Auch mal was Gutes von der lieben Verwandtschaft

  • Hallo,
    ich muss jetzt auch mal etwas loswerden, was ich im Wochenende erlebt habe.

    Kurze Vorgeschichte: Vor Jahren saß ich mal mit meiner Schwester (wir verstehen uns wirklich, wirklich super) zusammen und klagte mein Leid, weil ich nicht den richtigen Mann kennenlernte. Da sagte sie: "Vielleicht musst Du einfach mal ein bisschen abnehmen". Sie meinte es lieb und hat wohl gar nicht verstanden, wie sehr mich dieser Spruch damals getroffen hat. Ich wog so ungefähr 140 Kilo, dachte aber bis dahin immer, dass mein Gewicht meiner Familie egal war. Kurze Zeit später kam noch eine ähnliche Geschichte mit meiner Mutter und ich war vollkommen fertig deswegen.

    Naja, nun habe ich es im Laufe der Jahre geschafft, mein Gewicht auf 100 Kilo einzupendeln. Nach gängigen Schönheitsidealen bei 1,74 Meter immer noch viel zu viel... Und war am Wochenende so in Jammerstimmung und habe auch zu meiner Schwester gesagt, dass ich niiiiiiimals schlank werden würde und wie sch... ich das finde. Und was sagt sie? "Warum willst Du abnehmen? Du bist durchtrainiert, siehst super aus und bist eben ein "prachtvolles Pfundsweib". Ich würde nicht abnehmen an Deiner Stelle." Als ich ihr sagte, dass sie das vor Jahren anders gesehen hätte, hat sie sich entschuldigt und meinte nur, da wäre ich auch "ziemlich unförmig" gewesen und hätte außerdem überhaupt nicht auf mich geachtet (Das gebe ich offen zu: Sackklamotten und nicht schminken waren normal!). Jetzt wäre ich vom Auftreten her ganz anders und es wäre schon so, dass sich Männer nach mir umgucken würden, wenn ich in einen Saal komme. Das einzige, was mir noch fehlen würde, wäre Selbstbewusstsein. Meine Antwort, dass ihre Sprüche vor Jahren dem nicht gerade zuträglich gewesen sind, hat sie, glaube ich, sogar fast beschämt und sie hat sich nochmal entschuldigt. Und meinte, dass sie selbst damals in einer "schlechten" Phase gewesen wäre.

    Also: Es liegt vielleicht tatsächlich nicht immer an den Pfunden, sondern daran, wie man auftritt. Und manchmal sind die Schönheitsideale eben auch von der Stimmung des Gegenübers abhängig...

  • Mir ist vollkommen klar, dass es nicht das ist, worum es Dir ging, aber:

    und meinte nur, da wäre ich auch "ziemlich unförmig" gewesen und hätte außerdem überhaupt nicht auf mich geachtet (Das gebe ich offen zu: Sackklamotten und nicht schminken waren normal!)

    Ich frage mich gerade: Was heißt "auf sich achten"? Eine bestimmte Art (nicht sackartiger, also wohl eher körperbetonter) Klamotten zu tragen und sich zu schminken?

    Ich kann mir nicht helfen, aber da kommt die Frauenrechtlerin in mir raus. Die, die findet, dass der Schlankheitsdruck mit dem Gepflegtheitsdruck in eine Schublade gehört. Und die findet, dass eine Frau, wenn sie auf sich achten will, eher auf ihre Bedürfnisse und Wünsche achten sollte als auf ihr Make-up und ihre Klamotten.

    Übrigens: Das ist jetzt überhaupt gar kein Angriff auf Dich und soll DIr nichts unterstellen. Aber ich fand dieses Ausrufezeichen so befremdlich. Man stelle sich vor: kein Make-up! Das war normal! Ausrufezeichen! Und ich stelle im Geiste eine andere auch sich achtende Frau daneben, die genauso befremdet ausruft: Man stelle sich vor, sie ist dick und will noch nicht mal abnehmen, ja achtet die denn gar nicht auf sich selbst!

    Ich glaube ja, ich deutete es oben schon an: Das ist dasselbe. Ob man sich nun der einen oder der anderen Anforderung beugt, die an das Äußere einer Frau gestellt werden - es ist egal. Es ist kein qualitativer Unterschied.

    Ich persönlich finde die Abwesenheit von Schminke tatsächlich normal. Und ich finde nicht, dass das ein Ausrufezeichen wert ist. Oder ein Anzeichen falscher Prioritäten und verfehlter Lebensführung. Oder ein Anzeichen von "nicht auf sich achten".

    Viele Grüße, Hermine (geht ihren BH verbrennen ;))



  • Hallo Hermine!
    Wegen der Feinstaubbelastung bitte keinen BH verbrennen... :p

    Aber wenn ich mir das durchlese, kommt mir das Verhalten der Verwandschaft arg bekannt vor. Stelle man sich mal vor, sie nimmt wieder zu! Was sagen dann die lieben Verwandten?

    Irgendwie hört sich das an: Machen was andere wollen und was andere für gut befinden.

    Herliche Grüße

    Eric

  • Moin Zusammen,


    ihr lieben Männer: es ist ein "Metaphorischer Ausdruck" mit dem "BH verbrennen" ;)


    aber ich kram dann mal in meinem Kleiderschrank ob nicht noch solch ein Teilchen zur "Metaphorischen Mitverbrennung" rumfliegt - weil hier muss ich mich Hermine absolut Anschließen.


    Zitat

    Ich kann mir nicht helfen, aber da kommt die Frauenrechtlerin in mir raus. Die, die findet, dass der Schlankheitsdruck mit dem Gepflegtheitsdruck in eine Schublade gehört. Und die findet, dass eine Frau, wenn sie auf sich achten will, eher auf ihre Bedürfnisse und Wünsche achten sollte als auf ihr Make-up und ihre Klamotten.


    Dem Schließe ich mich 100% an.


    Zumal meine Grenze zum "ungepflegt sein/wirken" ganz woanders liegt als in "figurbetonter Kleidung & Make-up" wobei ich letzteres wegen Allergien sowieso nicht benutzen könnte.


    Liebe Grüße,
    Cailly

  • Ups, das habe ich jetzt ja gar nicht mit gerechnet... Also, ich will das mal anders erklären, ohne jemanden anzugreifen, der sich nicht schminkt oder so.

    Ich habe früher "nur" sackartige "Zelte" getragen, mich überhaupt nicht geschminkt und meine Haare einfach lang runterwachsen lassen. Heute habe ich eine nette Frisur (finde ich jedenfalls), trage figurbetontere Klamaotten, schminke mich. Und ich fühle mich wohler. Ich weiß nicht, mag sein, dass ich oberflächlich bin, aber ich gefalle mir besser als damals. Und das liegt daran, dass ich mich früher vernachlässigt habe (so nach dem Motto: "Ich bin ja eh dick, warum sollte ich mich anders anziehen, nach mir guckt eh keiner") und heute - obwohl immer noch dick - langsam ein ganz anderes Selbstbewusstsein entwickele. Und ich wollte eigentlich nur sagen, dass es eben diese blöden Bemerkungen von anderen aus deren Gemütszustand resultieren.

    Ganz bestimmt wollte ich keine "Emanzen-Diskussion" auslösen. :) Emanze bin ich selber genug, auf jeden Fall kriege ich das oft genug von der "Männerwelt" zu hören...

    Und meinen BH muss ich nicht wirklich verbrennen, um das zu beweisen, oder? Ich meine, ich weiß ehlich nicht, wie meine Kollegen darauf reagieren würden... Und ob ich diese Art der Aufmerksamkeit dann wirklich haben möchte...:o

  • Du, wenn es Dir gut geht, dann lass die olle Emanze doch rumtönen. ;)


    Nein, es war nur dieses Ausrufezeichem, das mich komplett aus dem Konzept gebracht hat. Und erinnert an diese bösen Zeiten, wo der Therapeut es als Zeichen eines verbesserten seelischen Zustandes ansah, wenn Frau sich wieder schminkte und die Haare eindrehte, als sei es das, was eine Therapie vorrangig erreichen sollte: dass das Frauchen sich wieder hübsch macht. *grusel*

    Es klang für mich einfach, als wäre es ganz furchtbar schrecklich, ungeschminkt zu sein und das auch noch normal zu finden. Und das ist genau der Ton, den ich von den Schlankheitshysterikerinnen nicht ab kann: Es ist ganz furchtbar schrecklich, dick zu sein und das auch noch normal zu finden.

    Aber weißt Du was? Mein Befremden und meine Assoziationen sind da ganz ehrlich einfach mein Problem. Und brauchen Dich überhaupt nicht beeindrucken. :)

  • Hallo, Hermine,

    vielen Dank für Deine Antwort!!! Ich war jetzt schon ziemlich verunsichert, weil ich das alles wirklich so nicht gemeint habe.

    Für MICH ist es einfach schön, dass ich mich immer mehr leiden kann. Und bei MIR ist es eben so, dass das Schminken und anders anziehen ein Zeichen dafür ist, dass ich für mich auf dem richtigen Weg bin. Weil ich mich eben wichtig genug erachte, das für mich zu tun. Nur für mich, nicht für jemand anderen. Und das, nachdem ich jahrelang mit mir und meiner Figur im Umreinen war...

    Und, glaube mir, ich werfe ganz bestimmt niemandem vor, wenn er sich nicht schminkt oder Klamotten anhat, die mir nicht gefallen! Wie Andere aussehen, ist mir im Großen und Ganzen immer ziemlich egal, es geht ausschließlich um mich. Wie gesagt, jeder muss doch für sich selber den Weg finden, der ihn vielleicht irgendwann zufrieden macht.

    Viele Grüße

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