ja, das meine ich. das essen "überdeckt" (in dem moment) probleme, gefühle, ereignisse, denen man sich nicht anders zu stellen weiß. probleme, die bereiche berühren, die oft im unbewußten liegen. die palette derer ist (denke ich) nicht aufzulisten, da sie viel zu unterschiedlich und zahlreich sind.
wenn essen nicht mehr den stellenwert "essen zur nahrungsaufnahme" hat, sondern mit ereignissen, gefühlen und unangenehmen gedanken verknüpft wird, liegt sicherlich eine essstörung vor.
ein (fiktives) beispiel: du besuchst deine mutter. eigentlich fährst du nicht gerne hin, denn sie hat dich immer kontroliert, hat immer alles besser gewußt und nie konntest du es ihr "recht" machen. du fährst schon mit einem unguten gefühl hin und bist etwas unruhig.
denn heute willst du ihr deinen neuen freund vorstellen.
als ihr ankommt, macht die mutter die tür auf, schaut euch beide an, sagt hallo und beim reinkommen zu dir (so daß er es auch hören kann): sag mal, wieso hast du denn diese hose an? die steht dir doch nicht, sie macht dich dick!
schon wirst du nervöser, hast einen kloß im hals, lächelst aber und machst gute miene zum bösen spiel.
(das heißt für eine essgestörte: dies ist eine situation, in der sie "still hält" und viel energie darauf verwendet. sie wehrt sich nicht und tut so, als wenn nichts wäre. in wirklichkeit haben sie die worte ihrer mutter sehr verletzt und sie findet ihr benehmen gegenüber ihrem freund unmöglich. also handelt sie komplett gegen ihre eigentlichen gefühle, indem sie nichts dazu sagt)
beim essen stocherst du aufgrund deiner nervosität nur im essen rum und deine mutter sagt: was ist? schmeckt dir mein essen nicht? dabei bin ich heute morgen extra aus dem haus, obwohl mein bein weh tut! dann wendet sie sich zu deinem freund und sagt: sie ist manchmal wirklich undankbar, wissen sie....
in dir kocht es inzwischen. die aussage der mutter macht dich zum einen stinkwütend, zum anderen hat sie dir unterschwellig ein schlechtes gewissen gemacht, so bist du hin und her gerissen. in dir geht es chaotisch zu, aber du sagst nur: nein mama, es schmeckt toll, ich glaube nur, ich habe eine kleine magenverstimmung.
darauf sagt sie: ja kind, kein wunder! ich habe dir schon immer gesagt, daß sowas passiert, wenn du all diese ungesunden sachen ißt die dick machen! dann wendet sie sich deinem freund zu und fragt: kocht sie ihnen denn auch mal was gutes? oder gibt es nur pizza.
dein freund bleibt immer höflich, schaut dich mitlerweile aber irritiert an.
du bekommst einen trockenen mund und hast das gefühl, dein lächeln wird zu einer fratze. du sagst: mama! mach dir bitte keine gedanken! ich kann kochen.
so geht das essen weiter und es passieren im laufe des nachmittages noch weitere "schläge unter die gürtellinie".
nachdem du deinen freund bei sich abgesetzt hast, kommst du zurück in deine wohnung. du ziehst dich um und läufst nervös durch die wohnung. du gehst in die küche und machst alle schränke auf und wieder zu. in dir herrscht caos, du fühlst dich wie eine cola flasche, die man geschüttelt hat. dein hals ist zugeschnürt und du gehst nochmals in die küche und sammelst dinge zusammen, die du essen kannst.
dann setzt du dich ins wohnzimmer, machst den fernseher an und ißt den ganzen abend, was dir unter die finger kommt. "schmecken" tut das essen nicht mal, auch als du satt bist, ißt du weiter...
so, das ist zum beispiel eine geschichte, wie sie einem eßgestörten passieren kann. diese person hat nicht zu sich gestanden, sie hat es zugelassen, daß (in dem fall die mutter) über ihre grenzen trampelt, sie verletzt und demütigt. sie hat "still" gehalten, obwohl sie eigentlich anders gehandelt hätte. alles in ihr rebelliert und da sie nie gelernt hat sich den eigentlichen dingen zu stellen, suchen sich diese geschehnisse einen anderen weg um auf sich aufmerksam zu machen.
ich hoffe, das war verständlicher?:o
Stöpsel