Hab ich eine Essstörung? Woran erkenne ich das?

  • Hallo erstmal! Ich bin die Neue!


    Also, ich schlag mich schon eine Weile damit rum. Ich denke inzwischen (naja, ich bin mir relativ sicher), daß ich eine Essstörung habe. Aber woran genau erkenne ich das? Ich war bei einem Arzt (der gleichzeitig Ernährungsberater ist) und er meinte, die Anzeichen wären da. Helfen könne er mir allerdings nicht. Und auch kein Anderer. Ich müsse das alleine schaffen... :(


    Es sieht so aus: Ich esse meistens den ganzen Tag über nichts und haue dann Abends so richtig rein. Natürlich Sahnesoßen, Gratins o.Ä. und zwar in rauhen Mengen. Von meinen Portionen werden zwei hart arbeitende Männer satt. Ich nicht. Ich kann mich nicht erinnern, wann ich das letzte Mal satt war. Auf dieses Signal meines Körpers zu achten habe ich völlig verlernt. Ich habe immer Hunger. Bewusst essen fällt mir schwer. Ich schaufle alles nebenbei rein.


    Das zweite große Problem ist Schokolade. In sämtlichen Varianten. Es gab Zeiten, da habe ich mich drei Tage am Stück nur von Schokolade ernährt. Und ich habe es genossen. Ich habe immer Appetit auf Schoki. Ich esse mindestens ein Mal am Tag welche. Habe ich keine im Haus werde ich fahrig, schlecht gelaunt und unruhig. Ich laufe durch die Wohnung und schaue alle paar Minuten in den Kühlschrank. Ich fühle mich richtig schlecht ohne Schokolade.


    Bis vor zwei Jahren hatte ich wenigstens mein Gewicht halbwegs unter Kontrolle - ich hab drei Mal die Woche Walking gemacht. Dann hab ich aufgehört - und in zwei Jahren 20kg zugenommen. Jetzt bin ich bei über 100kg. Inzwischen tut jede Bewegung weh und meine Gelenke sind hin. Wirklich aufgefallen ist mir das allerdings erst vor ca. 2 Monaten. Da fiel mir auf, wie erschreckend kurzatmig ich war - selbst wenn ich nur von der Küche ins Wohnzimmer gegangen bin.


    Seit einem Monat treibe ich wieder Sport (so gut es eben geht), habe aber weiter zugenommen. Obwohl ich mir Schokolade schon recht oft verkneife - was meiner Stimmung nicht wirklich hilft.


    Ich weiß, daß ich nicht aufhören kann, zu Naschen. Nicht ohne Hilfe. Hat mein Arzt recht? Kann mir keiner helfen? Denn alleine kann ich es nicht. Ich betrüge mich selbst.


    Habe ich denn jetzt eine Essstörung? Kann oder sollte ich mich behandeln lassen?


    Danke, daß ihr euch durch diesen langen Text gequält habt... ich musste es echt mal loswerden. Ich hoffe, ihr könnt mir weiterhelfen!


    Gabby

  • Ich war bei einem Arzt (der gleichzeitig Ernährungsberater ist) und er meinte, die Anzeichen wären da. Helfen könne er mir allerdings nicht. Und auch kein Anderer. Ich müsse das alleine schaffen... :(

    Natürlich kann Dir dabei jemand helfen. Allerdings eher ein Therapeut als ein Ernährungsberater. Was Du in der Tat allein schaffen musst, ist, Dir einen Therapeuten zu suchen, der zu Dir passt und der Dir hilft. Und ja, eine Therapie ist in der Regel kein Spaziergang. Auch die musst Du "schaffen". Aber definitiv nicht ohne Hilfe.

    Nun will ich niemandem etwas unterstellen, aber ist es möglich, dass Dein Arzt und Ernährungsberater meinte, einer Essstörung käme man am besten mit einer "Ernährungsumstellung" bei? Denn so wäre der Satz sinnvoll. Denn "es allein schaffen" bezieht sich dann aufs "dieses essen, jenes nicht." Allerdings hätte sich Dein Arzt, würde er es so meinen, selbst disqualifiziert. Denn wie gesagt: *Natürlich* gibt es Hilfe für Essgestörte.

    Zitat

    Habe ich keine im Haus werde ich fahrig, schlecht gelaunt und unruhig. Ich laufe durch die Wohnung und schaue alle paar Minuten in den Kühlschrank. Ich fühle mich richtig schlecht ohne Schokolade.

    Das, würde ich sagen, ist ein Anzeichen für Sucht. Zumindest ist es ein Anzeichen für eine Alkoholkrankheit, wenn jemand mit Alkohol so umgeht.

    Zitat

    Ich betrüge mich selbst.

    Inwiefern?

  • Gibt es einen bestimmten Grund, warum du den ganzen Tag nichts isst? Mir würde garantiert der Magen in den Kniekehlen hängen und mich wundert es nicht, dass du abends so richtig reinhaust.

    Anzeichen für eine Ess-Störung können sein:

    -Fixierung auf das Essen: man kennt den Kalorien- und Fettgehalt jedes Lebensmittels und weiß genau, welche Lebensmittel man wann in welcher Kombination essen darf, um abzunehmen bzw. nicht zuzunehmen
    -man isst nicht in Gegenwart anderer bzw. achtet genau drauf, wieviel und was man isst, um ja nicht mehr zu essen als die anderen. Sobald sich (zuhause?) die Gelegenheit bietet, ungestört und unbeobachtet zu essen, wird diese wahrgenommen, egal ob man grad Hunger hat oder nicht und egal, was gerade verfügbar ist.
    -Essen bietet Trost und Halt

    Wenn dir das bekannt vorkommt, könntest du tatsächlich eine Ess-Störung haben. Wenn du das möchtest, kannst du dir professionelle Unterstützung in Form eines mit Ess-Störungen erfahrenen Therapeuten oder einer Selbsthilfegruppe suchen.

    Liebe Grüße von Meryem und dem Tiger-Trio
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    Ich bin nicht dick, ich habe nur mehr erotische Nutzfläche!

  • In Hamburg-Rissen hat sich das Krankenhaus auf Essstörungen spezialisiert.
    Ansprechpartner findest Du in Haus 1, Station 1.
    Weil Rissen ein "normales" Krankenhaus ist genügt eine Einweisung vom Hausarzt.

    Mein Rat - fahre zweigleisig.
    Suche Dir einen Therapeuten und spreche in Rissen vor.
    Es ist wichtig, dass Du nach dem Krankenhaus jemand hast der Dich auffängt.

  • Es sieht so aus: Ich esse meistens den ganzen Tag über nichts und haue dann Abends so richtig rein. Natürlich Sahnesoßen, Gratins o.Ä. und zwar in rauhen Mengen. Von meinen Portionen werden zwei hart arbeitende Männer satt. Ich nicht. Ich kann mich nicht erinnern, wann ich das letzte Mal satt war. Auf dieses Signal meines Körpers zu achten habe ich völlig verlernt. Ich habe immer Hunger. Bewusst essen fällt mir schwer. Ich schaufle alles nebenbei rein.

    Das könnte für eine Essstörung sprechen, sofern es nicht körperlich bedingt ist. Ich habe hier im Forum mal von einer Userin gelesen, die auch immer Hunger hatte, darunter auch besonderen Heißhunger auf Schokolade. Die hat wieder ein Sättigungsgefühl bekommen, als ihr Eisenmangel behoben war. Bei mir selbst haben sich Unterzuckerungsgefühle (plus gelegentlicher Heißhunger) gelegt, als ich mit meinen Schilddrüsenhormonen richtig eingestellt war. Insofern würde ich Dir vorschlagen, sogar dreigleisig zu fahren und unbedingt einen Check-up beim Internisten zu machen - bei einem, für den nicht automatisch Übergewicht die Ursache allen Übels ist.

    Bis vor zwei Jahren hatte ich wenigstens mein Gewicht halbwegs unter Kontrolle - ich hab drei Mal die Woche Walking gemacht. Dann hab ich aufgehört - und in zwei Jahren 20kg zugenommen. Jetzt bin ich bei über 100kg. Inzwischen tut jede Bewegung weh und meine Gelenke sind hin. Wirklich aufgefallen ist mir das allerdings erst vor ca. 2 Monaten. Da fiel mir auf, wie erschreckend kurzatmig ich war - selbst wenn ich nur von der Küche ins Wohnzimmer gegangen bin.

    Auch eine solche gesundheitliche Verschlechterung bedarf m.E. einer gründlichen Untersuchung und sollte nicht einfach auf "läppische" 20 kg Gewichtszunahme geschoben werden.

    Seit einem Monat treibe ich wieder Sport (so gut es eben geht), habe aber weiter zugenommen. Obwohl ich mir Schokolade schon recht oft verkneife - was meiner Stimmung nicht wirklich hilft.

    Kann ich mir vorstellen. Und die schlechte Stimmung erhöht den Stress, dieser den Stresshormonpegel, der dann wiederum dafür sorgt, dass Du nicht abnimmst oder sogar weiter zunimmst.

    Habe ich denn jetzt eine Essstörung? Kann oder sollte ich mich behandeln lassen?

    Wie gesagt, wenn Dein Essverhalten psychisch bedingt ist, Du z.B. den Tag über hungerst und dann abends die Kontrolle verlierst, dann spricht das für eine Essstörung. Dafür sind Psychotherapeuten zuständig. Wenn körperliche Ursachen in Betracht kommen, sind die i.d.R. auch behandelbar, sinnvollerweise aber bei einem Arzt, der Dich mit seinen Empfehlungen nicht in die Essstörung (= zwanghafte Gewichtsfokussierung) treibt.

  • Erstmal danke, für die Antworten!


    @Hermine: Ich betrüge mich, indem ich verdränge, was ich schon genascht habe. Ein Beispiel: Ich gehe einkaufen, esse auf dem Weg nach Hause ein Eis und nach dem Essen dann noch einen Pudding. Abends tigere ich dann unruhig durch die Wohnung, weil ich ja noch nichts genascht habe. Ich bin der festen Überzeugung, bis mein Mann dann vorsichtig andeutet, da wäre ja das Eis gewesen, und der Pudding...
    Dann fällt es mir zwar wieder ein - ich werte es aber nicht als naschen. Schließlich sind Eis und Pudding ja keine Schokolade...


    Gloriaviktoria: Einen bestimmten Grund gibt es eigentlich nicht. Es ist die Gewohnheit. Schon als Kind haben wir nur am Wochenende gefrühstückt, inzwischen habe ich morgens echte Probleme, etwas herunterzubekommen (außer natürlich Schokolade, die geht immer...) und eine Weile hatte ich tagsüber keine Zeit, etwas zu essen. Inzwischen geht das ohne Probleme, aber ich vergesse es. Da ich ja immer Hunger habe tritt das eher in den Hintergrund. Hab mich halt dran gewöhnt.


    Und ja, ich esse wenig in Gegenwart anderer. Inzwischen. Aufgrund der großen Portionen schäme ich mich. Ich versuche, immer in Gesellschaft zu bleiben - dann ess ich ja nicht mehr so viel - aber mein Mann ist halt nicht immer da bzw. wach... und da hau ich dann rein.
    Bin es auch gewohnt, mit Essen (speziell Schokolade) meine schlechte Laune, Müdigkeit, Schmerzen, Stress, Langeweile etc. auszugleichen.




    Also - ich werde mich auf jeden Fall erstmal von einem Internisten durchchecken lassen. Wenn alle körperlichen Ursachen ausgeschlossen sind wende ich mich an einen Therapeuten. Aber einweisen? Möchte ich eigentlich nicht. Bin offiziell allein erziehend, mein Mann (leider noch nicht offiziell...) hätte ohne mich ziemlich große Schwierigkeiten...

  • Aber einweisen? Möchte ich eigentlich nicht. Bin offiziell allein erziehend, mein Mann (leider noch nicht offiziell...) hätte ohne mich ziemlich große Schwierigkeiten...



    Ich persönlich halte, von wenigen Ausnahmen abgesehen, eine ambulante Therapie für sinnvoller als eine Kur oder ähnliches. Schließlich gehört das Umfeld zur Ess-Störung mit dazu und es nützt nichts, im geschützten Kurbetrieb alles prima hinzubekommen und zu Hause klappt es dann nicht, weil die Situation ganz anders ist.

    Liebe Grüße von Meryem und dem Tiger-Trio
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  • Moin Gabrielle,


    allein schon der Punkt das "du dich an ständiges Hungergefühl gewöhnt hast" ist meiner Meinung nach sehr Bedenklich - denn sorry aber wie sollst du dann ein "normales Essverhalten" erfahren?


    Normales Essverhalten bedeutet: essen wenn man Hunger empfindet und aufhören wenn man Sättigung empfindet.


    Ich selbst gehöre auch zu den Menschen die dieses normale Essverhalten nicht mehr haben, ohne das ich eine "echte EssStörung" habe (Fachurteil vom Psychologen). Ständiges Hungern hat bei mir das "hungergefühl" zu einem "für mich normalem Status" gemacht und auch ich vergesse wenn ich nicht aufpasse schnell das Essen - heute nur noch selten aber es kommt ab und an noch vor - nur dummerweise nehme ich genau DANN deutlich zu! Esse ich jedoch regelmäßig und zwar soviel bis mein Magen sagt "voll" (ist nicht ganz wie Sättigung, aber ich denke so nah dran wie mir möglich ist) und dann geht es mir insgesamt deutlich besser. Mein Gewicht pegelt sich dabei dann auch von alleine auf ein für meinen Körper "normales" Level ein. Ob mich nun irgendwer mit diesem "für meinen Körper normalem Gewicht" als Adipös bezeichnet ist mir mitlerweile absolut egal geworden.


    Mein Tip daher an dich wäre:
    1. Kläre erstmal mit einem Psychologen/Therapeut (Fachqualifikation für EssStörung ist da wichtig!) ab ob es eine "psychische Komponente" gibt - Therapie würd ich dir auch ambulant empfehlen.
    2. Versuche es doch mal mit regelmäßigen Mahlzeiten.


    Liebe Grüße,
    Cailly

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