Schilddrüse: Ich war heute in Freiburg

  • Heute war ich in Freiburg bei einem Internisten, der sich auf Schilddrüsenerkrankungen spezialisiert hat. Ich wohne ca. 80 km von Freiburg weg und um in der Praxis nüchtern um 8.30 Uhr anzukommen, musste ich um 4.30 Uhr aufstehen und einen Zug um 5.51 Uhr nehmen *ächz*, aber es hat sich gelohnt.

    Da es sich um keinen Endokrinologen handelt, konnte ich zum Glück auf eigene Faust hingehen und die nervtötende Bettelei um eine entsprechende Überweisung blieb mir erspart.

    Beim Eintreffen musste ich in zwei Formularen sehr viele Fragen zu meiner Befindlichkeit beantworten und ich war selbst erschrocken, bei wie vielen der Fragen ich „ja“ ankreuzen musste. Im Wartezimmer bekam ich zuerst einen Schreck. An den Wänden hing BCM-Werbung. Im ersten Moment wurde ich panisch, aber dann dachte ich: „Mach’ Dich nicht verrückt. Das wird schon.“ Ich wurde dann zur Blutabnahme gebeten und kurze Zeit später holte mich der Doc persönlich im Wartezimmer ab. Er stellte sich vor und wir gingen in sein Sprechzimmer. Die Umgangsformen dieses Arztes haben mich enorm beeindruckt.

    Ich hatte gestern Abend noch alle Berichte und Befunde von meinen OPs und vorherigen Untersuchungen eingescannt und zu seiner Verfügung einen Satz davon ausgedruckt. Zudem hatte ich eine Chronologie meiner SD-Geschichte geschrieben. Er bedankte sich und lobte mich dafür und sagte mir, dass ich es ihm damit leichter machen würde, mich kennen zu lernen und meine Situation einzuschätzen.

    Sodann stellte er mir viele Fragen, das Übliche halt, familiäre Vorgeschichte, weitere Fragen zu möglichen Symptomen usw.. Er fragte mich auch, was mich am meisten einschränken würde. Ich sagte, die Müdigkeit und die häufige Antriebslosigkeit. Ich stecke voller Ideen und im Grunde auch voller Energie, aber mein Körper hindere mich daran, das umzusetzen, er bremse mich regelrecht. Ich erzählte ihm auch von den seltsamen Gewichtszunahmen der letzten anderthalb Jahre und dass mir Sport, nach dem es mich drängen würde, im Moment wahnsinnig schwer fällt. Er fragte mich dann, seit wann das so sei und bis zu welchem Gewicht ich mich denn gut gefühlt habe. Ich antwortete, dass es vor allem die letzten 20 kg sind, die mich behindern. Das hat er voll akzeptiert und später sprach er auch davon, dass wir gemeinsam dahin kommen müssten, dass ich mich wieder ganz wohl fühle und Lebensqualität habe. Das muss man sich mal vorstellen, ein Arzt, der es akzeptiert, dass man sich mit 160 kg besser fühlt als mit 180 kg. Für 99% der anderen Ärzte wäre das Pott wie Deckel und in jedem Fall völlig inakzeptabel.

    Ich erzählte ihm von meinen Internet-Recherchen, was er völlig normal und in Ordnung fand (auch mal was Neues!), und von den Irrwegen, die ich vorher schon hinter mich gebracht hatte. Er fragte mich auch, ob sich durch die bisherige Dosiserhöhung auch Besserungen eingestellt hätten. Ich erzählte ihm, dass ich früher meine Fingernägel ohne Mühe spalten und schichtweise abziehen konnte. Die seien jetzt wieder einigermaßen fest. Auch hätte ich früher immer ein Herzstolpern gespürt. Das sei verschwunden. Zudem hätte ich in dem Jahr seit der Erhöhung der Hormongaben bis zum Beginn der Menopause vor einem halben Jahr zum ersten Mal in meinem Leben meine Periode alle 28 Tage gehabt, sonst alle 19 – 24 Tage. Außerdem haben sich die Cholesterinwerte deutlich gebessert.

    Er fragte mich dann, wie ich mich ernähre. Ich sagte, wir äßen fleischarm, aber nicht fleischfrei, gerne und viel Fisch, ich würde es als gesunde Mischkost mit einer Tendenz in Richtung Vollwert bezeichnen, da die reine Vollwertkost nicht so ganz mein Ding sei. Er wollte auch wissen, ob ich regelmäßig esse. Ich antwortete, dass ich im letzten Jahr nicht sehr regelmäßig gegessen habe, aber dass mein Freund nun mittags immer nach Hause käme und ich somit gezwungen sei, zu kochen, und insofern äße ich jetzt wieder regelmäßig drei Mahlzeiten am Tag.

    Dann fing er von BCM an. Ich antwortete ihm, dass ich im Internet in der Dickenselbsthilfe tätig sei, das wohl größte Forum zu diesem Thema moderierte und dass ich Pulverernährung ablehnen würde. Ich würde großen Wert darauf legen, möglichst naturbelassene Lebensmittel zu verzehren und das vertrüge sich nicht mit Pulverernährung. Diese Antwort hat er voll akzeptiert. *hapüüü* Diese Klippe war erfolgreich umschifft.

    Ich erzählte dann noch ein bisschen von meinen Arzterlebnissen, u.a. auch den diversen Versuchen, mich ob meiner vermeintlichen Verfressenheit zur Magen-OP zu drängen, und erklärte ihm, dass ich sofort weg wäre, wenn von seiner Seite so etwas kommen würde. Er schüttelte mit dem Kopf und meinte, von sich aus würde er solch ein Thema niemals ansprechen. Wenn es von Patientenseite käme, dann würde er das mit den Patienten besprechen. Er würde ja im Gespräch und anhand der überreichten Unterlagen sehen, dass ich mich sehr ernsthaft und kompetent mit meinem Problem auseinander setze, und von daher sähe er überhaupt keinen Grund, mir so etwas vorzuschlagen.

    Wir sprachen dann über das weitere Vorgehen. Er deutete an, dass er vermutet, dass ich immer noch zu wenig Hormone erhalte und dass ich wahrscheinlich in Zukunft auch würde Selen einnehmen müssen (habe ich ohnehin schon mal eine Zeitlang gemacht). Ich soll ihn nächste Woche anrufen. Er hat eine Telefonsprechstunde. Dann besprechen wir die Befunde. Auch sonst kann ich ihn jederzeit anrufen. Ich betonte meinerseits, dass ich aber auch bereit bin, wann immer es nötig ist, nach Freiburg zu kommen, da ich sehr viel dafür tun würde, dass es mir bald besser ginge.

    Danach gingen wir dann zum Ultraschall. Diese Untersuchung ergab, man höre und staune, einen Verdacht auf Hashimoto in Bezug auf die Restschilddrüse. Allerdings muss natürlich der Laborbericht abgewartet werden. Anschließend wurde noch ein EKG gemacht und ich wurde mit Handschlag verabschiedet.

    Ich denke, ich muss Euch nicht sagen, wie ich mich gefühlt habe, als ich da raus kam. Es ist lange her, dass ich das letzte Mal bei einem Arztbesuch nicht wie Klein Doofie mit Schlappohren behandelt worden bin und anschließend innerlich kochte. Diesmal schwebte ich.

    Crassa

  • hallo crassa,
    mit tränen in den augen neidvoll schaue.
    es freut mich so für dich das du einen so tollen arzt gefunden hast.
    mal einen orden für den doc raushole.
    ich habe dich auch schon bei den schmetterlingen gesehen(ich bin dort als miezelchen unterwegs)
    kerstin schrieb diese woche das es ein kombipräpatat für hashis geben soll das auch zum abnehmen hilfreich ist.
    werde weiterhin meine ohren spitzen.


    ich weiss nicht ob ich das hier schreiben darf ???????
    ich habe ein buch gelesen (die babymilchdiät) die autorin beschrieb darin auch das BCM und als sie die zutatenliste von milupa babymilch I ihres babys gelesen hat viel ihr auch auf das die zusammensetzung fast gleich ist.
    und kostet nur ein bruchteil von BCM.
    wenn ich jetzt gegen regeln verstossen habe ...bitte löschen.
    gute besserung
    l.g.
    basko

  • Liebe Crassa, so ein Arzterlebnis gibt Dir sicher wahnsinnigen Auftrieb, dass nach der langen Odyssee endlich alles besser wird. Bin erstaunt, wie diskussionsfreudig er war, auf Deine Einwände einging und das Engagement zur Recherche bei seinen Patienten nicht gleich als typsiche Hysterie von Hypochondern abstempelt.
    Herzlichen Glückwunsch zum "Glücksgriff" in Sachen Mediziner.
    Nach allem, was man sonst meistens hier im Forum zu lesen bekommt, halte ich inzwischen fast 95% der Ärzte für bekloppte Spinner, die ihren Diätwahn auf ihre Patienten übertragen wollen. Die restlichen 5% sind Glücksgriffe, die auf jeden Fall verstärkt publik gemacht werden müssen, um den anderen Forennutzern ein positiveres Bild zu geben.

  • @ Crassa: Herzlichen Glückwunsch! Es freut mich, sicherlich mehr als du dir vorstellen kannst, daß du nach deiner (zu) langen Reise durch die deutsche Ärztelandschaft scheinbar bei einem Arzt mit Herz und Verstand angekommen bist. Ich hoffe, daß der erste Eindruck sich bestätigt!!

    Ansonsten kann ich mich nur Kampfzwerg anschließen. Nach den Postings zu urteilen, die auch ich hier gelesen habe, kann man eigentlich nur noch annehmen, daß ein großer Teil unseres Ärztepersonals dringend selber mal zum Arzt oder besser gleich in die Nervenheilanstalt müßte. Das hat selbst mich als "harten Kerl" manchmal sehr erschüttert und betroffen gemacht. Manche Dinge die ich hier laß hätte ich vorher für unmöglich gehalten. Um so besser das es anscheinend doch Ausnahmen gibt.

    Möge deine Odyssee beendet sein, gleich hier und jetzt!


    Herzlichen Gruß von

    Roland Deshain von Gilead, aus der Linie des Eld

  • Crassa,


    das scheint ja super gelaufen zu sein!


    Warum ist es nur so schwierig, kompetente Ärzte zu finden - das frage ich mich auch immer.


    Ich habe am Dienstag wieder einen Termin beim Endokrinologen, mal sehen was die Laborergebnisse so sprechen ;)


    Ach ja bei mir ist auch ein Verdacht auf Hashimoto, schon rein von der Größe und Beschaffenheit der Schilddrüse her. Und die familiäre Vorbelastung mit Autoimmunkrankheiten.


    Hoffentlich bekommst Du nun eine ordentliche Behandlung. Für mich hoffe ich natürlich das Gleiche ;)


    Gruß


    Ulrike

  • Hallo Crassa,


    ich wünsch dir viel Glück mit dem neuen Arzt. Würde mich interessieren, wie du gerade auf ihn gekommen bist oder war das einfach nur ein Versuch mehr ?
    Es gibt sie doch noch - die verständnisvollen Ärzte :)

  • Ich danke Euch für Eure guten Wünsche. Ich bin immer noch ganz beflügelt von gestern.

    Liebe Ulrike, Basko und alle anderen, die auch betroffen sind,
    Ihr werdet ganz bestimmt auch einen Arzt finden, der zu Euch passt. Ich drücke Euch ganz doll die Daumen, dass sich alle Knoten bald lösen.

    Liebe gittal,
    wie bin ich an den dran gekommen? Mein Freund war, als ich noch nicht hier wohnte, schon mit einem Psychiater befreundet. Als ich letztes Jahr anfing, mich mit diesem Thema intensiver zu beschäftigen, hat mich mein Freund dahin geschleppt, weil er hören wollte, was der so über meinen Verdacht, dass ich falsch behandelt wurde, dachte. Er gibt sehr viel auf die Meinung dieses Arztes (ich inzwischen übrigens auch ;-). Der hat mir damals schon von diesem Arzt erzählt. Eine Freundin seiner Frau seit dort gewesen. Und der habe ihr so sehr geholfen.

    Ein paar Monate später bin ich ja Hals über Kopf hier runter gezogen. Zuerst habe ich dann mal zwei Ärzte hier in der Nähe ausprobiert. Aber jedesmal endete es damit, dass man mich zur Magen-OP drängen wollte.

    Inzwischen arbeite ich als selbstständige Sekretärin (Miet-Tippse, wie mein Freund das immer so charmant formuliert) für diesen Psychiater und wir sind mit der ganzen Familie befreundet. So habe ich denn auch die Freundin kennengelernt und mir von ihr dann schließlich vor ein paar Wochen die Adresse des Arztes geben lassen.

    So war das!

    Crassa

  • Hallo Crassa!


    Freut mich total für dich, das du so einen tollen Arzt gefunden hast :) .
    Ich nehme für den ein oder anderen Arzt auch schon mal ne Strecke von 250 km (nur für den Hinweg!) in Kauf. Auch ich weiß, das ein guter Arzt/Ärztin Gold wert ist.
    Falls jemand aus meiner Ecke kommt (Raum Koblenz), kann ich auch mit einem sehr guten Endokrinologen dienen ;) .
    Er hat sich auch für mich super viel Zeit genommen und als er nach meiner Größe und Gewicht fragte habe ich schon geschluckt, aber es kam kein doofer Spruch von wegen abnehmen. Er lächelte mich aufmunternd an und meinte, das wir schon den Grund finden würden.
    Und er hat eine Ursache gefunden! Meine Schilddrüsenwerte sind zu niedrig und noch einige andere Hormone sind nicht so wie sie sein sollten.
    Anfang November muss ich wieder hin und hoffe, das die Werte nicht schlechter geworden sind, denn dann muss ich Medis nehmen und da bin ich nicht besonders scharf drauf.
    Diesen Arzt kann ich aber echt nur empfehlen.

    Ganz liebe Grüße, Puhbärchen

    P.S. Ich hoffe das du dich auch bei weiteren Arztbesuchen wohlfühlst und ihm lange "treu bleiben" wirst ;)

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