Weniger Zuschläge für kranke Hartz-IV-Empfänger

  • Hi toni,
    jetzt bin ich etwas enttäuscht, da ich mir eingebildet hatte, dass wir über diesen Punkt der Diskussion bereits hinaus wären. Natürlich ist der Artikel Schund und selbst wenn er vorgibt, die Intention zu haben, den Arbeitslosen eine Lobby zu verschaffen, ist er nichts denn billigste Stimmungsmache. Er bewegt sich somit auf Namittags-Talk-Show-Niveau. Aber soweit waren wir doch schon längst?


    das habe ich anders empfunden.
    Ich hatte den Eindruck, dass Du diesen Artikel wie einen Banner vor Dir hergetragen hast und alle Deine Argumentationen sich darauf berufen haben.
    Das hat bei mir für Irritationen gesorgt und ich denke nicht nur bei mir.


    Allerdings musst Du Dir die Frage gefallen lassen, was Du gegen diese Missstände (die uns ja allen mehr oder weniger bekannt sind) machen willst. Einen Aufstand der Massen organisieren?
    Oder Dich im Kleinen engagieren? OK,, im Tierschutz und bei den Obdachlosen tust Du was, aber sonst?


    Ich bin hauptberuflich schon seit vielen Jahren bei einer Wohlfahrtsorganisation tätig. Zudem und das ergibt sich fast schon von selbst, hatte ich und habe ich diverse Ehrenämter.
    Wir haben in unserer Organisation alte und z.T. schon ziemlich gebrechliche Menschen, die zweimal im Jahr treppauf und treppab in ihrem Stadtviertel laufen und Gelder sammeln, sich oft die größten Unverschämtheiten anhören müssen. Es wird immer weniger gespendet, aber bei spektakulären Spendenaufrufen in den Medien allen voran dem TV, da fliessen die Gelder.
    Da treffen sich Rentnerinnen um Topflappen zu häkeln, Tischdecken zu besticken und vieles mehr. Mühsame Handarbeit mit oft abgearbeiteten Händen. Veranstalten Basare und Trempelmärkte um Kleingeld zu sammeln und um sich belächeln zu lassen, um dann zu mir zu kommen um stolz diese Gelder einzuzahlen. Diese Gelder sind zweckgebunden und werden dann in Jugendtreffs, Kindergärten oder auch Behinderteneinrichtungen für Anschaffungen verwendet. In Not geratenen Familien kurzfristig geholfen.
    Ich liebe diese alten Damen und Herren und bald gehör ich auch dazu. Die jammern auch, über die Bandscheibe und über den Enkel der sich so selten bei ihnen sehen lässt. Über ihre z.T. erschreckend niedrigen Renten jammern sie nicht und sie sind stolz auf jeden gesammelten Euro. Sie sind der Bodensatz unserer Gesellschaft auf den wir stolz sein sollten.
    Nicht die Schreier und Propagandisten halten das Gefüge zusammen, sondern die, die im Stillen und unbemerkt tätig werden.


    Es gibt allerdings auch sehr, sehr reiche Leute, die sich ihren sozialen Verpflichtungen bewusst sind. Die findet man aber weniger auf Jetsetevents sondern eher auf den z.B. evangelischen Kirchentag.


  • In der Situation steck ich auch grad. bin 26 und studier aus diversen Gründen immer noch :(
    Ich hab mich mal schlau gemacht und wenn man kurz vorm Abschluss steht und ein Abbruch sozusagen unzumutbar wär, besteht die Möglichkeit Sozialhilfe als unverzinsliches Darlehen zu beantragen. Ich hab zwar einen Job, aber der deckt nicht alle meine Kosten. Vielleicht könntest du immerhin auch so ein Darlehen bekommen? Ist allerdings immer Ermessenssache, ob ein Abbruch unzumutbar wär etc.
    Wenigstens wären dass dann keine "Almosen" ...darauf hab ich auch keine Lust und soweit bin ich noch nicht. Es gibt Leute, die es nötiger haben.

  • Hallo.
    Ich habe jetzt etwas länger darüber nachgedacht...

    HamsterD,

    Zitat

    In erster Linie will ich jetzt leben und nicht später, wenn ich mehr Geld habe. Genauso, wie ich jetzt leben will und nicht später, wenn ich "vielleicht mal schlank sein könnte". Du verstehst?



    kann ich nachvollziehen und finde ich gut. Resignation und Selbstmitleid sind in meinen Augen auch keine Aushängeschilder, im Gegenteil, sind sie m.E. ein Armutszeugnis und die Bakrotterklärung für ein Leben. Aber ich kann verstehen wie sie entstehen. Das Verständnis für einen Umstand, bedeutet ja nicht dass man selbst in einer solchen Lage ist. Ich finde es erfreulich für Dich, dass Du eine innere Einstellung gefunden hast, die Dich vor besagter Resignation und auch Stagnation bewahrt. Du hast noch Alternativen und Hoffnungen für dein Leben. :)

    @celester,

    Zitat

    Aber bis heute hab ich leider noch keinen Hartz Empfänger getroffen, von dem ich mal gehört hätte, dass er dankbar ist, in Deutschland zu leben und nicht in irgend nem anderen Land wo er eventuell tatsächlich ganz existentiell bedroht wär...z.B. vorm Verhungern. Ein bisschen mehr Dankbarkeit und weniger jammern würde glaub ich keinem schaden.



    man vergleicht sich mit dem was um einen herum ist. Mir fällt es auch oft schwer, mir zu vergegenwärtigen, dass mich allein der Umstand von fließendem Wasser, Zentralheizung und ständig verfügbarer Elektrizität, zu einer Gewinnerin und Privilegierten auf diesem Planeten macht. Stattdessen ärgere ich mich, wenn meine Freundin sich schon die neue Prada-Tasche aus Mailand besorgt hat und ich noch immer mit meinem ollen Gucci-Sack von Anno Tucklemuck herumrenne. DAS sind Probleme, was? :rolleyes: Im Grunde habe ich keine Probleme und wirklich existenzielle Notlagen sind mir fremd, wie im Grunde allen Bewohnern unserer Wohlstandsstaaten. Dankbarkeit zu erwarten von einem Arbeitslosen, dass er/sie nicht verhungert, finde ich gelinde gesagt übertrieben. Schließlich können auch wir uns so etwas gar nicht vorstellen, jedenfalls nicht mehr die Nachkriegsgenerationen.

    toni,
    ich war ziemlich verwirrt, da ich m. E. mich gebetsmühlenartig wiederholt hatte, wie ätzend ich diese Hartz-Propaganda finde und das bereits seit meinem zweiten Post. Aber okay, ich verbuche es jetzt einfach mal unter Tücken der rein schriftlichen Kommunikation, bzw. Missverständnis.

    Dass Du etwas Soziales, sehr Pragmatisches tust, verwundert mich ehrlich gesagt kein Stück, das passt zu dem was ich von dir lese.

    Zitat

    Allerdings musst Du Dir die Frage gefallen lassen, was Du gegen diese Missstände (die uns ja allen mehr oder weniger bekannt sind) machen willst. Einen Aufstand der Massen organisieren?
    Oder Dich im Kleinen engagieren? OK,, im Tierschutz und bei den Obdachlosen tust Du was, aber sonst?



    Tja, sonst...? Ehrlich gesagt war und ist dieses "aber sonst" ein Grund für diese Diskussion hier. Seit einiger Zeit kommt, wie bereits beschrieben, dieses Thema immer wieder auf mich zu. Ich weiß noch nicht recht was ich zu tun gedenke, könnte mir aber vorstellen darüber zu publizieren und ggf. Workshops ab zu halten.

    Ich weiß nicht ob du das hier kennst: Klicken!- aber diese Frau bewundere ich wirklich, sie ist in meinen Augen sehr sehr stark. So etwas ist ein Vorbild für mich und ich bin, wie gesagt, dabei mich zu orientieren wie es weitergehen soll. Daher frage ich hier Meinungen ab, provoziere womöglich auch ein wenig mit meiner unklaren Ausdrucksweise (sorry), bekomme aber dennoch (oder gerade dadurch?) Denkanstöße und Meinungs-Bilder. Ich beobachte Menschen, lese sie und finde das spannend, na ja... manchmal. ;)

    LG

  • Zitat von s.naumann

    Daher frage ich hier Meinungen ab, provoziere womöglich auch ein wenig mit meiner unklaren Ausdrucksweise (sorry), bekomme aber dennoch (oder gerade dadurch?) Denkanstöße und Meinungs-Bilder. Ich beobachte Menschen, lese sie und finde das spannend, na ja... manchmal. ;)


    Bei "nur abfragen" kommen sich Menschen halt schnell verschaukelt vor.
    Auch ein Forum ist Geben und Nehmen. Deshalb hat mich dein anfänglicher Rückzug mit dann doch immer wiederkehrendem Wadlbeißen sehr angeregt-aufgeregt.

    Warum betriff dich das Thema mit der angeblichen HartzIV-Benachteiligung so sehr? Erzähl das doch und du wirst ganz andere Antworten bekommen.

    Ich muss immer sehr aufpassen, ich hab ne Bekannte die in der Arge arbeitet und immer "Geschichtchen" erzählt, wie dreist und frech die Antragssteller wären. Ihr eigener Mann aber hat seine Baufirma in den Dreck gefahren und seine Arbeiter am Schluss nicht mehr bezahlt. Macht ja nix! Neue Firma eröffnet, auf gottweißwemseinen Namen und die können wieder zum Skifahren, Sommerurlaub und sich einen neuen Mercedes kaufen.
    Die mokiert sich aber, wenn ein HartzIV-Empfänger zu seiner Freundin nach Hamburg ziehen will...
    Und aufpassen muss ich, das ich der Frau nicht mal sage, wie mies und fies und kleingeistig sie doch ist.

  • Hi Sonnenkuss

    Zitat

    Warum betriff dich das Thema mit der angeblichen HartzIV-Benachteiligung so sehr? Erzähl das doch und du wirst ganz andere Antworten bekommen.



    na ja, prinzipiell habe ich das schon erzählt. Ich erlebe es immer häufiger im Verwandten- und Freundeskreis, dass dort Personen ihre Arbeit verlieren oder nicht mehr davon leben können und sich in mehreren Jobs aufreiben. Mein ehemals bester Freund ist mittlerweile derartig abgestürzt, dass ich ihn nicht mehr als solchen bezeichnen kann, da er von früh bis spät im Delirium und nicht ansprechbar ist. Eine "typische Karriere" vermutlich. Erst mit fast 50 die Arbeit verloren, nichts mehr gefunden, depressiv geworden und die Frau hat die Koffer gepackt, die Kinder waren ja eh schon aus dem Haus und sie haben sich nur noch gestritten. Er hat sich dann endgültig die Flasche an den Hals gehängt und ich durfte seinen Untergang live und aus nächster Nähe miterleben.

    Ich war/bin mit den Beiden befreundet und so bekam ich auch mit wie unglücklich und betroffen seine Frau war. Wir sind dann einige Male zu Gesprächskreisen der Arbeitslosenhilfe gegangen und ich war erschüttert was die Leute dort teilweise berichteten. Auch im Familienkreis gibt es immer wieder Streit wegen Arbeitslosigkeit und, ja, weil die Menschen einfach Angst haben. Mein Onkel hatte schon zwei Herzinfarkte, lässt sich aber immer wieder viel zu früh gesundschreiben und macht keine Kur, weil er Angst hat um seinen Job. Er arbeitet weiterhin viel zu viel und meine Tante weint sich dann bei mir aus und tut mir einfach nur leid.

    Ich leihe regelmäßig meinem Cousin und seiner Freundin Geld, die spätestens zum Ende des Monats einfach nicht mehr wissen wo sie es hernehmen sollen. Beide bekommen (neben ihren Niedriglohnjobs) Hartz4 (aufstockend) und haben eine kleine Tochter, auch da höre ich mir Frustberichte rund um die Arbeitssuche und die ARGE an. Eigentlich verfolgt es mich mittlerweile auf Schritt und Tritt...

    Zitat

    Ich muss immer sehr aufpassen, ich hab ne Bekannte die in der Arge arbeitet und immer "Geschichtchen" erzählt, wie dreist und frech die Antragssteller wären. Ihr eigener Mann aber hat seine Baufirma in den Dreck gefahren und seine Arbeiter am Schluss nicht mehr bezahlt. Macht ja nix! Neue Firma eröffnet, auf gottweißwemseinen Namen und die können wieder zum Skifahren, Sommerurlaub und sich einen neuen Mercedes kaufen.



    Sowas ähnliches hat mein Mann mit seinem Ex-Chef auch erlebt. Der zahlte von heute auf morgen einfach keine Löhne mehr, weigerte sich allerdings erst einmal hartnäckig Konkurs an zu melden, so dass das Konkursausfallgeld fällig geworden wäre und uns zu mindest etwas abgefedert hätte. Ich hatte zu dem Zeitpunkt auch noch nicht meinen jetzigen Job und so standen wir da wie die letzten Deppen und ohne eine müde Mark in der Tasche (es waren noch DM-Zeiten), aber der nichtzahlende Chef fuhr erst einmal in Urlaub. Da war ich kurz vor Mord, ehrlich wahr. Zum Glück wird nach drei Monaten Frist der Konkurs zwangsweise angemeldet wenn keine Zahlungen erfolgen, wenigstens war das damals so und unsere mageren Ersparnisse und das Anpumpen aller "unserer Leute", hatten uns so gerade eben über diese Durststrecke gerettet, aber es war eine wirklich beängstigende Erfahrung.

    Zitat

    Die mokiert sich aber, wenn ein HartzIV-Empfänger zu seiner Freundin nach Hamburg ziehen will...
    Und aufpassen muss ich, das ich der Frau nicht mal sage, wie mies und fies und kleingeistig sie doch ist.



    Ehrlich gesagt fände ich es gut wenn du es ihr sagen würdest. ;)

    LG

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