Wurde vor 36 Jahren wg. Übergewichts nicht verbeamtet. Will jetzt was unternehmen!

  • Auf der Suche nach Ungerechtigkeiten gegen übergewichtige Menschen stieß ich auf dieses Forum und las mich seitenlang durch das Thema „Keine Übernahme in das Beamtenverhältnis“ durch.


    Ich bin seit 1971 vollbeschäftigte Hauptschullehrerin und wegen Übergewichts nicht verbeamtet. Damals prophezeite mir der Amtsarzt, ich würde mein 36stes Lebensjahr nicht erreichen. Ich war da gerade mal 22 Jahre alt und wollte einfach nur leben!!! Wollte einfach nur meinen Beruf ausüben!! Und dann diese Prophezeiung… Schon aus Trotz lebe ich immer noch!!:D

    Seit 1985 bin ich jetzt dienstälteste Lehrerin an einer sogenannten Brennpunktschule in Stuttgart, habe drei Jahre die Krankheitsvertreterin für all meine verbeamteten Kollegen gemimt und fühle mich bester Gesundheit. Während sich mein jüngerer Chef wegen „Burn-outs“ monatelang rehabilitierte, viel jüngere Kolleginnen Schwangerschaft als Krankheit begreifen und andere Kollegen unter Altersdiabetes, Arthrose und Lustlosigkeit leiden (schlank, rank, flink wie…äh sportlich, verbeamtet), freue ich mich wonnepropperer Gesundheit, guter Nerven (ist das nicht typisch für Dicke und deshalb in meinem Beruf überlebenswichtig?) und der Zuneigung meiner Schüler – aber enorm unterbezahlt und wegen der Schlechterstellung in der Krankenversicherung diskriminiert (mein Zahnersatz ist eben „nur“ Kassenleistung und man sieht es).
    Ich bin jetzt 58 Jahre alt und werde bis zu meinem 65. Lebensjahr arbeiten – aus Trotz:D!

    Nun mein Anliegen: ich möchte gegen diese Fehldiagnose und Ungleichbehandlung etwas unternehmen – weiß aber nicht, wo ich ansetzen muss und wohin ich mich wenden soll.



    Keiner braucht mir zu schreiben, mein Unterfangen hätte keinen Sinn, denn seit der Prophezeiung jenes Amtsarztes (er saß im Gesundheitsamt Freiburg) glaube ich nichts mehr.


    Es muss einen Weg geben, diese Ungerechtigkeit aus der Welt zu schaffen! Und ich will ihn mit Ihrer Hilfe finden!

  • Ich bin eine junge Kollegin von Dir - gerade mit dem Studium fertig und nun für 1 Jahr (ohne Referendariat; das schließt an das Jahr als Vertretungslehrkraft hoffentlich direkt an) an einer Grundschule beschäftigt.


    Nach meinem Referendariat strebe ich ebenfalls eine Verbeamtung an, jedoch ist diese mit meinem momentanen Gewicht so gut wie aussichtslos.


    Leider kann ich Dir nicht helfen, aber ich möchte Dir sagen, dass ich (als ich Deinen Beitrag las) Bewunderung für Dich empfunden habe. Dein Beitrag strotzt - neben ein bisschen Verbitterung - vor Kraft und ich wünsche Dir, dass Du einen Weg findest, um endlich doch noch verbeamtet zu werden. Allerdings habe ich von einer Höchstgrenze für eine Verbeamtung (das Lebensalter betreffend) gehört.


    Da musst Du Dich mal schlau machen, da diese Höchstgrenze mal wieder länderspezifisch ist.


    Ich drücke Dir die Daumen!


    Liebe Grüße,
    Nadja


  • Keiner braucht mir zu schreiben, mein Unterfangen hätte keinen Sinn, denn seit der Prophezeiung jenes Amtsarztes (er saß im Gesundheitsamt Freiburg) glaube ich nichts mehr.


    Es muss einen Weg geben, diese Ungerechtigkeit aus der Welt zu schaffen! Und ich will ihn mit Ihrer Hilfe finden!

    Hast Du schon mal was von Michael Kohlhaas gehört?

  • Leider kann ich Dir nicht helfen, aber ich möchte Dir sagen, dass ich (als ich Deinen Beitrag las) Bewunderung für Dich empfunden habe. Dein Beitrag strotzt - neben ein bisschen Verbitterung - vor Kraft und ich wünsche Dir, dass Du einen Weg findest, um endlich doch noch verbeamtet zu werden. Allerdings habe ich von einer Höchstgrenze für eine Verbeamtung (das Lebensalter betreffend) gehört.

    Danke für Deine liebe Antwort. Aber warum bewunderst Du mich?
    Ich habe doch nichts anderes getan als gelebt, gearbeitet, geliebt und mich nie unter kriegen lassen!
    Mir ist klar, dass es für mich keine Möglichkeit gibt, verbeamtet zu werden. Hier in Baden-Württemberg ist Höchstgrenze 27 Jahre. Doch findet man nicht immer wieder ein Schlupfloch? (Siehe Verbeamtung der Kollegen aus der Ex-DDR)
    Nein, mein Ziel ist tatsächlich, dieses Thema vor einem größeren Gremium auszubreiten, denn es geht nicht an, dass dicke Menschen per se wegen gesundheitlicher Probleme, die vielleicht eintreten könnten,diskriminiert werden.
    Ich wünsche Dir für Deine Tätigkeit Freude und Kraft. Lass Dir sagen, Du hast einen der schönsten Berufe gewählt.
    Liebe Grüße
    Sylvia

  • Hi Werner,
    ich verstehe nicht ganz. :confused:
    Mir fällt nur ein:
    :mad:Frustration, dann Häuser niederbrennen, Verbrechen begehen, öffentlich hingerichtet werden.




    na der Werner schreibt wahrscheinlich vom literarischen Kohlhaas und nicht vom historischen.;)


    Ich verstehe Dich doch richtig, daß Du hier im Forum Unterstützung und Tipps erhoffst?
    Nun ich weiss nicht, wieviele sich hier im beamtenrecht auskennen, aber wäre die GEW hier nicht auch eine Beratungsmöglichkeit.
    Was ich an 'Deiner Stelle auch versuchen würde ist, einen Abgeordneten an die Hand zu bekommen.
    Bist Du sicher, dass Du ein Präzidenzfall wärst?


    Von mir hier erst mal ein Willkommen im Forum und wär gerne bereit (zumindest moralisch) Dich in Deinem Kampf zu unterstützen.


    toni

  • Hi Werner,
    ich verstehe nicht ganz. :confused:
    Mir fällt nur ein:
    :mad:Frustration, dann Häuser niederbrennen, Verbrechen begehen, öffentlich hingerichtet werden.



    Ich spielte auf die Vergeblichkeit seines Kampfes an. Eine vor 36 Jahren nicht vollzogene Verbeamtung wirst Du heute auch nicht vor Gericht durchsetzen können.


    Wie immer im Leben ist es wie in der Werbung für die Gelben Seiten. Man sollte jemanden fragen, der sich auskennt. Das bin sicherlich nicht ich, sondern ein Fachanwalt.

  • Aber warum bewunderst Du mich?

    Bewunderung ist vielleicht nicht das richtige Wort...aber da war ein unbeschreibbares Gefühl, als ich Deinen Beitrag gelesen habe :o .

    Zitat

    Ich habe doch nichts anderes getan als gelebt, gearbeitet, geliebt und mich nie unter kriegen lassen!

    Deswegen!


    Zitat

    Hier in Baden-Württemberg ist Höchstgrenze 27 Jahre.

    Nein, das ist vermutlich die Grenze, AB der verbeamtet wird. In Baden-Württemberg wird -laut dieser Seite- bis 45 verbeamtet:


    http://www.gew.de/Binaries/Bin…eL%C3%A4nder-07-05-16.pdf


    Zitat

    Ich wünsche Dir für Deine Tätigkeit Freude und Kraft. Lass Dir sagen, Du hast einen der schönsten Berufe gewählt.

    Vielen lieben Dank. Ich bin bereit :).

  • Liebe Molly,

    ich finde es toll, dass Du gegen diese Form der Diskriminierung kämpfen willst. Ich drücke Dir ganz fest die Daumen. Genau das ist ein gesellschaftlich relevanter Beitrag zur Überwindung der "real existierenden" Diskriminierung dicker Menschen.

    Nadja

  • [quote='Werner','https://deutschlands-dicke-seiten.de/forum/index.php?thread/&postID=193565#post193565']Ich spielte auf die Vergeblichkeit seines Kampfes an.


    Guten Morgen Werner,

    ich habe die Morgenstunden genutzt, um mir eine Kurzfassung „Kohlhaas“ zu Gemüte zu führen. Muss gestehen, dass mir außer Name und Anspielung darauf nichts Weiteres bekannt war. Dabei stieß ich auf Folgendes, was mich ansprach:

    Zitat: „So wird der Rosshändler zum Tode durch das Schwert verurteilt. Kohlhaas hat noch die Genugtuung, alle seine Forderungen an Wenzel von Tronka erfüllt zu sehen: Der Junker wird mit zwei Jahren Gefängnis bestraft, die Rappen Kohlhaas' wurden dick gefüttert, und er hat Schadenersatz erhalten. So geht er gefasst in den Tod.“

    War sein Kampf wirklich vergeblich?

    Mir geht es doch nicht um meine Verbeamtung. Mir geht es darum, dass die Auswahlparameter in Frage gestellt und geändert werden müssen – und dazu möchte ich gesunde, mutige, übergewichtige Menschen kennen lernen, die seit mindestens 30 Jahren in Arbeit sind.
    Ich habe für die Zukunft noch keinen Plan.
    Ich will nur eines: all den jungen Menschen, die sich schon im Jahr 2003 in diesem Forum mächtig über die Ungleichbehandlung und Diskriminierung ereifert hatten und meiner jungen Kollegin, die Sport studierte und diesen unterrichtet, die allerdings keinen Beamten - kompatiblen BMI hat, die deshalb in die Jojofalle getrieben wird, eine vielleicht nicht diskriminierte Zukunft ermöglichen?

    Ja, ja, jetzt spreche ich sofort wieder die Berufspessimisten an, die sicherlich schon viele Kämpfe ausgefochten haben und aus Niederlagen ihr Lebenskonzept bastelten. Ich bin ein aussichtsloser Fall, denn ich werde getrieben von meinem Optimismus und meiner Wut auf Ungerechtigkeit.



    Sylvia

  • Sylvia, ich finde es prima, dass du etwas gegen diese schreiende Ungerechtigkeit unternehmen willst. Man kann auch nicht immer wegschauen... selbst wenn bestimmte Dinge aussichtslos erscheinen.
    Ich wünsche dir viel Kraft für dein Vorhaben... und bin mal gespannt, ob man dann davon mal in den Medien hören wird.


    LG
    Loveroffatties

    Dick sein ist keine physiologische Eigenschaft - das ist eine Weltanschauung. (Kurt Tucholsky)

  • Bist Du sicher, dass Du ein Präzidenzfall wärst? Klar, und ich hoffe auf noch viel mehr solcher Fälle!


    Von mir hier erst mal ein Willkommen im Forum und wär gerne bereit (zumindest moralisch) Dich in Deinem Kampf zu unterstützen.


    Hi Toni
    genau solche Menschen wie Dich brauche ich für meinen Kampf. Ich danke Dir für Deinen lieben Empfang.
    Du scheinst nicht zu den Berufspessimisten zu zählen. Habe Dich schon in mein Herz geschlossen.
    Sylvia

  • ich finde es toll, dass Du gegen diese Form der Diskriminierung kämpfen willst. Ich drücke Dir ganz fest die Daumen. Genau das ist ein gesellschaftlich relevanter Beitrag zur Überwindung der "real existierenden" Diskriminierung dicker Menschen.


    Hi Nadja,
    wir haben seit kurzer Zeit ein Gesetz, das für uns gemacht wurde: Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Es ist ein Gesetz, das Benachteiligungen aus Gründen der Rasse, der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion, der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität verhindern und beseitigen soll.


    Vielleicht bin ich zu blauäugig, wenn ich glaube, dass ich etwas bewegen kann - den Trotz und die Puste habe ich!!
    Danke für Deinen Daumen!
    Sylvia


  • Hi Toni
    genau solche Menschen wie Dich brauche ich für meinen Kampf. Ich danke Dir für Deinen lieben Empfang.
    Du scheinst nicht zu den Berufspessimisten zu zählen.


    nun, notorische Pessimisten konnte ich hier noch nicht ausmachen.
    Der Hinweis, dass es ein steiniger, langwieriger Weg werden kann, ja, das weisst Du ja selbst und hast es auch schon bestätigt.


    Das Schlimme ist, daß ich Dir ausser mit ein paar blumigen Kalendersprüchen auch nicht weiterhelfen kann.


    Dass Du ein Exempel statuieren willst macht die Sache symphatisch und ich hoffe, dass sich jemand aus der Dicken-Community finden lässt, der Dir hier behilflich sein kann.


    toni

  • In Baden-Württemberg wird -laut dieser Seite- bis 45 verbeamtet:


    Schluck!!:o
    Liebe Nadja
    danke für Deine Info. Jetzt haste mich erwischt.
    Mir war die Möglichkeit, dass ich verbeamtet werde, so verbaut, dass ich nicht mal die genauen Daten kannte.


    Mir gefällt Deine liebe, aufbauende Art, mit mir zu reden. Hast Du kein Interesse daran, mit mir in den "Kampf" zu ziehen? Kennst Du nicht ein paar mogglige Menschen, die zu meiner Zielgruppe passen?
    Grüßle
    Sylvia

  • hi,
    sorry, aber was ist eigentlich eine verbeamtung?

    Der ritualisierte Wechsel in eine andere, höhere Daseinsform.


    Durch die Verbeamtung wird aus dem gemeinen Menschen ein winzigkleines Stückchen Staat. Er ist dann hoheitlich tätig, sprich er vertritt die Bundesrepublik Deutschland gegenüber dem Bürger, indem er durch Verwaltungsakte die Gesetze und anderen Rechtvorschriften des Staates umsetzt.


    Böse Zungen behaupten ja, die Beamten seien der Staat. Lt. Grundgesetz ist der öffentliche Dienst nach den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentuns zu regeln. Dabei, jedenfalls sieht es das Bundesverfassungsgericht so, darf man auch gerne auf die alten Preußen und das Kaiserreich zurückgreifen.


    Die Verbeamtung ist also nichts anderes als ein Rechtsakt, meistens verbunden mit einer Feier, einer Urkunde, dem Schwur auf das Grundgesetz, durch den man Beamter wird.

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