Mein Mann hat Depressionen und ich kann bald nicht mehr!

  • Hallo Ihr Lieben,
    heute Abend muss ich hier einfach mal mein Frust ablassen.
    Wird warscheinlich länger, aber vielleicht hat ja jemand Lust darauf zu antworten und mir zu helfen.
    Ich habe mein Mann im November 2009 geheiratet wir waren davor 2 1/2 Jahre zusammen und haben einen gemeinsamen Sohn ( 1 Jahr 7 Monate).
    Nachdem wir damals ein halbes Jahr zusammen waren, fing es langsam an.
    Damals haben es alle noch ins lächerliche gezogen, wenn mein Mann länger am Geldautomat stand und geguckt hat ob er auch nichts verloren hat oder so.
    Heute ist es garnicht mehr lustig.
    Es ist so schlimm geworden, dass er z.b. denkt er hätte auf der firma zu irgendwen Arschloch gesagt oder er wäre auf der Straße zu schnell gefahren oder er hätte jemanden auf der Firma den Stinkefinger gezeigt. (Was er natürlich nicht tut)
    Er kommt mittags nach hause und es ist sofort das erste gesprächsthema. Er wird dadurch total depressiv und es ist jeden Tag so.
    Er kommt jeden Tag mit etwas nach hause.
    Und denkt den ganzen Tag dadrüber nach.
    Wir können teilweise keine Aktivitäten mehr unternehmen, weil er ja Angst hat zuviel Geld auszugeben und er vielleicht gekündigt wird.
    Es ist so schlimm.
    Er war schon öfter bei therapeuten die ihm aber nicht gefallen haben.
    Jetzt fängt seine Therapie am Donnerstag an, diesen Therapeuten findet er sehr nett und man hat auch schon gutes von Ihm gehört.
    Trotzdem geht es mir schlecht, sehr schlecht.
    Ich erkenne mich teilweise nicht mehr wieder, früher war ich ein fröhlicher Mensch heute bin ich dass gegenteil...alles nervt mich und ich könnte manchmal platzen vor Wut.
    Er kann eigentlich nichts dafür, es fällt mich sehr schwer ihn zu unterstützen weil es immer nur um das eine geht.
    Seine Mutter versucht ihm auch viel zu helfen aber er nimmt es kaum an.
    Mein Sohn tut mir auch sehr leid, weil er manchmal natürlich die Streitigkeiten mitbekommt, wenn ich mich mal garnicht zusammenreissen kann und ihn sage dass es alles Quatsch ist.
    Was soll ich nur tun???
    Ich gebe mein bestes nur irgendwann kann ich auch nicht mehr.

  • Hallo Vanessa,

    ich war 6 Jahre mit einem Mädchen zusammen, welches am Borderline Syndrome erkrankt ist. Das ist zwar wohl nicht das was Dein Mann auch hat, allerdings verstehe ich Deine Situation.

    Ich habe mich auch immer gefragt: Was kann ich tun das er ihr besser geht? Das ging so weit das ich mich selbst in die Probleme meiner damaligen Freundin hineingesteigert habe und fast selbst depressiv geworden wäre. Zum Glück habe ich damals noch die Kurve gekriegt.

    Nein, wir haben uns nicht getrennt, allerdings habe ich erkannt und verstanden das ich nicht helfen kann! Eine psychische Störung muss von Fachleuten behandelt werden! DU KANNST NICHTS FÜR IHN TUN! Das hört sich vielleicht grausam an, aber Du musst Dich von seinen Zwangsvorstellungen abkapseln, da sie sonst ganz schnell auf Dich übergreifen können!

    Das hat übrigens gar nichts damit zu tun ob Du selbst eine starke Persönlichkeit bist und denkst damit umgehen zu können! Ich selbst halte mich für psychisch sehr stabil und habe eine sehr dicke Haut und trotzdem wäre ich fast in diesen Sog gezogen worden.

    Mehr kann ich dazu eingeltich nicht sagen. Wenn Du reden willst, schreib mir einfach ne Mail!

    Der Verstand kann uns sagen was wir unterlassen sollen, aber das Herz kann uns sagen was wir tun müssen.

  • Hallo Vanessa,


    ich kann gut nachvolliehen wie es dir geht, ich leide selbst unter starken Kontrollzwängen und Depressionen und muss mit ansehen wie meine Familie und der Freundeskreis darunter leidet.
    Der erste richtige Schritt und zwar der zu einem Therapeuten ist ja schon getan, sollte das nicht helfen, wäre es vielleicht ratsam eine stationäre Behandlung in Betracht zu ziehen (war selbst zwei Monate in einer Klinik).


    Vielleicht hilft es dir ja, dich in einem Forum etc. für Angehörige psychisch kranker Menschen mit anderen Betroffenen auszutauschen, über Google findet man dort eine ganze Menge.


    Was ich deinem Mann auch empfehlen kann, ist das Buch: "Wenn Zwänge das Leben einengen: Zwangsgedanken und Zwangshandlungen. Ursachen, Behandlungsmethoden und Möglichkeiten der Selbsthilfe" von Nicolas Hoffmann


    Ich hoffe ich konnte dir ein wenig helfen, du kannst mir auch gerne eine PN schreiben, wenn du noch Fragen hast.


    Wünsche dir ganz viel Kraft. :)


    Liebe Grüße
    Kathi

  • Hallo vanessa22.

    Lass mich das in zwei Teilen erklären.


    Bevor ich zu dir selbst komme, gerade etwas zu deinem Mann. Sei dir über eines im Klaren: Jeder Mensch lebt in seiner Realität. Du, jeder andere hier und auch dein Mann. Die Realität „bastelt“ sich unser Hirn sozusagen zusammen. Dazu verwendet es viele Dinge. Das, was wir aktuell wahrnehmen, Erfahrungen, die man schon einmal unter ähnlichen Umständen gemacht hat und wie man diese bewertet, und noch vieles mehr. Das Erleben der Welt, in der wir alle uns bewegen, kommt also zu großen Teilen aus uns selbst. Das Problem: Ist die Realitätswahrnehmungsmaschine Gehirn gestört, sei es aus organischen oder psychischen Gründen, nehmen wir nur ein Zerrbild dieser Realität war. So kann für zwei Menschen, die gemeinsam durchs Leben gehen, eben dieses einmal eine wundervolle Landschaft sein, mit Blumen, grünem Gras und mildem Sonnenschein, während der andere alles als graues, verheertes Land erlebt, in dem hinter jedem Felsen das Böse lauert.


    Sei dir bewusst, dass die Ängste, die dein Mann durchlebt für ihn absolut real sind. Er wird sich wirklich fürchten, obwohl die Gründe dafür für andere vollkommen absurd erscheinen. Steht dein Mann vor besagtem Geldautomaten, fressen ihn die Zweifel, ob er denn nicht etwas vergessen hat, förmlich auf. Hat er Gedanken darüber, dass er unter Umständen jemanden den Effenbergschen Finger gezeigt hat und er deswegen Ärger in der Firma bekommt, sind diese Ängste (Habe ich das tatsächlich getan? Was wird jetzt passieren? Bekomme ich Ärger? Was denken meine Kollegen jetzt bloß von mir?) sehr intensiv, und da er vermutlich bereits ewig kreisende Gedanken hat, wiederholen sich diese Fragen in seinem Kopf ständig in einer Vehemenz und „Lautstärke“, die ein Nichtbetroffener kaum nachempfinden kann. Es ist wahrlich die Vorhölle, in der dein Mann zurzeit lebt.


    Versuche es dir wirklich mal vorzustellen. Stell dir vor, du bist gerade weit weg von zuhause, irgendwo mitten in der Stadt, zum Beispiel in einem Cafe. Plötzlich hast du es glasklar im Kopf: Du hast den Herd angelassen, und du weißt nun genau: Es besteht höchste Gefahr, dass deine Wohnung komplett abbrennt. Und nicht nur das: Auch die Wohnungen der anderen Bewohner des Hauses sind in höchster Gefahr, und alles wäre deine Schuld! Kannst du dir vorstellen, in welche Panik du verfallen würdest? So ähnlich geht es deinem Partner, jeden Tag. Aus diesem Grunde sollte er auch schleunigst in Therapie, was ja nach deinen Schilderungen gerade passiert.


    Nun zu dir.


    Es ist vollkommen verständlich, dass dich diese Umstände sehr mitnehmen, zumal Menschen, die in der Weise wie dein Mann betroffen sind, für rationale Argumente nur schwer zugänglich sind. Jemanden da herauszuholen ist für den Durchschnittsmenschen auch nicht möglich, und den Partner macht das über die Zeit einfach mürbe, weil es ja auch unfassbar schwer zu verstehen ist, was da gerade in und mit dem anderen passiert. Du hast dich daran aufgerieben, was du aber keineswegs als dein Versagen begreifen darfst, denn das, was du da mitmachst, ist wirklich nicht leicht und du bist kein Panzermensch aus Stahl.

    Nun gibt es verschiedene Szenarien.


    In Hamburg gibt es sicherlich auch Selbsthilfegruppen für Angehörige von psychisch Kranken und auch noch weitere Einrichtungen, die dir in jedem Falle helfen können. Suche mal im Internet danach. Gehe dahin, wo es echte Menschen gibt.

    Gespräche entlasten ungemein und sicherlich hat man dort auch Tipps für dich. Scheue dich nicht, dort anzurufen, auch wenn es sich komisch anfühlt. Wenn man so will: Du hast dir Hilfe redlich „verdient“ und musst dich nicht schämen.

    Weiterhin: Von hier aus lässt sich wenig über deinen eigenen Zustand sagen, aber es besteht durchaus die Möglichkeit, dass du mittlerweile aufgrund der Belastung, die du trägst, selbst depressiv geworden bist. Das ist nicht selten. Vielleicht solltest auch du einmal einen Psychologen zurate ziehen. Schon mal darüber nachgedacht?

    Ansonsten solltest du immer daran denken, dich selbst nicht zu vernachlässigen. Schaffe dir Pausen und Räume, in denen du ganz für dich bist, dich komplett aus der Situation nimmst und auch mal entspannen kannst. Geh mal raus in die Stadt, treffe dich mit einer Freundin oder höre mal in Ruhe nur für dich deine Lieblingsmusik.

    Die Situation, in der du dich befindest, wird nicht sofort nach der ersten Therapiestunde deines Mannes vorbei sein, sondern noch eine Zeit lang anhalten. Und in dieser Zeit ist es besonders wichtig für dich, nicht nur für deinen Mann da zu sein, sondern auch für dich selbst. Denke daran, dass du nicht immer dein bestes geben musst, sondern nur das, was gut genug ist. Keine 120%, sondern nur 85%. Das reicht vollkommen.

  • Hallo Vanessa,
    das was Rapidmovement schrieb, kann ich absolut unterschreiben. Als ich ein psychisches Wrack war -und das war ich über einige Jahre definitiv- hat mein Mann sich ganz extrem zurückgenommen. So sehr, dass ich damals oftmals sauer war und mich fragte, ob ich ihm überhaupt noch wichtig bin. In der Retrospektive jedoch, war das das einzig richtige Verhalten, nämlich, dass er sich selbst schützte und wir somit heute noch zusammen sind (sein können). Es wäre absolut kontraproduktiv gewesen, hätte er sich mit aufgerieben und die Ehe wäre daran zerbrochen. Dann wäre ich vermutlich wesentlich schwerer wieder aus meinem Seelenloch herausgekommen, denn dann hätte ich erst recht nicht mehr gewusst wofür.


    So konnnte er jedoch dann für mich da sein, als es sinnvoll war, indem er eben Abstand nahm, wenn es noch nicht sinnvoll war. Was ich jetzt schreibe, hört sich vielleicht ziemlich gemein an und widerspricht ein wenig dem Bild der Vorhölle, das Dr. House hier gezeichnet hat. Wobei dieses Bild gut ist, keine Frage, aber es ist mE nicht das ganze Bild. Du schreibst, dass Deinem Mann die bisherigen Therapeuten nicht gefallen hätten. Ganz klar gesagt: Wenn der Leidensdruck groß genug ist, wird man so lange suchen, bis einer gefällt und auch nur der eigene Leidensdruck ist es, der einen -die mitunter sehr mühevollen Therapien- dann auch konsequent durchhalten lässt. Noch scheint besagter Druck nicht groß genug zu sein.


    Alles was diesen Leidendruck mindert, ist -so gut wie es auch immer gemeint sein mag- in höchstem Maße kontraproduktiv! Mein Rat wäre es daher, dass Du versuchst, Dich ganz klar abzugrenzen. Deinem Mann z. B. zu sagen, dass er bitte mit seinen Problemen zu (s)einem Therapeuten gehen soll und, dass es Euch Beiden nicht helfen wird, wenn Du Dich mit ihm zermürbst. Dass Du an Euren Sohn denken willst und an Eure Zukunft und, dass es dazu erforderlich ist, dass er, so schwer es ihm auch fallen sollte, selbst arbeitet und zwar täglich neu. Dass Du ihn liebst, gar keine Frage, aber, dass Du genau deshalb nicht (mit ihm) untergehen willst, sondern auf die Zukunft baust, an der er nun aktiv arbeiten muss indem er an sich selbst arbeitet. Auch Du kannst nicht mehr helfen, wenn Du selbst am Boden liegst.


    Nimm Dich raus aus SEINER Tretmühle und sage ihm, dass Du jederzeit gerne für ihn da bist, wenn es um Eure Belange geht, aber all diese Zwangsgedanken und Depressionen sind etwas, mit dem Du Dich nicht für ihn befassen willst, das muss er tun. Für Euch, für die Zukunft und für Eure Ehe. Lass ihn auch ruhig mal stillschweigend sitzen wenn er 'nervt'. Steh auf, zieh Dich an, nimm Deinen Sohn und geh spazieren oder triff Dich mit einer Freundin. Aber diskutier es nicht aus. Sage ihm einmal, warum Du nicht mehr bereit bist Dich zu zerreiben in Streits und dann geh einfach.


    Sein Leidensdruck wird steigen und das wird ihn dazu bringen, mit/an sich zu arbeiten. Und wenn er das tut, DANN sei für ihn da und lobe ihn. Unterstütze das an ihm, was der Gesundung dient und distanziere Dich klar von den Dingen, die krankmachend und destruktiv sind. Streite nicht darum, tu es einfach und bleibe bei Dir.


    LG
    Sarah

  • Vielen Vielen Dank für eure lieben Einträge.
    Finde ich echt super. :)
    Es waren sehr gute Ratschläge dabei, die ich auf jeden Fall umsetzen werde.
    Ich hoffe jetzt erstmal auf die erste Therapiesitzung, wobei ich natürlich weiß, dass dabei erstmal nichts rauskommen wird.
    Es wird noch eine zeitlang dauern.
    Heute Abend werden wir auf den Hamburger Dom fahren, ohne unseren Sohn, der ist bei Opa.
    Ich hoffe wenigstens dass es diesesmal eine kleine Ablenkung für Ihn ist und wir endlich mal nach langer Zeit einen schönen Abend verbringen werden.

  • Hallo vanessa22
    wie wäre es, wenn du auch eine Therapie machst, um deinen Frust/Wut bei einer neutralen Person abzulassen. Aufgestaute Wut kann irgendwann in einer Depression enden. Es ist nicht gut, dass andere unter deinem Frust/Wut leiden, es ist ein Kreislauf, den nur Du ändern kannst. Ich kann mir nicht vorstellen, dass du all die Tipps alleine umsetzen kannst, die Du von anderen bekommst. Wir sind alle auf der Welt um zu lernen und gewisse Dinge muss man eben auf Umwegen mit Hilfe einer Therapie lernen.

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!