatten nur die Wahl zu springen oder zu verbrennen.
    .....

  • Hallo,


    ein schwieriges Thema für mich, denn einer meiner besten Freunde hat sich vor 3 Jahren das Leben genommen. Und als wäre es gestern gewesen, kann ich mich an den Moment erinnern, als ich es erfahren habe.
    Die erste Frage, die sich gestellt hat, war ganz einfach das "Warum". Für Freunde, Familie, Außenstehende gab es keinen Grund. Ja, er hatte Probleme, wie jeder andere auch. Die Freundin hatte Schluß gemacht, aber er sah verdammt gut aus, hätte also leicht eine neue haben können. Der Job war nicht so toll, aber er hatte schon Bewerbungen verschickt für eine neue Stelle. Sein Freundeskreis war durch das Ende des Studiums nicht mehr direkt vor Ort greifbar, aber auch nicht aus der Welt. Ein Anruf - und alle wären da gewesen. Oder eben neue Leute kennen lernen - schüchtern war er nicht.
    Mit klarem Verstand also nichts, was sich nicht hätte leicht lösen lassen. Aber genau da lag wohl das Problem: Er hatte Depressionen, sehr schwere sogar, wie wir im Nachhinein von seinen Eltern, die sein Tagebuch gefunden haben, erfahren haben. Und keiner hat etwas davon gemerkt! Wir haben uns täglich gesehen, haben uns prima verstanden, auch mal über Persönliches geredet - er aber nie. Kein Wort. Auf Fragen, wie es ihm denn so gehe, gab es nur eine allgemeine Antwort. Und am Ende ging es ihm wohl so schlecht, dass er keinen anderen Ausweg wusste. Heute kann ich mit dieser Einsicht leben, auch wenn ich noch immer denke, dass er nur ein Wort bei unserem letzten Telefonat hätte sagen müssen und ich wäre sofort die 400 km - Distanz, die ich weg war, zu ihm gefahren. Stattdessen haben wir uns über Computerprobleme unterhalten. Heute denke ich, dass er sich von mir damit verabschieden wollte, auf seine eigene Art.
    Was ich damals auch noch fühlte war ohnmächtige Wut auf ihn. Ich war wütend, dass er sich einfach aus dem Staub macht und alle Zurückgebliebenen alleine gelassen hat. Keines der Probleme war durch seinen Tod gelöst, nur unendlich viel Schmerz war dazu gekommen. Und es hat eine Weile gedauert, bis ich verstanden habe, dass er eben krank, d.h. depressiv war und nicht "mit klarem Verstand" einen einfachen Ausweg gesehen hat. Folglich sehe ich Selbstmord eher als eine Art Symptom, das letzte, eindeutigste Zeichen der Depression. Allerdings denke ich auch, dass es Wege und Möglichkeiten geben muss bzw. bestimmt auch gibt, depressiven Menschen zu helfen, bevor sie zu so einem drastischen Hilfeschrei wie dem eigenen Tod greifen müssen.
    Lucky

  • Zitat von Roland Deshain von Gilead

    Schließlich hängt doch jeder an seinem Leben.


    ...und man kann sehr viel Unverständnis ernten, wenn man das anders empfindet und es als sehr tröstlich nimmt, dass das Leben endlich ist und das Ganze nicht ewig dauert.

  • Hi ihr's!


    Erst einmal danke für die rege Beteiligung.

    Nun hier meine Meinung zu dem Thema: Ich denke, dass Selbstmord nicht feige ist, da ich der Meinung bin, dass es viel Mut erfordert, seine Lebensinstinkte zu überwinden und in die Ungewissheit zu entschwinden. Wer weiß schon, was nach dem Leben kommt? Das Leben ist zwar auch unberechenbar, aber dennoch in gewisser Weise bekannt und damit doch irgendwie berechenbar. Wenn man also diesen Schritt geht, so ist das mutig, finde ich.

    Ich empfinde Suizid nicht unbedingt als Flucht, eher als Ausweg.
    Ich weiß nicht so recht, wie ich das erklären kann, deshalb versuch ich es mal so:
    Wenn man zum Beispiel unter einer schweren Depression leidet, hat man meist eine unbändige, riesengroße Trauer in sich, fühlt sich überfordert und weiß nicht mehr, wie man das weiter ertragen soll/kann.
    Wenn man keine Möglichkeit sieht, seine Probleme zu beenden, so ist der Suizid doch eine endgültige Beendigung aller Probleme, die man mit/in dem Leben hat (btw, ist ein Ende aller Probleme nicht auch eine Lösung, irgendwie?!?). Ein Ausweg quasi.


    Ich denke, dass das "Leid, dass anderen zugefügt wird", ungefähr vergleichbar mit dem Leid sein wird, dass derjenige, der sein Leben beendet hat, allein getragen hat.
    Unter dem Blickpunkt ist es verständlich, dass dieser jmd. - aus welchen Gründen auch immer- sein Leben, als nicht mehr lebenswert erachtet hat.
    Denn was bringt schon ein Leben voller Dunkelheit und (Selbst-)Hass? Aber auch: Wie "schön" ist ein Leben voller Trauer?

    Im Endeffekt ist es das Leben jedes einzelnen... Warum sollte er es sich nicht nehmen?


    Ich selbst habe auch ein Mädchen gekannt, das sich umgebracht hat. Sie war zu diesem Zeitpunkt gerade 14 geworden. Natürlich hatte ich Schuldgefühle, natürlich habe ich mich gefragt, warum sie das getan hat. Allerdings denke ich, dass sie wohl keine Erwartungen mehr an das Leben hatte und es ihr wohl sehr schlecht ging, wenn sie diesen Schritt gehen konnte.


    Ich persönlich finde außerdem, dass es manchmal schon fast tröstlich ist, zu wissen, dass es mein Leben ist und ich es -wenn ich nicht mehr weiter weiß-wann immer ich will, beenden kann.
    Und die Frage nach den Hinterbliebenen... Nunja, sorry for this, folks... Das Leben geht weiter...

    Lg,

    sombra_blanca


    P.S.:@ Angua: Danke! ;)

  • Zitat

    Und die Frage nach den Hinterbliebenen... Nunja, sorry for this, folks... Das Leben geht weiter...

    Ja, das sagt sich leicht.

    Wenn aber mein Kind sich das Leben nähme, dann wäre das, als würde mir jemand bei lebendigem Leibe das Herz rausschneiden. Dann könnte ich auch nicht mehr leben, soviel ist klar.

    Ich weiß, ich weiß, niemand hat darum gebeten geboren zu werden. Es geht mir auch nicht um das Recht am eigenen Leben - das jeder zweifellos hat, denke ich - sondern ganz allein um Gefühle.

    Ganz wesentlich ist meines Erachtens auch das, was Roland geschrieben hat. Allerdings ist es schon seltsam, dass alle sich über die menschliche Kälte und das mangelnde Miteinander beklagen, dass aber anscheinend keiner etwas daran geändert haben möchte (Ausnahmen bestätigen die Regel ... oder, in diesem Fall, den Eindruck).

    Mein Gott, wie oft habe ich schon versucht, ein Gespräch anzufangen, mal etwas zu verabreden, mal einen Besuch zu machen ... aber alle scheinen so sehr mit sich selbst und ihrem eigenen Universum beschäftigt, dass das nicht funktioniert. Ein untrügliches Zeichen dafür ist für mich, einfach mal ganz kurzfristig aufzuhören den anderen anzurufen, anzumailen, ein Treffen vorzuschlagen. Meine Erfahrung ist, dass einen dann in 99 Prozent der Fälle nur noch wattige Stille umfängt. Und dann zieht man sich eben irgendwann zurück.

    Aber ihr habt Recht ... das geht schon wieder fast in Richtung eines ganz anderen Themas. Dennoch: Irgendwie hängt ja alles zusammen. Und wenn wir den Eindruck hätten, dass unser Sozialverhalten in Ordnung ist, müssten wir auch keine Schuldgefühle haben, wenn jemand sich dafür entscheidet, seinem Leben ein Ende zu setzen.

    Es hat auch in meinem Leben Punkte gegeben, an denen ich solche Gedanken hatte (ich glaube, dass nahezu jeder Mensch mindestens einmal einen solchen Punkt erreicht). Schlussendlich aber hat die Gewissheit, dass es mindestens einen Menschen gibt, der mich liebt (früher mein Vater, heute meine Tochter), mich davor bewahrt.

  • schönes thema.



    in meiner familie, ist der suicid, die todesursache nummer 1.
    früher empfand ich ihn als - recht und billig.
    mittlerweile nur noch als billig.

    auffallend ist, dass sich meist, die männer aus dem leben "gestohlen" haben.
    der letzte vor knapp einem jahr.

    für mich war der suicid .. über eine ganze zeit... ein willkommender begleiter,
    ja ich mochte die vorstellung, aus dem leben zu treten, wann ich es will,
    obgleicht ich dessen gar nicht mehr so sicher bin, ob es überhaupt ein "wollen" gewesen wäre.
    aber ist es wirklich ein wollen?
    mittlerweile, stehe ich dem ganzen "akt" sehr kritisch, bisweilend ablehnend gegenüber... ich möchte noch zu viel erleben, habe zuviel verantwortung, als dass ich mich aus dem leben stehlen könnte/würde.

    warum sollte ich meinen hinterbliebenden, einen solchen schrecken bereiten?
    wacher werden sie davon sicher nicht.

    ja, ich halte den suicid, mittlerweile für eine geste der schwäche, ja, vieleicht
    auch des versagens.
    moral hin oder her .. die allgmeine moral, interessiert mich gar nicht so sehr.

    meine mutter redet ständig darüber, sie würde gerne alles beenden..
    bitte soll sie..., es löst nichts in mir aus,
    es ist eher so, wie die geschichte vom kleinen jungen, der immer ins dorf lief
    und rief " die wölfe, die wölfe"
    sie tut mir leid, dass war es aber auch!
    wenn sie es wahrmahen sollte, werde ich den rest achtung, den ich ihr gegenüber habe, zu grabe tragen.

    ich will leben.
    alles liebe
    maldina

  • es gibt noch einen aspekt, den ich hier noch nicht gelesen habe. suicid = "lebensmüde". denn das ist eine beschreibung, die auf mich zutreffend war. vor so 8-10 jahren.

    da war ich des lebens wirklich MÜDE. ich wollte nicht gehen um jemanden "zu ärgern", oder weil ich böse auf jemanden war, oder weil ich es jemandem "zeigen" wollte, ich hatte einfach keine lust mehr auf dieses leben.

    ich hatte gedacht. ja, leute, ist ja alles prima, macht mal alle schön weiter, ich hab auf diese ganze sache einfach keinen bock mehr, tschüs.

    es wäre meine eigene entscheidung gewesen und ich finde es wichtig und richtig, daß man diese hat. ich bin der meinung, daß kein anderer mensch auf der welt das recht hat, mir vorzuschreiben, ob ich zu leben habe oder nicht. das hat etwas mit mündigkeit zu tun. ich spreche jetzt hier von meinen empfindungen, die auf mich und mein leben anzusetzen sind.

    auf andere ist das nicht anzuwenden, weil ich überhaupt keine ahnung habe, was die hintergründe sind/wären, ob derjeniege sich nur kurzzeitig in einer depression befinden, oder tod krank ist ect... diese sache kann ich nur für MICH alleine entscheiden.


    ich habe für mein leben die verantwortung und wenn ich die nicht mehr möchte, ist das ebenso meine entscheidung, sie geht niemanden was an.


    Stöpsel

  • ich erlaube mir bei diesem Thema kein Urteil. Ich kannte selbst jemanden der Selbstmord gemacht hat. Ich konnte ihn sogar verstehen..er hatte eine seltene Behinderung und ständig Schmerzen trotz starker Tabletten. Er hätte damit 100 Jahre alt werden können konnte aber nichtmal eine Decke auf seine Beine legen ohne vor Schmerz zu schreien..so hat er sich eben entschieden das er mit 23 genug gelebt und gelitten hat. Man sollte dies jedem selbst überlassen sofern er diese Entscheidung eigenständig fällen kann. Richtig oder falsch gibt es da nicht und die Gründe warum erfährt man ja eh nicht aus der Presse.

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!