ZitatAls ich das erste Mal auf diese Seiten gestoßen bin, habe ich ein Wochenende lang nur vor dem PC gesessen und alles mögliche gelesen, war zutiefst berührt. Und plötzlich wurde mir klar – ich habe eine Essstörung.
Das ist ein Satz aus einem anderen Posting dieses Bereichs.
In einem weiteren Posting, das ich jetzt aber nicht wiedergefunden habe, hat eine Userin fast bedauernd geschrieben, dass mehrere (!) Fachleute ihre nach ihrer Meinung auf alle Fälle vorliegende Essstörung nicht anerkennen.
Das hat mir sehr zu denken gegeben. Wegen einem Beitrag hab ich gestern nach Definitionen für "Essstörung" gegoogelt und Erklärungen dafür gefunden, die meiner Meinung nach heutzutage auf bestimmt drei Viertel der Bevölkerung zutreffen.
Nun sitz ich hier und frage mich: "Wollen" manche von euch sowas haben? Ein nicht-ideales Essverhalten, von mir aus auch "gestört" im Vergleich zu üblicherweise als "gesund" geltendem Essen, haben doch in unserer Gesellschaft ganz viele. Ich habe bis vor kurzem mit dem Begriff Essstörung einen psychisch bedingten Fehl(Miss)brauch (mir fiel kein besseres Wort ein) von Essen verbunden: jemand der durch Erlebnisse auf einem Gebiet abseits der Nahrungsaufnahme bedingte/benötigte Funktionen/Ziele durch Essen erreicht - Schutzpanzer nach außen, Kompensation, Selbstbestrafung usw. Um diese Störung zu behandeln muss daher den woanders liegenden Ursachen auf den Grund gegangen werden. Dafür bräuchte es meist eine Psychotherapie, in der dies alles aufgearbeitet wird. So meine bisherige Meinung.
Jetzt lese ich aber hier, dass der Begriff "essgestört" auf vielerlei Essverhalten angewendet wird, sofern dieses Essverhalten zu Übergewicht (und fallweise das Gegenteil) geführt hat oder führen kann. Es wird wild durch die Gegend diagnostiziert, an sich selbst und an denen, die hier ihre Geschichte erzählen. Es werden einerseits Therapien empfohlen, andererseits werden Therapeuten wegen einer Erwähnung in einem Post als "unfähig" erklärt und den Betroffenen sofort der Wechsel angeraten. Und das von zumeist Nicht-Fachleuten.
Manche scheinen froh zu sein, endlich eine Erklärung dafür zu haben, dass Essen bei Ihnen eben anders ausschaut als im Werbefernsehen. Einfach nur zuviel essen oder/und falsch essen (nach dem allgemein "üblichen" Wissen über Ernährung) ist - nach Meinung einiger hier - nur bei einem geringeren Anteil der Dicken (das Gegenteil von "oft") der Grund, denn für dieses zuviel und falsch essen ist bestimmt eine Essstörung verantwortlich. Es scheint mir fast ein hier bei diesen "manchen" ein "gesellschaftlich nicht/weniger anerkanntes" Übergewicht zu sein, denn mangelnde Essens-Disziplin oder Beherrschung, großer Appetit, fehlende Bereitschaft sich immer wieder bewusst mit Essen auseinanderzusetzen, Faulheit in Bezug auf die Essenszubereitung, Bequemlichkeit, zu wenig Bewegung und ähnliche Gründe werden konsequent ins Reich der Vorurteile "argumentiert" oder gar völlig abgestritten.
Ich möchte hier niemandem zu nahe treten, der wirklich durch massive Erlebnisse in der persönlichen Historie zu Essen ein gestörtes Verhältnis entwickelt hat, aber wird hier nicht etwas zu oft dieser Begriff strapaziert? Und was ich persönlich noch viel fragwürdiger ansehe, wird hier (manchen) Leuten mit ganz normalem Leben und üblichen Problemen, die aus den vorgenannten Gründen dick sind, suggeriert, dass sie irgendwo massive psychische Probleme haben müssen, denn schließlich gibt es ein "normales" zuviel essen ja gar nicht.
Ich bin dick aus all den Gründen, die ich zwei Absätze weiter oben beschrieben habe. Es gibt keinerlei Missbrauch oder Misshandlung in meiner Geschichte. Wahrscheinlich gibt es in meiner Familie eine "Neigung" zu Übergewicht, denn ich bin nicht die einzige. Nach den Definitionen die ich gefunden habe, bin ich essgestört (im Sinne von Nichtwahrnehmen eines Sättigungsgefühls), aber ich sehe mich absolut nicht so bzw. halte ich meine Psyche innerhalb der Toleranzen für "normal" (ohne Behandlungsbedarf). Bin ich hier Angehörige einer Minorität?
Kann mich jemand verstehen oder bin ich absolut daneben mit meinen Gedanken?
Malaga
PS: Organische Gründe für Übergewicht hab ich hier bewusst nicht erwähnt, die gibt es natürlich auch.