Am Ende der Therapie?

  • Hallo ihr lieben Leute im Forum :)


    Da hier ja scheinbar doch sehr viele auch schon Erfahrung mit Therapie/Therapeuten haben, möchte ich hierzu jetzt auch mal ein Thema posten.


    Seit ca. 2 Jahren bin ich nun in Therapie. Ich muss dazu sagen, dass bei mir nie "offiziell" eine Essstörung diagnostiziert wurde. Ich hatte vor zwei Jahren nur so ein großes "Tief", dass ich irgendwie nicht mehr weiter wußte und zu einer Beratungsstelle gegangen bin. Heute bin ich wirklich froh darüber. Ich war erst eineinhalb Jahre in einer "körperorientierten Psychotherapiegruppe", die mir wirklich sehr sehr gut getan hat. Ich glaube, es war gut für mich, die Dinge die mich so bedrückten vor einer Gruppe zu besprechen und mitzukriegen "ich bin normal und meine Probleme und Gedanken auch" (in der Gruppe waren aber keine anderen Essgestörten).


    Nach eineinhalb Jahren hat sich die Gruppe leider aufgelöst und die Therapeutin hat mir angeboten, dass ich noch weitere Einzeltermine in Anspruch nehmen kann, was ich nun seit ein paar Monaten tue.
    Nur irgendwie ist es im Moment komisch. Ich weiß nicht so richtig, worüber ich noch sprechen soll. Alles, was mich wirklich sehr bedrückt hat, ist schon raus. Selbst Dinge, von denen ich dachte, die erzähl ich nie nie nie irgendwem, habe ich in der Gruppe oder den Einzelterminen besprochen.


    Am Anfang der ganzen Therapie ging es mir total gut, ich war viel glücklicher, gelöster irgendwie, hab mich viel mehr bewegt, was mir soo gut getan hat und natürlich auch eine Gewichtsabnahme bewirkte. Es waren gute 20 bis 25kg, die ich auch über ein Jahr "gehalten" habe. In Anführungsstrichen darum, weil ich mich bis dahin überhaupt kein bißchen ums Essen gekümmert hab. Ich machte einfach meine Therapie, veränderte vieles in meinem Leben (vor allem natürlich mich selbst ;)) und das mit dem Gewicht geschah so nebenbei.


    Seit letzten Oktober hat sich nun was verändert. Ich lebe jetzt in einer WG und statt Gruppe nun diese Einzeltherapiegespräche. Aber seit einer Weile fühle ich mich so leer... das äußert sich natürlich auch im Essen wieder. Seit den vier Monaten hab ich nun schon knapp 10kg zugenommen und weiß irgendwie nicht weiter. Die Therapeutin meint eben, es bringt nix zu versuchen "nicht zu essen". Es wäre gut, wenn ich mir Dinge suche, die meine "Leere" füllen. Was ich auch schon tue. Ich habe endlich einen Sport gefunden, der mir superviel Spaß macht. Eine Gruppe, wo ich auch sehr bestätigt werde. Das Ganze liegt mir auch und ich bin richtig glücklich das gefunden zu haben. Ich bin auch froh, dieses Forum gefunden zu haben. Das bestätigt mich nochmal imens darin, dass ich genauso SO gut bin, wie ich eben bin. Dass ich alles machen kann, was ich nur will (ich sag nur reiten, siehe entsprechender Thread von mir :)).


    Aber momentan fühle ich mich trotzdem so leer... und stopfe diese Leere mit Essen. Ich bin mir darüber bewußt, trotzdem fühl ich mich grad so gefangen in meiner Situation. Es ging ja schon anders und ich versteh nicht, was nun los ist. Manchmal frage ich mich, ob ich doch mal zu einem anderen Therapeuten wechseln sollte. Jemand der mit Essstörungen Erfahrung hat. Es ist so, dass ich bisher eigentlich noch gar nicht über Essen geredet habe. Nur so angeschnitten. Es fällt mir superschwer darüber zu sprechen. Sollte ich es einfach außer Acht lassen und mich wirklich ausschließlich mit den Dingen beschäftigen, die dahinter stehen? Muss ich überhaupt über das Essen reden?


    Ich hatte solche Gedanken schonmal und bin zu einer Beratungsstelle (Dick&Dünn e.V.) gewesen, weil ich dachte eine Selbsthilfegruppe zum Thema Essstörung würde mich weiter bringen. In der Beratung dort hatte man allerdings den Eindruck, ich sei schon "so weit", dass das nicht das Richtige für mich sei. Wenn ich in meiner (damaligen) Gruppe in so kurzer Zeit so viel für mich erreicht hätte, solle ich besser dort weitermachen.


    Soviel erstmal zu meiner Vorgeschichte. Im Moment ist da eben diese Leere, mit der ich nicht umzugehen weiß... es belastet mich so, dass ich wieder zugenommen hab. Mit den vorherigen 100kg gings mir gut. So hätte es auch bleiben können, ich war an einem Punkt, wo ich glücklich war trotz des Übergewichts, was da eigentlich gar nicht mehr "über-" sondern einfach "mein Gewicht " war. Nur will ich nun meiner Essstörung nicht weiter Nahrung geben, indem ich versuche das wieder abzunehmen. Aber diese Leere, die ich momentan spüre, kann ich auch nicht, will ich auch nicht ignorieren. Nur kann ich diesmal irgendwie nichts finden, was mir fehlt oder was mich belastet oder so. Bin ich am Ende der Therapie? Sollte ich nach zwei Jahren vielleicht einfach aufhören und mein Leben leben?


    Mich würde interessieren, was andere so für Erfahrungen mit Therapie und "Heilung" in welcher Form auch immer gemacht haben. Was denkt ihr darüber? War vielleicht mal jemand in einer ähnlichen Situation?
    Ich hoffe auf ein paar Gedanken zu dem Thema und vielleicht gibt mir das auch neue Anstöße :)


    Viele liebe Grüße
    SchneeEnte

  • Hallo, SchneeEnte,

    ich habe irgendwann einfach gemerkt, dass mir Selbsthilfegruppe und Therapie (waren nur wenige Sitzungen zwischendurch) auf die Nerven ging - und habe für mich den Schluss gezogen, dass ich gern mal "ohne" versuchen möchte. Bisher klappt das auch wunderbar und ich denke, für mich war es das Richtige, eigene "Gehversuche" zu machen.

    Ich war bei einer Therapeutin, die sich speziell mit Ess-Störungen auskennt, ob es woanders genauso gut oder besser oder schlechter gewesen wäre, vermag ich nicht zu sagen. Grundsätzlich ist das Essen an sich ja nicht das Problem, aber ich fand es schon gut, dass da jemand war, der sich in diesem speziellen Bereich auskannte. Ob es dir weiterhilft, dir so einen "Spezialisten" zu suchen, vermag ich so aus der Ferne nicht zu sagen, das käme auf einen Versuch drauf an. Letztlich wirst du diese Leere, von der du sprichst, aber nur allein rausfinden und füllen können ;)

    Liebe Grüße von Meryem und dem Tiger-Trio
    ---------------------------------------------------------------------
    Ich bin nicht dick, ich habe nur mehr erotische Nutzfläche!

  • Moin SchneeEnte,


    hast du denn mit deiner Therapeutin über dieses "Leere-Gefühl" mal geredet?


    Es ist ja nunmal da und auch wenn du es wie du schreibst nicht nachvollziehen kannst warum - möglicherweise läßt sich dies aber in einem Gespräch mit deiner Thera rausfinden?
    Denn irgendwo steckt ja ein "Grund" dahinter, das du es fühlst.


    Was dein gewicht oder das Essen angeht - klingt so als wäre es gut für dich wenn du dich nicht so intensiv damit beschäftigst, warum also was daran ändern?
    Das Essen gegen die Leere ist ja wie du selbst sagst ein Symptom...


    Liebe Grüße,
    Cailly

  • Hallo ihr zwei,


    ja, habe das Thema schon angesprochen und haben eben versucht herauszufinden, was es sein könnte. Wie ihr schon sagt, muss ich das wohl "einfach" für mich selbst herausfinden...
    Aber es war gut, meine Gedanken einfach mal geordnet "zu Papier" zu bringen :)
    Und getan hat sich irgendwie doch was. Werde jedenfalls meinen Job kündigen und mir was anderes suchen :eek: :D
    Aber ich denke die Therapie werd ich dann demnächst mal abschließen...


    Trotzdem fänd ichs interessant mal zu hören, wie es anderen so ging, die die Therapie beendet haben. Was habt ihr mitgenommen? Aus welchen Gründen habt ihr sie beendet? Was hat es euch gebracht?


    Ich habe schon sehr sehr viel Positives mitgenommen. Im Nachhinein bin ich doch noch sehr überrascht, dass man es eigentlich alles selbst in der Hand hat. Ich werde nie diese Aha-Effekte vergessen, wenn ich einfach mal etwas wirklich Neues probiert hab. Wenn ich wirklich mal den Mut hatte, ganz bewußt etwas auszuprobiern, von dem ich dachte ich wüßte schon vorher, was bei rauskommt und dann doch alles ganz anders war.


    Vielleicht hat ja jemand Lust, mal von sich zu erzählen.


    Liebe Grüße
    SchneeEnte:)

  • Ich war zwei oder drei Jahre in einer Selbsthilfegruppe und hatte zwischendurch unregelmäßig Sitzungen bei einer Therapeutin, die auf ES spezialisiert ist.
    Ich denke, dass mich die Kombination aus beidem vorangebracht hat, einmal das "Erlebnis" in der Gruppe, dass es noch anderen Menschen geht wie mir und dass ich nicht "unnormal" bin und andererseits das spezielle Eingehen auf mich bei der Therapeutin.
    Unter anderem haben wir herausgefunden, dass ich am besten "funktioniere", wenn man mich ganz in Ruhe lässt. Diese Selbstheilungskräfte sind in mir drin, ich muss nur dass Vertrauen haben, sie in Ruhe wirken zu lassen. Was auch heißt, sich von sämtlichen Ernährungsvorschriften zu lösen, auch mit dem "Risiko" einer Zunahme.

    Mit der Gruppe habe ich irgendwann aufgehört, als ich merkte, dass es für mich nur noch eine Pflichtveranstaltung war. Am Anfang war die Gruppe sehr, sehr wichtig für mich, aber zum Schluss hatte ich das Gefühl, dass mich die vierzehntägigen Sitzungen nur runtergezogen haben. Aber die Gruppe hatte sich nicht verändert, sondern ich ;) Ich konnte mir jedenfalls nicht vorstellen, wie einige dort 10 Jahre oder länger zur Gruppe zu gehen. Es kam mir am Ende vor wie Krankengymnastik, obwohl das Bein längst verheilt ist und man eigentlich nur laufen will und sich nicht immer an den Unfall erinnern möchte. Nicht aus Verdrängung, sondern weil es der Vergangenheit angehört und man damit eigentlich längst abgeschlossen hat.

    Ich denke, das gehört auch zum Heilungsprozess, dass man merkt, wie lange einem die Hilfe gut tut und ab wann sie eigentlich lästig wird.

    Liebe Grüße von Meryem und dem Tiger-Trio
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    Ich bin nicht dick, ich habe nur mehr erotische Nutzfläche!

  • Moin Schneeente,
    ich hatte Therapie wegen PTBS nicht wegen ES und ich hab meine Therapie nicht freiwillig beendet, sie wurde von der KK abgebrochen wegen "Ausschöpfung der gesetzlich vorgegebenen Stundenzahl".


    Mitgenommen habe ich einiges, auch gutes, aber das negative war zuviel. Bei mir war gerade einiges an "traumatischen Erlebnissen" hochgekommen und dann hieß es eben plötzlich: Therapie wird nicht verlängert... im Klartext: sieh zu wie du mit dem Sch*** allein zurechtkommst. Das hatte mich wirklich massiv umgehauen und ist auch aktuell der Grund warum ich mich nicht darum kümmere nochmal Therapie an zu fangen, ich will einfach nicht das mir sowas nochmal passiert.


    Liebe Grüße,
    Cailly

  • Hallo ihr beiden,


    danke erstmal noch, dass ihr ein bißchen von euch erzählt habt.


    Zitat

    Mit der Gruppe habe ich irgendwann aufgehört, als ich merkte, dass es für mich nur noch eine Pflichtveranstaltung war. Am Anfang war die Gruppe sehr, sehr wichtig für mich, aber zum Schluss hatte ich das Gefühl, dass mich die vierzehntägigen Sitzungen nur runtergezogen haben. Aber die Gruppe hatte sich nicht verändert, sondern ich ;) Ich konnte mir jedenfalls nicht vorstellen, wie einige dort 10 Jahre oder länger zur Gruppe zu gehen. Es kam mir am Ende vor wie Krankengymnastik, obwohl das Bein längst verheilt ist und man eigentlich nur laufen will und sich nicht immer an den Unfall erinnern möchte. Nicht aus Verdrängung, sondern weil es der Vergangenheit angehört und man damit eigentlich längst abgeschlossen hat.

    Ich denke, das gehört auch zum Heilungsprozess, dass man merkt, wie lange einem die Hilfe gut tut und ab wann sie eigentlich lästig wird.


    Das kann ich total nachvollziehen :) An dem Punkt bin ich mit meiner Gruppe auch schon gewesen, aber dann hab ich mich ein paar mal neu entschlossen doch noch da zu bleiben. Habe dann aber auch wieder "aktiv" mitgemacht sozusagen. Den Vergleich mit dem Unfall finde ich ganz anschaulich.


    Zitat

    ...ich hab meine Therapie nicht freiwillig beendet, sie wurde von der KK abgebrochen wegen "Ausschöpfung der gesetzlich vorgegebenen Stundenzahl".


    Was? Sowas gibt es?!?! Wenn jemand z.B. Krebs hat, kann man doch nach der 2. Chemo auch nicht sagen, so mehr gibts nicht, das Budget ist ausgeschöpft. Also das finde ich ja echt heftig... Zum Glück läuft meine momentane Therapie nicht über die Krankenkasse und ist kostenlos.


    Ich habe jetzt übrigens nur noch 4 Termine. Ein komisches Gefühl. Aber ich möchte jetzt auch aufhören. Meine Therapeutin meinte ich kann auch jederzeit noch mal zwischendurch einen Termin machen, wenn was ist. Eigentlich freu ich mich auch bißchen drauf aufzuhören. Ich hab viel gelernt über mich und mich sehr verändert (zum Positiven). Freue mich einfach drauf mein Leben zu leben und darauf, was noch so alles kommt :)


    Liebe Grüße
    SchneeEnte

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