Beiträge von Rieke

    Zitat von Sweetheart

    Wenn man einem Kind durch eine gesunde Ernährung all die Konsequenzen ersparen kann, die aus Übergewicht resultieren, dann sollte man dies auch tun und versuchen, möglichst viele Menschen damit anzusprechen.

    Angesichts der flächendeckenden Erfolglosigkeit von Diäten, Ernährungsberatung und Ernährungsumstellung stellt sich aber die Frage, ob man Kindern durch die aktuell als gesund geltende Ernährung irgend etwas ersparen kann. Zumal sich die Empfehlungen ja erfahrungsgemäß in kurzen Zeitabständen nicht nur ändern, sondern gar ins Gegenteil verkehren. Und dann: Ist das Übergewicht bei den gezeigten Kindern überhaupt ernährungsbedingt? Ist es das bei den anzusprechenden Zuschauern auch? Und sofern die TV-Maßnahme bei den gezeigten Familien Wirkung zeigt: Lag's an der Ernährung, am Druck (der Öffentlichkeit) oder an den begleitenden psychosozialen Maßnahmen? Und wie lange hält die Wirkung an?

    Hallo Shiranui,

    wenn du nur behauptest, dass Übergewicht ein Risiko haben kann, liegst du richtig. Das hat niemand hier "bekämpft". Aber daraus abzuleiten, dass es okay von Ärzten sei, Übergewichtigen einfach mal so zum Abnehmen zu raten, finde ich ziemlich gewagt.

    Zitat von Shiranui

    Nochmal, ein Arzt sagt dir, was für dich gefährdend ist. Das ist Übergewicht nunmal und ich spiele da nur (um der Ursprungsaussage des Threads mal wieder Aufmerksamkeit zu widmen) darauf an, dass man immer wieder darauf von Ärzten angesprochen wird. Wenn du rauchst, wird dich der Arzt auch immer wieder fragen, ob du viel rauchst. Und nur weil einem ein Arzt sagt, dass man abnehmen sollte, ist das doch nicht schlimm.

    Leider ist es genau so, wie du es beschreibst: Eine Vielzahl von Ärzten sagt exakt in dieser Pauschalität, dass Überwicht gefährdend sei und man demzufolge abnehmen müsse. Leider macht diese Pauschalität aus der wahren Aussage, dass Übergewicht einer bestimmten Größenordnung in bestimmten Fällen mit bestimmten gesundheitlichen Problemen assoziiert sein kann, eine simple Falschaussage. Bei dem *entschuldige* idiotischen Vergleich mit dem Rauchen frage ich mich allerdings, ob du dich bei dem, was du über Übergewicht gelernt und gelesen hast, jemals gefragt hast, warum und bei welchen Konstellationen Übergewicht schädlich sein soll.

    Zitat von Shiranui

    Aber wenn jemand bestreitet, dass Adipositas = unmöglich mit Herzinfarkt, Hypertonie usw. zusammenhängen kann und das dann auf lügenhafte Studien zurückschiebt, stimmt das einfach nicht.

    Das hat hier niemand getan. Ich finde, dass ich mich um eine differenzierte Betrachtung bemüht habe - schade, dass du es nur als Leugnen und Verteufeln auffasst. Es ist eine komplexe Problematik, die weit über "wahr" und "unwahr" hinausgeht, umfasst sie doch u.a. die wiederum komplexen Bereiche der

    • Bedeutung von Überwicht (als Risikofaktor)
    • Entstehung von Übergewicht
    • Reduktion von Übergewicht
    • Organisation und des Umfangs eines Medizinstudiums
    • Statistik und Aussagekraft statistischer Studien
    • Abhängigkeit oder Unabhängigkeit medizinischer und pharmakologischer Forschung
    • Interessen und Lehrmeinungen der Forschenden
    • Alterung von Wissen...
    Zitat von Shiranui

    Ich denke auch, wenn es um Diäten geht, muss jeder seinen Weg finden, womit er am besten klar kommt. Und wenn sich jemand gesundheitlich schädigt, dann aber auch nur, weil er sich damit selbst überfordert. Ich sagte ja schon, man wird nicht dazu gezwungen. Wenn einem ein Arzt einen idiotischen Tipp gibt, dann sollte man ihn wechseln.

    Das finde ich überfordernd. Woran erkenne ich denn (von haarsträubenden Extremen vielleicht abgesehen) einen "idiotischen Tipp"? Und wie finde ich ohne ärztliche Hilfe eine funktionierende Diät? Kann ich mich nun auf Ärzte im allgemeinen verlassen oder nicht? FdH ist nur dann nicht radikal, wenn ich mich vorher regelrecht mäste (wovon der Arzt anscheinend ausging). Ansonsten spiegelt FdH nur das nächste Vorurteil wieder, dass nämlich alle Dicken nur durch extremes Überessen dick geworden sind. Das (nicht ganz korrekte) Energiebilanzmodell lässt grüßen! So gesehen, ist jeder Tipp, abzunehmen, idiotisch, sofern es dabei nicht um eine konkrete Diagnose bzw. einen konkreten, im Einzelfall relevanten Risikofaktor geht - womit wir wieder beim ursprünglichen Thema des Threads wären.

    Zitat von Shiranui

    Mit Studien habe ich also kein bisschen angefangen und auf Studien stützen sich meine Aussagen auch nicht.

    Stimmt leider. Meines Erachtens hast du dich darauf beschränkt, anderen zum Vorwurf zu machen, dass sie Studien in Zweifel ziehen. Warum eigentlich?

    LG, Rieke

    Zitat von Shiranui

    Also mal ehrlich, glaubst du nicht, dass einem Dicken bis zu 70 oder 80 % der Menschheit automatisch zum Abnehmen raten würden, wenn dieser um einen gesundheitlichen Rat bitten würde?

    Womöglich würden das sogar über 90 % raten, deshalb fragt man ja nicht irgendjemanden um Rat, sondern einen Fachmann, also Arzt. Und dessen Kenntnisse sollten schon deutlich über Allgemeinplätze, Idealvorstellungen und Vorurteile hinausgehen.

    Zitat von Shiranui

    Wenn das gesamte Idealbild unserer Gesellschaft aus schlanken Menschen mit schönen Körpern und ohne Makel besteht, dann passen wir nun mal nicht in dieses Muster und somit sind wir nicht dem Ideal entsprechend. Reflexartig würden also fast alle sagen, dass man diesem Ideal nacheifern soll. Das hat dann auch kaum noch was mit Studien zu tun (Studien sind übrigens schwere Arbeit und diese Leute denken sich auch was dabei - also bitte nicht Studien allgemein in den Dreck ziehen). Das hat was mit Menschlichkeit zu tun. Wäre es nicht so, würde es kein Idealbild geben. Wir sind eine Gesellschaft und die schreibt uns vor, was wir zu tun und zu lassen und auch zu sein haben.

    Gerade weil es solche übermächtigen Idealvorstellungen gibt, wäre es die Aufgabe von Experten unterschiedlicher Fachrichtungen (Ärzte, Psychologen, Ernährungswissenschaftler z.B.), sich davon abzugrenzen und die Notwendigkeit, gesundheitliche Unbedenklichkeit und Umsetzbarkeit solcher am (Mode-)Ideal orientierter Vorstellungen zu hinterfragen. Erfolgreiche Models (die dem Ideal am ehesten entsprechen) unterschreiten auf den ersten Blick erkennbar den als (ein) diagnostisches Kriterium für Anorexie geltenden BMI. Laut WHO sind sie unterernährt. Verantwortungsvolle Menschen (und Ärzte) können das nicht gutheißen und auch noch unterstützen. Und der nächste Punkt: Selbst wenn es am anderen Ende der Skala definitiv für die meisten Dicken medizinisch notwendig wäre, abzunehmen, wie sieht es denn mit der Umsetzbarkeit aus? Doch bescheiden, um nicht zu sagen katastrophal. Kann und darf ein Arzt dann auf Maßnahmen drängen, die in den meisten Fällen nicht erfolgreich durchführbar sind? Richtet er dann nicht - zu vielleicht unvermeidlichen gesundheitlichen Problemen - vermeidbare psychische Schäden an, ganz abgesehen von den unerwünschten Nebenwirkungen jedweder Diät?

    Zitat von Shiranui

    Studien sind übrigens schwere Arbeit und diese Leute denken sich auch was dabei - also bitte nicht Studien allgemein in den Dreck ziehen

    Ich finde nicht, dass ich das getan hätte. Aber ich weiß um die Manipulierbarkeit von Studien und um die Manipulationsmöglichkeiten, die sich noch in der Verkündung der Ergebnisse bieten. Da werden Medikamente (so z.B. ein neues Eisenpräparat) nach einer Studie als 100 % wirksam und verträglich ausgelobt, was auch stimmte - die Studie war korrekt. Leider umfasste sie nur drei (!) Versuchspersonen und hatte damit keinerlei Aussagekraft. Studien sind in der Tat mit viel Arbeit verbunden - v.a. für diejenigen, die die Daten sammeln. Umso schlimmer, wenn dann bereits beim Studiendesign geschlampt wird. Da das Ganze auch noch teuer ist, sollte aber doch was dabei rumkommen. Dass da ausschließlich ergebnisoffen und erkenntnisstrebend geforscht wird, ist mitunter (nicht immer, nicht einmal meistens) eine romantische Vorstellung. Und selbst wenn das alles supertoll und korrekt gelaufen ist, müssen aus den Ergebnissen immer noch Schlüsse gezogen werden, aus denen wiederum ggf. Handlungsanweisungen abzuleiten sind. Da setzt gerne ein ungünstiger Vereinfachungsprozess ein. An dessen Ende steht dann nicht z.B. "Adipöse mit BMI > x, Blutdruck von y, Fettverteilung z und was auch immer haben ein erhöhtes Risiko für eine bestimmte Krankheit und sollten deshalb ihren BMI um soundsoviel Punkte verringern", sondern "Dicke müssen abnehmen."

    Zitat

    For those of you who watch what you eat, here's the final word on nutrition and health. It's a relief to know the truth after all those conflicting medical studies:

    1. The Japanese eat very little fat and suffer fewer heart attacks than the Americans, Australians, British, or Canadians.
    2. The Mexicans eat a lot of fat and also suffer fewer heart attacks than the Americans, Australians, British, or Canadians.
    3. The Japanese drink very little red wine and suffer fewer heart attacks than the Americans, Australians, British, or Canadians.
    4. The Italians drink large amounts of red wine and also suffer fewer heart attacks than the Americans, Australians, British, or Canadians.
    5. The Germans drink a lot of beer and eat lots of sausages and fats and suffer fewer heart attacks than the Americans,Australians, British, or Canadians.
    6. Ukrainians drink a lot of vodka, eat a lot of perogies, cabbage rolls and suffer fewer heart attacks than the Americans, Australians, British, or Canadians.

    CONCLUSION: Eat and drink what you like. Speaking English is apparently what kills you.

    Quelle: http://www.mohanjava.com/jokes.php?112

    Hm, trau keiner Statistik, die du nicht selbst gefälscht hast... Das gilt leider auch für Lehrbücher. Und für medizinische Studien gilt, dass man sich mit Statistik auskennen muss, um sie interpretieren und bewerten zu können. Und es ist so, wie MeiersJulchen es beschrieben hat: Statistik ist im Medizinstudium eher unterbelichtet. Das wird sich wohl auch generell nicht ändern lassen - das Studium ist eh schon arg umfangreich. Problem: Nicht jeder Patient weiß, dass sein Arzt die Ergebnisse ihm vorliegender Studien möglicherweise glauben muss, weil er nicht in der Lage ist, die Methodik zu hinterfragen.

    Zitat von Shiranui

    Mit Risikofaktor ist ja auch nicht gesagt, dass es so ist - es besteht nur ein erhöhtes RISIKO (und DAS ist Fakt, dass das gegeben ist).

    Fakt ist leider nur, dass es Studien gibt, denen zufolge Adipositas einen Risikofaktor für diverse Erkrankungen darstellt. Nicht selten wird dabei voreilig aus einer Korrelation ein kausaler Zusammenhang gestrickt. Fakt ist aber auch, dass es ebenso Studien gibt, die das Gegenteil ergeben. Mitunter ergeben dieselben Studien - je nach Verwendung und Interpretation der Daten - mal das eine, mal das gegenteilige Resultat.

    Zitat von Shiranui

    Entschuldige, aber damit könnte man ausholen und sagen "alles, was einem selbst nicht als wahr bewiesen wird, muss nicht stimmen".

    Ja, im Prinzip schon. Wenn man ein Problem hat, für das die Allgemeinheit oder die Ärzteschaft üblicherweise sehr einfache Antworten hat, ohne dass das Problem aber flächendeckend gelöst ist, ist man mit einer derart kritischen Haltung gut beraten. Siehe oben: Trau keiner Statistik... Das ist aber auch das Problem: Es ist keinem Laien zumutbar, erstmal die medizinische Fachliteratur zu wälzen und sich fundierte Statistikkenntnisse anzueignen, um dann auch noch die einschlägigen Studien nachzurecherchieren. Nun ist das Wälzen der Fachliteratur Aufgabe des Arztes, und eigentlich sollte er sich auf das verlassen können, was da steht. Genau das kann er aber nicht, denn die zugehörige Forschung ist weder politisch noch wirtschaftlich unabhängig. Abgesehen davon geben Fachbücher nicht die Wahrheit wieder, sondern die aktuell herrschende Lehrmeinung - untermauert durch Studien. Da gilt für alle Wissenschaften: "Unsere Erkenntnisse von heute sind die Irrtümer von morgen!"

    Ich glaube nicht, dass es hier darum geht, Ärzte per se schlecht zu machen. Ich glaube auch, dass die Schwierigkeiten mit vielen Ärzten - neben einigen sozial inkompetenten Exemplaren - eher systembedingt sind. Zwar kann und sollte man von einem Arzt regelmäßige Fortbildungen erwarten, jedoch m.E. nicht, dass er neben seiner praktischen Tätigkeit permanent Studien auf ihre wissenschaftliche Tauglichkeit überprüft. So lange dort aber immer wieder zu lesen ist, dass Adipositas für sich genommen das Problem sei, werden Ärzte weiterhin reflexartig zum Abnehmen raten, egal welche Beschwerden ihre adipösen Patienten haben und welcher Ursache die Beschwerden sind. Ganz idiotisch wird es dann, wenn sogar - wie unlängst hier berichtet - dringendst zur Magen-OP geraten wird, obwohl keine Beschwerden bestehen und die Blutwerte alle in Ordnung sind.

    Hallo Andreas,

    da sieht man mal, was dabei herauskommt, wenn jemand unter einer Zwangsbefürchtung leidet ("Wenn ich nicht aufpasse, gehe ich auseinander wie ein Hefeteig.") und mit den Gesetzen der Logik nicht vertraut ist... :rolleyes:

    Aber in gewisser Weise hat sie Recht: Wer als durchschnittlich veranlagter Mensch und ganz besonders als Frau nicht darüber jammern möchte, dem gängigen Ideal nicht zu entsprechen, muss sich entweder irgendwann mit der nächsthöheren Konfektionsgröße anfreunden oder sich lebenslang restriktiv ernähren. Letzteres kann man m.E. mit der Entwicklung einer subklinischen Essstörung gleichsetzen.

    Ich persönlich habe mein Gewicht im Alter zwischen 16 und 25 Jahren stabil um 53-57 kg bei 1,62 m Körpergröße gehalten - ohne Diät, ohne "aufzupassen". Dann habe ich schubweise stark zugenommen, allerdings ohne Veränderung meiner Ernährungsgewohnheiten. Und ebenso ohne Veränderung meiner Ernährungs- und Sportgewohnheiten ging mein Gewicht zwischendurch mal wieder runter. Ich mache da hauptsächlich meine jeweilige psychische Verfassung mit ihren Folgen für den Hormonhaushalt verantwortlich - letzten Endes also gesundheitliche Faktoren.

    Zitat von AndreasFA

    Jetzt möchte mich alle die hier fragen, die nicht durch Schwangerschaft oder gesundheitliche Probleme zugenommen haben, ob das tatsächlich so war, daß einfach die ersten Anzeichen ignoriert wurden, wie sie es so schön formuliert hat. Ich denke doch, daß die "Figurbewußten" spätestens ab der nächsten Kleidergröße zumindest versucht haben, abzunehmen.

    Das denke ich auch, und eben diese Abspeckversuche werden die Grundlage des weiteren Übergewichts sein. Ich kann mir außerdem vorstellen, dass besagte Sportfanatikerin meine damaligen 53-57 kg schon als "erste Anzeichen" gewertet hätte. Heute kenne ich jedenfalls 25-Jährige, die bei vergleichbaren Maßen ernsthaft über eine Fettabsaugung nachdenken.

    LG, Rieke

    Im Psychologiestudium habe ich mal gelernt, dass die Diagnose einer Krankheit erst erfolgen kann, wenn der Patient subjektiv Beschwerden äußert oder Einschränkungen objektivierbar sind (bei Psycho-Diagnosen nicht immer der Fall). Alles andere ist ein Eingriff in die Persönlichkeitsrechte des Patienten. Ich persönlich sehe das bei der Adipositas-Diagnose ähnlich. Nun ist das Gewicht messbar und damit objektivierbar, aber ob und wie sehr es auch einschränkend oder schädlich sein kann, ist doch sehr einzelfallabhängig, der BMI von 25 als Grenze zwischen "normal" und "dick" darüber hinaus willkürlich. Und die Mühe einer Differentialdiagnose scheint sich der ein oder andere Arzt im festen Vertrauen in seine Vorurteile dann zu sparen. Naja, auch Ärzte sind Menschen und demzufolge gegen Medien und Werbung nicht immun - das erklärt die nicht hinterfragten Vorurteile.

    Zitat von Cailly

    7. Warum sind viele Ärzte so unsensibel?
    Weil sie das so in ihrer Ausbildung lernen, sensibilität ist in dieser Branche nicht "gefragt", die "sensiblen Ärzte" habens doppelt so schwer während der Ausbildung.

    Ich glaube weniger, weil Sensibilität nicht gefragt ist, sondern weil sie bei der Ausbildung tatsächlich im Weg ist. Das Studium und vor allem der Praxisschock sind per se überfordernd - zeitlich und auch was die zu tragende Verantwortung betrifft. Da muss man fast schon die Patienten als "die anderen" wahrnehmen, die etwas haben, was man selbst nie bekommen wird. Und je mehr man glaubt, sich vom anderen zu unterscheiden, umso weniger Empathie kann man aufbringen.

    Egal, wie sie gemacht sind, ich ärgere mich tierisch über solche Sendungen. Ganz besonders, wenn Ärzte und Psychologen sich dazu hergeben, der Sache Seriosität zu verleihen. Dabei vermitteln ausnahmslos alle Life-Coaching-Sendungen den Eindruck, als bedürfe es nur des richtigen Anstoßes, um jedwedes Problem (sei es Übergewicht oder psychisch oder was auch immer) zu lösen. Natürlich haben die Begleitung durch ein Kamerateam und die 1:1-Betreuung durch "Experten" motivierende und sicher auch positive Effekte. Viel mehr aber nicht. Schon gar nicht ist das Ganze auf ebenfalls betroffene Zuschauer übertragbar...

    Ich hab' mir mal die Homepage des beteiligten "Ernährungsmediziners" angeschaut. Irgendwie macht der nur Beratung und Vorsorgeuntersuchungen. Wenn man krank ist, geht man wohl besser zu einem Kollegen. Interessanterweise beziehen sich seine eigenen Publikationen (nach der Dissertation jedenfalls) nur noch auf die Behandlung von Adipositas (was ja für sich keine Krankheit ist) und - man lese und staune - auf medizin-ökonomische Themen. Geniale Kombination von Interessensgebieten, honi soit qui mal y pense. :rolleyes:

    Nebenbei bemerkt: Der stellt da u.a. ein Hauptgericht mit 95 Kcal pro Portion vor. Äh - auch Pro-Ana-Gerichte sollen schmecken oder was?

    Zitat von Gloriaviktoria

    Ansonsten fand ich seine Bücher erfrischend frei von "essen Sie dies, aber nur um die Uhrzeit und in Kombination mit jenem und bitte nur in der und der Menge, es sei denn, Sie essen noch das mindestens zwei Stunden vorher und gleichen das Ganze mit einer gehörigen Portion Sport aus". :D


    Das sehe ich ähnlich. Überhaupt bin ich durch o.g. Sendung auf dieses Forum aufmerksam geworden. Vorher hatte ich gerade meinen definitiv letzten Diätversuch (Glyxdiät) wegen sich widersprechender Diätvorschriften gecancelt: Ein Tagesdiätplan mit (unter) 1100 Kcal ist mit der Vorschrift "Sie dürfen aber keinen Hunger haben" nunmal nicht vereinbar :rolleyes: ... Außerdem hatte ich das Buch der Frädrich-besser essen-Kollegin gelesen (und empört wieder zurückgeschickt) und mir deren Homepage (mit Forum) angeschaut. UNFASSBAR :eek: !!! Da würden Essstörungen gezüchtet, jedenfalls wenn die Mehrheit der User diese nicht offensichtlich schon längst hätte. Wenn ich das Buch noch hätte, würde ich die von Gloriaviktoria "zitierte" Stelle bestimmt wortwörtlich wiederfinden...

    Zitat von Morla

    Der Diskussionspunkt: Warum jemand dick ist, oder warum jemand viel isst, rückt mir zu sehr in den Hintergrund.


    Solange nicht bewiesen ist, dass

    1. Dicke die Volkswirtschaft (vermeidbar) schädigen
    2. Dicke durch viel essen und/oder (zu) wenig Bewegung dick geworden sind (alle oder wenigstens die meisten)
    3. Dicksein die Krankheit und nicht nur (bestenfalls) ein Symptom ist und
    4. Übergewicht allein ein Gesundheitsrisiko darstellt,

    finde ich jede Diskussion über ein äußerliches Merkmal diskriminierend und was die Zielsetzung der Kampagne angeht, einfach nur aktionistisch. Tatsächlich sind die aufgeführten Punkte eher widerlegt denn überhaupt beweisbar. Bis auf Punkt 1 vielleicht: Eine Schädigung der Volkswirtschaft ließe sich wohl vermeiden, würde man auf ständige Diätaufrufe verzichten. Schließlich sind Diäten in vielerlei Hinsicht gesundheitsgefährdend und ein wesentlicher Faktor der Gewichtszunahme.

    Mit der gleichen Berechtigung könnte man eine Kampagne "brünett statt blöd" starten und die Anzahl blonder Kinder in Deutschland für das schlechte Abschneiden bei der Pisa-Studie verantwortlich machen.

    Zitat von Morla

    Ich fände wichtig, die Psyche der Kinder zu unterstützen, ordentliche mediz. Untersuchungen zu machen, und in Elternhaus und Schule
    Toleranz und Hifsbereitschaft statt Ausgrenzung und Resignation zu lehren.


    Ja, das wäre schön. Aber jede Kampagne, die Dicke in den Mittelpunkt stellt, weil sie dick sind, und dies für änderungsbedürftig hält, kann nur ausgrenzen. Und es ist besonders fies, weil jeder, der (noch) nicht dick ist, befürchten muss, bald selbst zur diskriminierten Gruppe zu gehören, wenn er sich nicht brav an die ausgegebenen Parolen hält.

    Hey, danke für die schnellen Reaktionen!

    Also bevor ich was esse, trinke ich was - ganz natürlich, meinen Bedürfnissen folgend. Ich habe auch weder "ungezielten" Hunger noch Heißhunger oder Fressattacken. Wahrscheinlich habe ich noch nicht genügend Diäten gemacht, um meine Körpersignale nachhaltig außer Gefecht zu setzen. :)

    Ich trinke normalerweise 3-4 Tassen Kaffee pro Tag, ansonsten fast ausschließlich Wasser (Mineralwasser und/oder Leitungswasser), gelegentlich Saftschorlen - das ganze über den Tag verteilt. Kann auch sein, dass ich im Durchschnitt auf ca. 2 Liter pro Tag komme, aber mehr sind es nur bei willentlicher Anstrengung. Ich muss dazu sagen, dass ich auch Milch, Joghurt und Quark sowie Obst zu mir nehme, was ich da nicht einrechne. Wenn ich versuche, mich an den gängigen Empfehlungen zu orientieren, bekommt das Trinken für mich zwanghafte Aspekte, zusätzlich zu der Nebenwirkung, dauernd "zu müssen". Das gefällt mir nicht, zumal ich die Notwendigkeit nicht in Form irgendwelcher Beschwerden spüre. Ich bin im Großen und Ganzen gesund, habe keinerlei Verdauungsbeschwerden und fühle mich kein Stück besser, wenn ich im Wortsinne über meinen Durst trinke - eigentlich klare Körpersignale.

    In letzter Zeit habe ich einfach einige scheinbare Ernährungsfakten kritisch überprüft, dabei so manche Überraschung und in deren Folge erhebliche "Gewissenserleichterungen" erlebt. Daher interessiert es mich, woher die Empfehlungen zum Trinken kommen und wie gesichert sie sind. Vor allem deshalb, weil ja einige Empfehlungen besagen, dass man beim Trinken dem eigenen Empfinden angeblich nicht trauen kann.

    @ Gloriaviktoria:
    Nein, ich wache nachts auf, weil ich aufs Klo muss - wenn ich mich an die empfohlene Flüssigkeitsmenge gehalten habe. Angeblich ließe sich das durch noch mehr zwanghafte Maßnahmen verhindern, indem man nämlich die gesamte Menge bis 17 oder meinetwegen 19 Uhr getrunken hat. Das ist mir zu viel und zu stressig...

    Hi zusammen,

    weiß irgendjemand, ob die omnipräsenten Empfehlungen zur täglichen Flüssigkeitszufuhr auf fundierten Erkenntnissen basieren oder auch wieder nur aus der Luft gegriffene Ratschläge sind?

    Ich lese immer wieder was von (mindestens) 30 ml Flüssigkeitszufuhr (über den Flüssigkeitsanteil der Nahrung hinaus) pro kg tatsächlichem Körpergewicht. Von ärztlicher Seite habe ich auch schon die Zahl 35-45 ml pro kg "Normalgewicht" (orieniert an der Körpergröße) gehört. Dann wieder 1,5-2 Liter pro Tag oder auch schon mal 3 Liter. Wer viel Sport treibt, muss sich wohl entscheiden, ob er die Zeit zum Trainieren oder Trinken nutzen möchte. ;) Und: Man "dürfe" keinen Durst verspüren, dann sei es schon fast zu spät. Wobei sich natürlich die Frage stellt, wozu das Körpersignal Durst denn dann gut sein soll...

    Wie auch immer, 1,5 Liter schaff' ich locker, wenn ich trinke, sobald ich milden Durst verspüre. 2 Liter sind für mich nicht mehr so selbstverständlich, es sei denn, es ist sehr heiß oder ich treibe Sport. Und (deutlich) mehr bedeutet, dass ich Unternehmungen außer Haus anhand von Toiletten-Standorten planen muss. Das nervt und kann doch nicht im Sinne des Erfinders sein. Oder?

    Der Mythos, dass man Kaffee nicht zur Flüssigkeitsmenge dazurechnen dürfe, ist ja nun vom Tisch. Aber wie steht's mit den anderen Angaben - Mythen oder Fakten?

    LG, Rieke

    Zitat von janica

    Da hab ich mal ne Frage: Gibt's eigentlich ne erbliche Veranlagung zu Schilddrüsenproblemen? Also Über- oder Unterfunktionen? Ich hab seit ein paar Tagen tierisch hohen Blutdruck - womit ich noch nie Probleme hatte (eher mit zu niedrigem Blutrduck....) - und soll mir jetzt mal meine SD untersuchen lassen....ich weiss, dass meinen Oma und meinen Mama SD-Probs haben (was genau, weiss ich allerdings gerade nicht.....) und mach mir da gerade Gedanken zu....



    Ja, gibt's. Und außer einer reinen Über- oder Unterfunktion sowie einer Ultraschalluntersuchung der SD sollten auch Antikörper untersucht werden, um z.B. eine Hashimoto-Thyreoiditis, eine autoimmune Schilddrüsenentzündung, auszuschließen bzw. ggf. adäquat (!) zu behandeln. Die ist nämlich gar nicht so selten und geht häufig mit sehr untypischen Symptomen einher und, wenn's dumm läuft, mit diversen anderen Erkrankungen und Problemen (Zöliakie, Diabetes, Unfruchtbarkeit etc.). Wenn mit der Schilddrüse was unklar ist, würde ich mich nach meinen Erfahrungen nicht mehr auf den Kenntnisstand des gemeinen Hausarztes bzw. Internisten verlassen, sondern unbedingt einen Endokrinologen aufsuchen.

    Zitat von Lost Dream

    hab mich einfach mal mehrere monate an die light gewöhnt (hatte damals panische angst vor löchern in den zähnen) und seither trink ich gerne light!


    Ähm, du weißt aber schon, dass Cola light (ebenso wie normale Cola) Säuerungsmittel enthält, die auch ohne Zucker zahnschädigend wirken?

    Zitat von Pratox

    Einzig lustige finde ich, dass zwar die Kampange hier verteufelt wird, im selben Thread aber andauernd das Wort Gesundeernährung auftaucht und das man aufklären muss, damit man weis was Gesundeernährung ist, denn ohne das wissen würde man sich vollstopfen bis zum umfallen. Hab ihr vielleicht mal daran gedaccht das ihr alle völlig falsch liegt, das das Wissen um die ERnährung das Problem ist?



    Das ist es ja, und das finde ich überhaupt nicht lustig. Es zeigt das Ausmaß der Indoktrination. Da wird etwas durch stetige Wiederholungen zum wissenschaftlichen Fakt erhoben, was nicht nur nicht gesichert, sondern sogar falsch ist - jedenfalls so pauschal. Folge: Jeder Normabweichler fühlt sich bemüßigt nachzuweisen, dass er nicht frisst wie ein Scheunendrescher, sich genügend bewegt und McD nur von draußen kennt. Gefolgt von dem Seelenstriptease, Wildfremden nun etwas von der eigenen, übergewichtverursachenden Krankheitsgeschichte (sofern vorhanden bzw. bekannt) erzählen zu müssen, um so dem Vorurteil "dick = faul und gefräßig" zu entgehen - natürlich nicht ohne zu erwähnen, dass die eigene Krankheit keine Entschuldigung/Ausrede für gelegentliche Ernährungssünden oder gar für das Gesamterscheinungsbild sein soll. Der vorhandene Rechtfertigungsdruck erhöht sich, und die Bevölkerung wird statt mit verbrieftem Wissen (zu Ernährung bzw. zu Übergewicht) mit Vorurteilen gefüttert. In Ermangelung wissenschaftlicher Kenntnisse darüber, was denn nun wirklich gesund sei, kein Wunder. Aber bei wie vielen Dicken (und solchen, die einfach nur fürchten, evtl. dick zu werden) wird eine flächendeckende Propaganda dazu führen, dass wieder einmal die Hoffnung über die Erfahrung triumphiert und die nächste Diät (getarnt als gesunde Ernährungsumstellung) begonnen wird?

    @ Goldfisch:
    Natürlich können Tiere auch Übergewicht bekommen. Aber sie bekommen es - auch bei freier Nahrungsauswahl - nicht alle, nicht einmal die Mehrheit. Es ist sogar gar nicht so einfach, Schlachtvieh zu mästen. Das mit der Energiebilanz ist es eben nicht.

    Zitat von goldfisch

    Und es gibt doch einen relativen Konsens darüber, was ungesund ist : mit Chemie und anderen Kram angereicherte Diätnahrungsmittel und Crashdiäten.
    Oder?


    Konsens ja, aber was heißt das schon? Dass umgekehrt eine Diät gesund ist, wenn sie keine Crashdiät ist oder ohne spezielle Nahrungsmittel auskommt? Sind Diätnahrungsmittel per se ungesund oder sind sie nur nicht zielführend im Sinne einer Gewichtsabnahme? Ist ungesund = schädlich, lebensverkürzend oder sind wir schon so weit, ungesund mit "nicht dauerhaft schlank machend" gleichzusetzen?

    Zitat von ela42


    bei den kids finde ich sollte man schon darauf achten das sie sich mehr bewegen und nicht soviel fast food und süßes essen denn wenn ich mansche kids sehe,dann sage ich oh ha die sehen ja so aus wie ich .



    Interessanterweise essen fast ausnahmslos alle Kinder Fast Food und Süßes, sofern sie nicht bereits unter Anorexie leiden oder wegen sonstiger Gebrechen auf Diät gesetzt wurden. Trotzdem sind die übergewichtigen Kinder - trotz beklagtem, aber nicht bewiesenem statistischen Anstieg - nicht einmal in der Mehrheit, geschweige denn, dass nun alle dick wären. Und dass dicke Kinder sich ausschließlich von Fast Food und Süßem ernähren bei gleichzeitigem regungslosen Verharren vor der Glotze, ist nichts anderes als ein medial vermitteltes Vorurteil.

    Den Slogan finde ich eine Frechheit, ruft er doch geradezu nach Bootcamps für Dicke und schürt Vorurteile à la "wer dick ist, muss träge, hässlich und unglücklich sein." Naja, wer das bisher noch nicht war, hat durch die Kampagne zumindest die Chance, im Bereich "unglücklich Sein" nochmal zu punkten - je nach individueller Dünnhäutigkeit gegenüber öffentlicher Stigmatisierung.

    LG, Rieke

    Was auch immer ein Mensch so von sich gibt, sagt immer mehr über ihn selbst aus als über das/denjenigen, worüber er spricht. Wer sich über andere erhebt, hat's eigentlich immer nötig - jedenfalls aus seiner eigenen Sicht. Asozial finde ich das nicht notwendigerweise, eher psychisch unreif. Ärgerlich ist halt, dass man gar nichts entgegnen kann. Alles liefe auf die Kindergartendiskussion hinaus "Du bist doof!" "Nein, du"" "Nein, du bist doof!" "Und du bist doch doof!"... Eine Möglichkeit wäre vielleicht noch, dem Beleidiger ein "therapeutisches" Gesprächsangebot zu machen und ihn à la Supernanny zu fragen: "Warum musst(est) du das jetzt zu mir sagen?"

    Und der Dicke, der über Dicke lästert, offenbart seinen Selbsthass oder fürchtet seinerseits Angriffe so sehr, dass er sich vorsorglich mit dem potenziellen Aggressor solidarisiert. Das gibt es bei diskriminierten Minderheiten ziemlich oft.

    Ich war bis Mitte 20 schlank und sportlich. Dann brach bei mir eine Agoraphobie aus (= Angststörung, bei der man im Extremfall vor allem Angst hat, was außerhalb des schützenden Zuhause liegt. Bei mir war's der Extremfall.) Von einem auf den anderen Tag brach mein soziales Leben weg, und der vorher im Verein mit Spaß betriebene Sport fiel auch weg. Es folgten mehrere Jahre mit sozialer Isolation, Fernsehen, Stress wegen Angst - der erste gravierende Gewichtsanstieg (trotz damals bestehender leichter Schilddrüsenüberfunktion). Rückblickend übrigens wenig ernährungs- oder bewegungsbedingt. Schokoholic war ich schon immer, und Sport habe ich trotz der Erkrankung weiter gemacht, allerdings gezwungenermaßen nur Fitnessübungen zuhause.

    Nachdem ich mich mittels Therapie mühsam wieder ins Leben zurückgekämpft hatte, stellte meine autoimmunkranke Schilddrüse allmählich und erstmal unbemerkt weitgehend die Arbeit ein und entwickelte eine Unterfunktion. Privat und beruflich hatte ich angststörungsbedingt einen gewissen Nachholbedarf, leider verbunden mit Stress bishin zu Torschlusspanik. Vermutlich in diesem Zusammenhang ereilte mich - wiederum trotz eifrigen Sportelns - der zweite gravierende Gewichtsanstieg. Als hätte das noch nicht gereicht, hatte ich dann noch einen Rückfall in die Angststörung. Ich hoffe sehr, dass das nicht noch mit weiteren Kilos zu Buche schlägt.