Meine Therapie & ich haben 2-jähriges

  • Morgen vor zwei Jahren hatte ich mein erstes Zusammentreffen mit der Welt der Psychotherapien. Ich war ziemlich aufgeregt, als ich zur Praxis fuhr und dann vor der Frau stand, von der ich so viel erwartete. Ich werde auch nie vergessen, was ich an diesem Tag zu ihr gesagt habe. „Ich sehe Sie als Feindin, weil sie mir das Essen wegnehmen wollen.“ Sie antwortete darauf: „Ich will Ihnen das Essen nicht wegnehmen, ich will Ihnen Alternativen aufzeigen.“ Damals verstand ich sie nicht.

    Jetzt haben wir 24 Monate später und ich denke, es ist an der Zeit, Bilanz zu ziehen.

    Was hat sich verändert?

    Übertreibe ich, wenn ich sage: „Alles!“? Hmmmm....nein, tue ich nicht. Denn:

    Ich habe mich kennen gelernt.
    Wer ist eigentlich Babs? Was mag sie? Was mag sie nicht? Was tut ihr gut? Wie denkt sie über dieses und jenes? Endlich habe ich angefangen, meine Interessen auszuleben. Dazu gehört auch, immer wieder etwas Neues auszuprobieren. Und wenn mal was nicht klappt/schief läuft? Macht nix, es kommt immer wieder was Neues.

    Ich nehme mich selbst wichtig.
    Jahrelang habe ich meine Bedürfnisse hinten angestellt. Nur nicht auffallen, nur nicht dafür sorgen, dass jemand mich nicht mag. Bloß keine Konflikte eingehen - lieber wegrennen.

    Ich mag mich.
    Ich brauche keine Bestätigung von außen, um mich gut zu fühlen. Ich weiss um meine Stärken (und Schwächen) und weiss auch, mit ihnen umzugehen. Früher habe ich mir Freunde erkauft bzw. krampfhaft an ihnen geklammert. Heute gehe ich es locker an und plötzlich „fliegen sie mir zu“.

    Ich lasse mich aktiv sein.
    „Bloß kein Sport, ich könnte ja albern dabei aussehen. Aber dabei möchte ich mich doch so gerne bewegen.“ Diese Gedanken haben mich immer davon abgehalten, aktiv zu werden. Was besonders schlimm ist, da ich ein durch und durch aktiver Mensch bin. Jetzt endlich kann ich es ausleben und noch viel mehr, wenn ich endlich nicht mehr so viel an Gewicht mit mir rumschleppe.

    Ich kann meine Seele jetzt selbst schützen.
    Die Fettschicht war mein Panzer, sie hat meine Seele geschützt. Erst vor dem Verlust meines Großvaters, der mir Kraft und Liebe schenkte, wo es nur ging und von heut auf morgen aus meinem Leben verschwand, dann vor den Sticheleien der Mitschüler und allen anderen unangenehmen Dingen, die in meinem Leben geschahen. Mittlerweile habe ich gelernt, meine Seele anders zu schützen. Durch eine Kraft, die in mir wohnt und die ich erst entdecken musste. Ich brauche die Fettschicht nicht mehr.

    Ich bin kein Opfer mehr.
    Bewegungslos verharren, passiv & ängstlich sein. Die Hände über die Augen legen: „Ich seh dich nicht, also siehst du mich auch nicht.“ Ich will nicht mehr das Opfer sein. Ich will auch kein Täter sein. Ich will einfach nur ich sein!

    Ich kann aushalten.
    Da ist ein Konflikt, ich kann nicht damit umgehen, ich muss ihn sofort lösen - egal, ob ich ausreichend darüber nachgedacht habe oder nicht. Oder ich muss mich komplett verkriechen. Nicht mehr. Ich muss keine Freundschaften mehr beenden oder mir neue Jobs suchen, weil ich keinen anderen Ausweg finde. Heute stehe ich „meine Frau“.

    Ich sage, was ich denke.
    Meine Wutpäckchen verwandeln sich nicht mehr in Weingummis, Wurstbrote, Kuchen und anderes. Ich fresse sie nicht mehr in mich hinein. Stattdessen reiche ich sie weiter bzw. an den Verursacher zurück. Ohne diese Päckchen fühle ich mich sogar mit 135 kg leicht ;)

    Ich blicke durch.
    Dieses Wirrwarr in meinen Gedanken hat Form angenommen. Wenn heute dieses „komische Magengefühl“ auftaucht, kann ich selber herausfinden, was die Ursache dafür ist. Manchmal geht es ganz schnell, manchmal dauert es länger, aber ich komme immer dahinter. Und kann es dann angehen.

    Ich schäme mich nicht mehr.
    Ja, ich bin dick. Aber ich bin nicht dick, weil ich einfach gerne esse und mich nicht bewege. Ich habe eine Krankheit. Eine chronische, gefährliche Krankheit. Ich habe mir das nicht ausgesucht. Ich bin süchtig. Und das ist keine Schande.

    Ich ruhe in mir selbst.
    Und das strahle ich nach außen aus. Nur so kann ich mir erklären, dass seit einem halben Jahr keine dummen Sprüche mehr gekommen sind.

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    Puh, was für eine Ansammlung an guten Dingen. Vielleicht helfen sie dem einen oder anderen, positiv in die Zukunft zu gucken und weiter (alleine oder in Therapie) an sich zu arbeiten. Vielleicht hat ja auch noch jemand andere Punkte hinzuzufügen, die ich jetzt vergessen habe. Ihr habt freie Hand :)

    Ich werde in einigen Wochen 31.....und es wird der schönste Geburtstag meines Lebens, denn ich habe ein neues, aufregendes, freies Leben geschenkt bekommen. Nein, falsch, ich habe es nicht geschenkt bekommen, ich habe es mir erarbeitet und verdient :)

    Babs

  • Herzlichen Glückwunsch! Schön, dass es dir gut geht und du so viele Erfolge feiern konntest!

    Ich freue mich für dich!

    Lg, sombra_blanca

  • Genau in die Richtung will ich auch! Stehe aber erst ganz am Anfang.
    Ich nehme Dich einfach mal als gutes Beispiel, damit ich nicht in einer schlechten Phase das Handtuch werfe. In der Therapie-Achterbahn geht's bei mir nämlich gerade wieder bergab.
    Glückwunsch zum 2jährigen!!!

  • Liebe Babs,


    ich bin begeistert von deinem Erfolg...und 2 Jahre sind eigentlich nich lang für diese ganzen Erfolge, aber wenn ich mir vor Augen halte, dass ich das auch alles noch lernen muss....sind 2 Jahre in meinen Augen sehr lange...ich will das alles jetzt schön können und dabei nicht an mir arbeiten müssen und nicht an meine Grenzen kommen wollen.
    Aber das werd ich wohl müssen.
    Wenn ich allerdings ein bisschen drüber nachdenke, dann motiviert mich dein Beitrag wieder ne Therapie anzufangen...die letzte hab ich nämlich nach 4 Sitzungen abgebroche, weils mir zu heftig war.


    So, ich beschließe hiermit, wieder eine Therapie zu machen und ich werde noch bis Ende der Osterferien bei einem Therapeuten angerufen haben!! Und ihr seid die Zeugen dieses Beschlusses!!!


    Liebe Grüße,
    Eure Mandala, die gerade sehr am kämpfen mit sich selbst ist

  • Babs, das ist ganz wunderbar und ich gratuliere dir herzlich zu diesem erfolg. es ist ein großer schritt vorwärts...ach...es ist eine unglaubliche strecke! ich würde gerne mit dir tauschen, wenn ich ehrlich bin ;) :D , den teil mit einer therapeutin habe ich ja noch nicht gewagt :o

    ich freue mich sehr für dich :)

    Stöpsel

  • Zitat von Mandala



    So, ich beschließe hiermit, wieder eine Therapie zu machen und ich werde noch bis Ende der Osterferien bei einem Therapeuten angerufen haben!! Und ihr seid die Zeugen dieses Beschlusses!!!


    Wir behalten dich im Auge, Mandala ;)

    Babs

  • Zitat von Stöpsel

    Babs, das ist ganz wunderbar und ich gratuliere dir herzlich zu diesem erfolg. es ist ein großer schritt vorwärts...ach...es ist eine unglaubliche strecke! ich würde gerne mit dir tauschen, wenn ich ehrlich bin ;) :D , den teil mit einer therapeutin habe ich ja noch nicht gewagt :o

    ich freue mich sehr für dich :)

    Stöpsel


    Stöpsel, ich weiss ja, wie schwer du dich mit dem Schritt zur Therapie tust, aber ich kann nur sagen: Es lohnt sich. Es ist so aufregend, manchmal sehr, sehr schmerzhaft, manchmal lacht man eine ganze Sitzung über, dann kann man nicht aufhören zu weinen. Aber am Ende ist man bei sich angekommen und dieses Gefühl ist der Hammer. Ich möchte nie wieder zurück und ich weiss, dass ich eines Tages ganz gesund sein werde! Mein Lebensziel!!! :D

    Babs

  • Zitat

    Aber am Ende ist man bei sich angekommen und dieses Gefühl ist der Hammer.

    Das hört sich so schön an, Babs - und, noch wichtiger, es fühlt sich genau so gut an. :) Ich glaube, dieses "bei sich ankommen" ist der Kernpunkt der Therapie; das Ziel, wofür sich diese anstrengende Zeit tatsächlich lohnt.

    @Mandala - ich finde es großartig, daß du wieder Schritte in Richtung Therapie wagst. Und ich bin mir absolut sicher, es ist die richtige Entscheidung. Laß dir Zeit mit der Suche nach dem/der richtigen TherapeutIn, das ist so unglaublich wichtig, daß ihr beide miteinander könnt. :)

    Liebe Grüße
    Pandora

  • Erst mal herzlichen Glückwunsch, Babs!! Ich finde es super, das du dich in deiner Therapie wohl fühlst und auch Fortschritte machst.

    Ich habe bisher noch keinen Gedanken an diese Möglichkeit verschwendet. Aber wenn ich hier so lese, dann bin ich immer mehr der Meinung, einen Versuch wäre es wert. Ich werde mal ernsthaft darüber nachdenken.

  • wenn ich deinen beitrag lese liebe babs....dann will ich dir zum ersten mal gratulieren....zu diesem für dich so erfolgreichen weg...und für das durchhalten und den erfolg den eben dieser weg mit sich brachte. zum zweiten....kommen mir die tränen...und zwar...weil ich mich sehr für dich mitfreue...aber auch, weil mir dein bericht so viele schwachstellen an mir selber aufgezeigt hat. irgendwie führ ich ein leben nach dem motto: hm...du bist dick und hässlich...und hast ja doch nicht die kraft

    a) etwas dagegen zu tun
    und
    b) dich so zu akzeptieren

    deshalb ist es umso schöner....wenn man durch berichte wie diesen hier...doch etwas mut schöpfen kann. mut, doch irgendwann mal denn schritt gegen dieses tiefe loch des selber-hassens anzutreten und zu kämpfen.

    bewundernde grüsse an dich
    kyra


  • Es lohnt sich immer, Kyra! Ich habe mich irgendwann gefragt: "Was kann schlimmer sein als der Zustand, in dem ich mich im Moment befinde?" und leider fiel mir nichts Schlimmeres ein :( Das war der Zeitpunkt, an dem ich mich entschloss, eine Therapie zu beginnen.

    Puh, ich bin froh, dass ich euch Mut machen kann. Habe mich nämlich schon gefragt, ob ich nicht nervig bin durch mein permanentes positives Strahlen. Das will ich auf keinen Fall.

    Und es bedeutet auch nicht, dass ich immer nur gut drauf bin und die Essstörung weg ist. 22 Jahre Essstörung in 2 Jahren abzuarbeiten, geht nicht. Aber ich hoffe ganz stark, dass ich keine herben Rückschläge mehr erlebe und dafür tue ich alles.

    Babs
    die im Moment einfach ganz viel Kraft hat und diese teilen möchte

  • Zitat von Frauvonheute

    Morgen vor zwei Jahren hatte ich mein erstes Zusammentreffen mit der Welt der Psychotherapien. Ich war ziemlich aufgeregt, als ich zur Praxis fuhr und dann vor der Frau stand, von der ich so viel erwartete. Ich werde auch nie vergessen, was ich an diesem Tag zu ihr gesagt habe. „Ich sehe Sie als Feindin, weil sie mir das Essen wegnehmen wollen.“ Sie antwortete darauf: „Ich will Ihnen das Essen nicht wegnehmen, ich will Ihnen Alternativen aufzeigen.“ Damals verstand ich sie nicht.

    Jetzt haben wir 24 Monate später und ich denke, es ist an der Zeit, Bilanz zu ziehen.

    Was hat sich verändert? ..............

    Ich habe mir dein Posting ausgedruckt, "Babs" durch meinen eigenen Namen ersetzt, zwei Punkte deiner Aufzählung (die für mich eher so nicht zutreffen) rausgelöscht - und den Rest finde ich so toll, bin zwar noch weit von diesen Zielen entfernt, aber du hast mir den Weg gezeigt, wohin ich selber gern kommen würde. D-A-N-K-E (hoffentlich schaff ich's auch)

  • nee babs, ich glaube....nein, ich weiss...das du dir solche gedanken (darüber, ob deine positve ausstrahlung hier nervig empfunden werden kann) wirklich überhaupt nicht machen musst.

    wie ich es bis jetzt hier, in diesem forum, empfunden habe...ist es doch so, das mut gemacht werden soll. es geht doch gerade darum denjenigen....die irgendwie noch so feste in ihren oft negativen gedanken/empfindungen stecken, zu zeigen das es auch anders geht. und da freut man sich über jeden mutmachenden bericht....aus dem man vielleicht ein fünkchen hoffnung und kraft schöpfen kann.
    ok...ob ich da repräsentativ sprechen darf kann ich natürlich nicht mit 100%iger sicherheit sagen....aber die vielen postings zu deinem bericht zeigen doch....das es auch wirklich nicht verkehrt ist wenn man sagt: danke babs für deine offene art....und für die positiven gedanken und anregungen :)

  • Zitat von Mandala


    So, ich beschließe hiermit, wieder eine Therapie zu machen und ich werde noch bis Ende der Osterferien bei einem Therapeuten angerufen haben!! Und ihr seid die Zeugen dieses Beschlusses!!!


    So, ich hab noch keinen Termin bei nem Therapeuten...weiß noch nich, was für ne Therapie ich machen soll/will...
    ...aber ich werde heute Nachmittag bei der Zentrale für essgestörte Frauen (so heißt das da, glaub ich) in Freiburg anrufen und mir dort mal nen termin zu nem Beratungsgespräch geben lassen.


    Denn eins ist sicher für mich, ich KANN und WILL so nicht mehr weiter machen!


    Liebe Grüße,


    von der, von ihrem Vorhaben, überzeugten Mandala

  • Hi Ihrs,


    ich habe gestern eine mail aus freiburg erhalten. Der Termin zum Beratungsgespräch ist morgen um 17:15 Uhr. Mir is schon ganz schlecht, wenn ich nur dran denke.
    Ich fühle mich gerade richtig frei und unbeschwert und gesund und gut und überhaupt weiß grad echt nicht, weshalb ich dort überhaupt hingehe. (Natürlich weiß ich das schon, aber es ist mir jetzt nicht mehr päsent)
    Ich habe Angst....wovor, das weiß ich nicht!


    Vielleicht ahbt ihr ja ein paar aufmunternde Worte für mich!


    Liebe Grüße,
    Mandala, die jetzt zitternd mit dem Fahrad zur Schule fährt und sich kein bisschen konzentrieren kann

  • *Daumendrück*

    Liebe Mandala, ich kann mir gut vorstellen, wie du dich jetzt fühlst. Fluchtgedanken nenne ich das.:D Auf einmal sind die Probleme soo weit weg, das Kopfkarussell wird immer schneller und Panik macht sich breit.
    Aber da mußt du durch, hilft nix. Vielleicht kannst du dir klarmachen, daß du darauf mächtig stolz sein kannst, an deiner Situation etwas ändern zu wollen. Das ist nämlich alles andere als selbstverständlich, sondern ein riesiger Schritt in eine gute Richtung.:)

    Und...es wird dir nichts weggenommen, sondern neue Wege für dich aufgezeigt. Vielleicht ist das ein Grund, sich auf den Termin morgen sogar ein kleines bißchen zu freuen?;)

    Liebe Grüße
    Pandora

  • Mandala,

    herzlichen Glückwunsch zum Termin. Wurd ja auch mal Zeit, die Osterferien sind lang vorbei ;) )

    Und jetzt hast du Angst vor der eigenen Courage. Kann ich gut verstehen. Aber letztendlich ist es so, dass du Hilfe möchtest und dieser Mensch dir Hilfe geben kann/wird. Vielleicht versteht ihr euch ja auf Anhieb und deine Zweifel/Ängste verflüchtigen sich in Sekundenschnelle. Und selbst wenn ihr nicht sofort auf einer Wellenlänge seid: Das kann noch kommen. Solltest du allerdings das Gefühl haben „Uäh, geht gar nicht.“, dann such jemanden Neues auf. Du wirst das schon machen :)

    Ich finde es auf alle Fälle toll, dass du jetzt wirklich und wahrhaftig einen Termin hast. Du stehst kurz vor dem Beginn einer aufregenden Reise und ich wünsche dir dabei viele neue Erfahrungen, viele schöne und auch ernste Momente und ganz viel Kraft.

    Babs

  • Hallo Babs,
    was bin ich froh, dass ich diese Seite hier gefunden habe!
    Das was du schreibst ist wirklich beeindruckend!
    Herzlichen Glückwunsch für so viel Durchhaltvermögen und soviel Mut! :)
    Ich war vor 2 Jahren auch schon mal bei einem Therapeuten wg. Ess-Störungen und ich weiss, wie anstrengend das ist, sich mit dem auseinanderzusetzen und durchzuhalten.
    Ich habe aber nicht so lange durchgehalten, weil es mir irgendwie immer noch schlechter ging und ich irgendwann keine Energie mehr hatte.
    Habe beschlossen, es nun noch einmal anzugehen, aber ich weiss irgendwie nicht, wo ich denn nach einem geeigneten Therapeuten suchen kann.
    Vielleicht hast du ja Tips? Welche Art von Therapie hast du denn gemacht?

    Jedenfalls klasse, dass du das hier so ausführlich geschrieben hast, Danke dafür.
    Ich habe das Gefühl, hier das richtige Forum gefunden zu haben.
    (war die letzten Tage auf den Weight Watchers Seiten, aber dort geht es tatsächlich nur um das Punkte zählen und um die Ursachen für das Essverhalten).

    Grüsse,
    Silvia

  • Hallo Silvia,

    herzlich Willkommen hier im Forum und schön, dass du uns gefunden hast :) Du wirst hier keine tollen „Punktetipps“ bekommen, dafür aber Menschen, mit denen man wunderbar reden/schreiben kann. Und du wirst dich sicherlich vielfach hier wieder finden können.

    Ich finde es klasse, dass du noch mal eine Therapie beginnen möchtest. Das ist sehr mutig! Interessanterweise kam mir nie in den Sinn, meine Therapie irgendwann abzubrechen, denn für mich ist/war sie wie ein Strohhalm, an den ich mich geklammert habe. Ich dachte immer: „Wenn das hier nicht klappt, klappt gar nichts mehr.“ Der Leidensdruck war so groß, dass ich unbedingt etwas ändern musste. Und so blieb ich bei der Stange. Ich bin - wie alle, die jemals in Therapie waren - durch verdammt tiefe Täler gewandert, aber erstaunlicherweise hatte ich danach immer einen wichtigen Durchbruch erreicht. Das schlimmste Tief hatte ich Mitte letzten Jahres, als meine Therapeutin mich fragte, ob es in meiner Familie jemanden gibt/gab, den ich sehr lieb gehabt hatte und umgekehrt. Ich überlegte lange. Und dann kam ich auf meinen Großvater. Die Tage nach dieser Erkenntnis und diesem „Wiederfinden“ waren entsetzlich. Ich habe eigentlich rund um die Uhr geweint. Zum einen, weil ich so dankbar war, ihn gehabt zu haben (er hat mir Lebensfreude „eingepflanzt“ und mich so geliebt wie ich war), zum anderen, weil er mir - als ich acht war - genommen worden war. Und ich von da an immer mehr aß. Dieser Durchbruch brachte mich einen großen Schritt voran, auch wenn es entsetzlich weh tat. Das nur ganz kurz zu den Höhen und Tiefen innerhalb einer Therapie.
    Ich denke, dass es sich wirklich lohnt, weiterzumachen. Man lernt so viel über sich und erst seitdem ich in Therapie bin, versteh ich den Spruch „Der Weg ist das Ziel“.

    Ich mache eine tiefenpsychologische Therapie. Dort werden nur einzelne Punkte „beleuchtet“, nicht wie bei einer Analytischen, wo man quasi das ganze Leben einmal aufrollt. Bei der Tiefenpsychologischen stehen einem daher auch nicht so viele Stunden zu. Ich glaube, 100 - 120 (?), aber es geht recht schnell, da man im direkten Dialog mit dem Therapeuten ist.

    Ich habe neulich bei einem Arzt eine interessante E-mail-Adresse gesehen: patienteninformationsdienst@kvno.de Dort kann man hinschreiben, wenn man einen Arzt sucht - eben auch einen Therapeuten. Vielleicht probierst du es mal. Zusätzlich gibt es noch diverse Links zu Selbsthilfegruppe/Netzwerken unter http://www.koskon.de (für NRW - weiss leider nicht, wo du herkommst), http://www.selbsthilfenetz.de und http://www.nakos.de (liebe Mods, das ist hier doch erlaubt, oder? Wenn nicht, Silvia, PN mir einfach). Oder du fragst ganz einfach deinen Hausarzt oder bei deiner Krankenkasse nach. Ich war damals bei meinem Hausarzt, hatte einen Totalzusammenbruch, bekam erstmal Antidepressiva und bat dann um eine Therapie. Glücklicherweise ist bei uns im Ort eine Therapeutin, die auf Essstörungen spezialisiert ist und bei ihr kriegte ich auch postwendend einen Termin. Ich hatte sehr viel Glück.

    Geh es an, Silvia. Und wenn du dich mal so richtig mistig fühlst, schreib hier ins Forum. Gerade im Essgestörten-Forum gibt es so viele Leute, die genau wissen, wie du dich fühlst und was du durchmachst. Ich bin seit knapp einem Jahr hier angemeldet und nach 3 Monaten hatte ich das Gefühl, ein neues Leben beginnt. Dieses Forum hat so viel für mich getan, ich denke, ohne die Leute hier, wäre ich noch lange nicht so weit, wie ich jetzt bin.

    Ich drück dir die Daumen :D
    Babs

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