Wie sag ich's meinem Sohn?

  • Einige von Euch wissen ja, dass ich noch ziemlich in meiner ES feststecke. Und grad in der letzten Zeit, in der sich die Probleme gehäuft haben und ich dementsprechend viel essen *mußte*, um alles zu ertragen, habe ich noch einiges zugenommen. Besonders am Bauch ist das zu sehen - was aber nicht MEIN Problem ist.

    Das Problem mit meinem Bauch hat vor allem mein Sohn.
    Er ist 13, steckt mitten in der Pubertät und kommt offensichtlich mit meinem Übergewicht nicht klar.
    Gemeinsame Aktivitäten wie Schwimmen gehen, Walken usw. lehnt er ab (auf Nachfrage gab er zu, dass es hauptsächlich daran liegt, dass er sich für mein Übergewicht schämt), beim Essen kommt immer wieder ein Spruch, dass ich doch nicht so viel essen solle, damit ich abnehme, manchmal kommt er direkt zu mir, legt seine Hand auf meinen Bauch und meint: "Mama, Du mußt was gegen den Bauch tun!"

    Ich weiß nun einfach nicht, wie ich ihm erklären kann, dass ich das Essen brauche, weil ich sonst mein Leben/meine Probleme nicht ertrage, wie ich ihm überhaupt erklären kann, dass ich an einer Sucht leide.
    Schließlich möchte ich als Mutter ja auch ein Vorbild für ihn sein :o .

    Vielleicht kann mir da eine/r von Euch helfen?

    Ratlose Grüße,
    Darcy

  • Liebe Darcy,


    Du brauchst Dich vor Deinem Sohn für Deine Probleme nicht zu schämen.


    Unsere Kids wissen, dass wir nicht vollkommen sind, und wir steigen in ihrer Achtung, wenn wir zu unseren Problemen stehen - wir zeigen damit Ehrlichkeit uns selbst und ihnen gegenüber (Vorbild? ja!!!!).


    Ich arbeite mit Jugendlichen und habe ständig Umgang mit meinem Sohn und häufig mit seinen Freunden ( sind so um die 16). Bis jetzt ist es mir noch nie übel verzeichnet worden, wenn ich Schwächen oder Fehler oder Probleme zugegeben habe - eher im Gegenteil, wobei ich dazu einschränkend sage, dass sich das Ausmaß meiner Offenheit nach der Vertrautheit richtet., heißt dass ich den Kids, die ich beruflich kenne, gegenüber zwar Fehler u.ä. eingestehe, aber Nichts, was für mich zu den private things gehört.


    Für die Ehrlichkeit und das Vertrauen, das man/frau gibt, bekommt man/frau Ehrlichkeit und Vertrauen zurück - und - und das weiß ich definitiv! - Verständnis und auch Unterstützung da, wo man/frau schwach ist!


    Rede mit Deinem Sohn - meiner versteht zum Beispiel, warum ich ein Problem mit dem Rauchen habe und behandelt mich großherzig, obwohl er Rauchen ablehnt.


    Mut - ich glaube nämlich, dass Dein Sohn Dein Problem ahnt und Dir auf ungeschickte Art helfen will!


    Mach's gut!


    stübbken

  • Hallo Darcy,

    gutes Thema.
    Ich hab eine Tochter, bald 15, und ich bin ziemlich sicher, dass es auch Situationen gibt, in denen sie sich für mich und vielleicht auch besonders für meine Figur schämt. Dass ich ein Problem mit vernünftiger und gesunder Ernährung habe, weiss sie. Ab und an ist das auch Thema bei uns zuhause, denn sie hat neben einigen meiner guten und weniger guten Eigenschaften auch wohl mein schlechtes Essverhalten und meine Neigung zu Übergewicht mitbekommen bzw. sich angeeignet.

    Ohne das je wirklich genau hinterfragt zu haben glaube ich, dass die Pubertät, das Erwachsenwerden, für die Kids überhaupt eine Phase ist, in der man mit allem möglichen unzufrieden ist. Ich glaube, dass wenn es nicht die Figur gäbe, sie (= unsere Teenies) etwas anderes finden würden, das ihnen nicht passt an uns. Meine Tochter ist da manchmal richtig verletzend, es zermürbt unheimlich, auch wenn ich mir immer wieder sage, dass es das schwierige Alter ist. Dann ist sie wieder kuschelweich und absolut zugänglich, freut sich in mir eine Mom zu haben, mit der man über alles reden kann, im nächsten Moment bekomme ich einen Tiefschlag, weil ich mich ihrer Meinung nach unmöglich kleide.
    Usw. usf.... :confused:

    So, bis hierher haben dir meine Worte wohl erstmal gar nichts genützt, aber vielleicht tut es gut zu wissen, dass es anderen ähnlich geht.
    Wie du deinem Sohn deine ES erklären sollst? Ich versuch es immer mit Ehrlichkeit. In meinen Augen ist es wichtiger, dass meine Tochter ganz genau weiss, was in mir vorgeht, und dass ich da ehrlich darüber bin (auch über die Nicht-Heldentaten meines Lebens), als dass ich ihr ein mühsam zusammengezimmertes "perfektes" Vorbild abgebe. Sucht war bei uns schon ein Thema, als sie im TV als Kind erstmals über Drogensüchtige was sah, und darüber reden wollte. Da es für mich keine perfekten Menschen gibt, versuche ich dies auch meiner Tochter so zu vermitteln und ihr dadurch die nötige Objektivität für ihr weiteres Leben mitzugeben. Sie soll Menschen nicht nach Äusserlichkeiten beurteilen, auch ihre Mom nicht.

    Das ändert natürlich nicht das Problem deines Jungen, wenn er zB. von Klassenkameraden gehänselt wird, weil er eine dicke Mom hat. Bei uns in Österreich gab es mal eine Kampagne, die Kinder schon sehr früh darauf vorbereiten sollte, gegen alle möglichen Versuchungen und Gefahren im Leben gewappnet zu sein. Der Titel war: Kinder stark machen....
    Man muss es jeden Tag wieder versuchen (oh, klingt das theatralisch!).

    Entscheiden, was für dich und deinen Sohn das beste ist, kannst nur du, aber vielleicht solltest du ihm zutrauen, dass er Verständnis für deine Sucht hat und es einfach genauso ehrlich mit ihm besprechen wie du es hier tust.

    Alles Gute bei was auch immer du tun wirst.... Malaga


    Edit: Hätt ich ein wenig gewartet, hätte ich stübbken zustimmen können, so ists nun zweimal das fast gleiche...

  • Darcy, das ist nicht leicht für euch beide. [Blockierte Grafik: http://www.cosgan.de/images/smilie/traurig/d050.gif

    Bei uns war es so, daß Junior (9) schon im Kindergartenalter bemerkt hat, daß mein Bauch dicker ist als z.B. der von seiner Oma oder Tante. ;) Allerdings war das für ihn nie negativ, sondern immer "schön kuschlig". Im Laufe der Zeit konnten wir ihn auch - immer bei passenden Gelegenheiten - dahingehend aufklären, daß es eben ganz viele verschiedene Arten von Menschen gibt: Dicke, dünne, große und kleine, helle und dunkle Hautfarben und so weiter. Und daß es völlig egal ist, wie Menschen aussehen. Zum Beispiel ist seine leibliche Mutter mit einem Algerier verheiratet - ein Wüstensohn, wie er im Buche steht. Unser "Kleiner" käme gar nicht auf die Idee, sich um das andersartige Aussehen zu kümmern, und darüber bin ich froh.

    Wenn wir ins Schwimmbad gehen, ist es für ihn immer am Wichtigsten, daß ich mich mit dem Eincremen beeile, damit wir so schnell wie möglich planschen gehen können. :D Auch da war mein Bauch noch nie Thema.

    Von meiner Eßstörung hat er noch nicht sooo viel mitbekommen, außer vielleicht bei meinem Klinikaufenthalt. Als ich wieder zu Hause war, hat er mich eines Tages nämlich ganz unvermittelt gefragt, ob ich eine Eßstörung habe. Ich war ganz verdattert und wußte im ersten Moment gar nicht, was ich antworten sollte. Wir haben uns dann kurz darüber unterhalten, daß ich eine Krankheit habe, die mich viel essen läßt und daß ich zu einer Ärztin gehe, damit die Krankheit mit der Zeit besser wird. Er hat sich damit zufriedengegeben und weder meine Figur noch die ES waren je wieder Thema bisher.

    Wirklich vergleichen kann man das mit deiner Situation natürlich nicht, Darcy. Dein Sohn ist ja immerhin schon 13, diese Zeit steht uns noch bevor und ich habe keine Ahnung, wie es bis dahin aussieht. :rolleyes:

    Allerdings denke ich, ein Junge in diesem Alter hat es generell nicht leicht. Da sind die Hormone, die verrückt spielen, der Gruppenzwang in der Clique, das Hinterfragen von Grenzen.
    Grenzen ist ein gutes Stichwort. ;) Darcy, wie ist es für dich, wenn dein Sohn dich so direkt auf den Bauch anspricht - wie fühlst du dich in dem Moment? Zeigst du ihm, daß es dich verletzt, daß er also eine Grenze überschritten hat?
    Mit 13 - wie gesagt, ein schwiiieeeriges Alter :cool: - hielt ich meine Eltern schon längst nicht mehr für unfehlbar. Ich könnte mir vorstellen, daß dein Sohn schon mit der Erklärung, daß du eine Krankheit hast, klar käme. Ich würde nicht zu sehr ins Detail gehen und ihn auch wissen lassen, daß es deine Sache ist, wie du damit umgehst.

    Daß er sich für dein Übergewicht schämt, mag ganz normal sein in seiner momentanen Situation - aber deswegen ist es noch lange nicht ok, denn dieses Verhalten verletzt dich. Darüber mit ihm zu sprechen, scheint mir mindestens ebenso dringend, wie ihn über deine ES aufzuklären.

    Vielleicht sehe ich das aber auch ganz verkehrt; ich kenne ja euer Verhältnis zueinander nicht. Aber ich wünsche dir sehr, daß ihr beide auf einen Nenner kommt, mit dem sowohl du als auch dein Sohn zufrieden sein können.

    Liebe Grüße
    Pandora

  • Liebe Stübbken, Malaga und Pandora,


    vielen Dank für Eure einfühlsamen Antworten.

    Mh - ja natürlich weiß ich, dass die Pubertät eine schwierige Zeit ist und ich erinnere mich noch sehr gut daran, wie peinlich mir meine Eltern damals waren.
    Ich denke, ich hab auch nicht so sehr ein Problem damit zuzugeben, dass ich eine ES habe - aber sehr wohl mit der Erklärung warum und weshalb ...
    Ich habe, wenn ich genau darüber nachdenke, Angst, dass mein Sohn nach den Gründen fragt, denn da sind zum Teil Abgründe, die ich nicht mal vor mir allein im stillen Kämmerlein aussprechen könnte, geschweige denn vor einem 13-jährigen Kind (und ein Kind ist er durchaus noch - nicht nur, weil ich das als Mutter so sehe :rolleyes: ).

    Vielleicht ist aber Pandoras Vorschlag

    Zitat

    Ich könnte mir vorstellen, daß dein Sohn schon mit der Erklärung, daß du eine Krankheit hast, klar käme. Ich würde nicht zu sehr ins Detail gehen und ihn auch wissen lassen, daß es deine Sache ist, wie du damit umgehst.

    eine gute Lösung, also von der Krankheit erzählen, aber nicht auf die Ursachen/Details eingehen - in der Hoffnung, dass er damit zufrieden ist.

    Zitat

    wie ist es für dich, wenn dein Sohn dich so direkt auf den Bauch anspricht - wie fühlst du dich in dem Moment? Zeigst du ihm, daß es dich verletzt, daß er also eine Grenze überschritten hat?

    Also eigentlich finde ich das nicht (mehr) so schlimm. Seit ich hier im Forum bin, hab ich gelernt, meinen Körper anzunehmen (wenn nicht die gesundheitlichen Einschränkungen wären, wäre mir mein Gewicht völlig egal und wenn ich ehrlich bin MAG ich meine runden, weichen Formen).
    Ich denke schon auch, dass er mir helfen möchte, vielleicht hat er ja auch bei meinen Eltern aufgeschnappt, dass sie mit meinem (ständig steigenden) Gewicht nicht zurechtkommen, denn von seinen Freunden habe ich noch nix mitbekommen, dass sie ihn hänseln.
    Er weiß nämlich auch, dass das Aussehen nicht die Hauptsache ist und dass es nicht auf Hautfarbe oder ähnliche Äußerlichkeiten ankommt (mußte er schon sehr früh lernen, da er selbst eine dunklere Hautfarbe hat).
    Was er (leider!) auch mitbekommen hat war, wie mein Ex sich und seinen Bauch gehasst hat. Und dass er auch manchmal (in der Schlußphase) sagte, dass ich abnehmen solle :mad: .
    Wenn ich so drüber nachdenke, ist da wahrscheinlich auch einiges "hängengeblieben".

    Ich werd mal einen Tag abwarten, an dem's mir besser geht und mit Sohnemann reden - eigentlich isser ja ein verständiges Kerlchen :rolleyes:

    Vielen Dank,
    Darcy

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