Hallo Karinchen,
bei mir war bzw ist es ähnlich.
Ich war zwar schon immer pummelig (meine erste Diät wurde mir mit 6 Monaten verpasst), trotzdem musste ich mir ähnliche Sprüche anhören. "Bei dir ist es so schade, du hast so ein hübsches Gesicht, dazu die langen blonden Haare und die langen Beine, du könntest so toll aussehen wenn du nur abnehmen würdest." Kommt auch heute noch.
Meine Mutter ist von gesunder Ernährung bessessen, bis ich ausgezogen bin hat sie meine Ernähung ständig kontrolliert. ("Nein, du isst jetzt keinen zweiten Teller Suppe...") Insbesondere als Teenager hatte ich ständig Hungerattacken und Fressanfälle, auf die meine Mutter mit "FDH" reagiert hat. D.h. anstatt Abendessen mit Stulle und Co gab es einen Apfel.
Durch diese Kontrolle war ich im Vergleich mit heute relativ schlank, damals brauchte ich so Konfektionsgröße 44-48.
Dummerweise hat genau diese Kontrolle und die Sprüche mir die schönste Essstörung eingebracht. Ich habe angefangen, heimlich zu essen, um den Vorwürfen meiner Mutter und meinen Mitmenschen zu entgehen. Da die Kontrolle nicht von mir ausging, habe ich nach meinem Auszug aus der Wohnung meiner Eltern auch angefangen, alles zu essen, was ich vorher nicht durfte. Kuchen, Schokolade, alles was eindeutig zu viel Kalorien hatte. Innerhalb von kürzester Zeit bin ich explodiert.
Klar, ich hätte damals im Studium mehr auf meine Ernährung achten können und sollen, insofern sind meine Kilos auch "angefressen". Trotzdem sind die Ursachen für Übergewicht deutlich komplexer als einfach nur "zu viel Essen".
Beruf im Büro war dann ebenfalls der absolute Todesstoß. Bei mir kam noch hinzu, dass ich im Beamtenverhältnis beschäftig war und mir die Amtsärztin ein Ultimatum gesetzt hat - innerhalb von 2 Jahren von ca 120 kg auf 80 kg, oder keine Übernahme. Es war mein erster ernsthafter Diätversuch und es war die Hölle.
Zu Anfang ging es noch, ich habe relativ schnell auf etwa 100 kg abgenommen. Dann jedoch setzte (wie ich heute weiß) durch die Diät eine Unterversorgung mit Nährstoffen ein, ich war ständig müde und unkonzentriert und hatte dadurch extrem schlechte Leistungen. Dadurch gab es Stress mit Vorgesetzten und Kollegen. Stress, auf den mein Körper mit Gewichtszunahme reagierte.
Ich habe dann noch weniger gegessen und wahrscheinlich die falschen Dinge, ein Teufelskreis. Die langen Bürotage gaben mir den Rest - ich hatte einfach keine Zeit und Energie mehr übrig, zur Ernährungsberatung und ins Fitnessstudio zu gehen oder mich sonst um irgendwas zu kümmern.
Ich bin aus dem Job dann freiwillig gegangen. Das Irrsinnige ist, das mir erst danach bewusst wurde, wie mies es mir während der Zeit gegangen war. Auf die Hungerkur hat mein Körper übelst reagiert, so hatte ich innerhalb weniger Monate dank Jo-jo-Effekt mehr Kilos als je zuvor auf den Rippen. Mein Körper hat gebunkert, was er kriegen konnte und die Kilos bin ich bis heute nicht los.
Die Diätkur hat zudem meinen Metabolismus total zerschossen. Er war vorher schon nicht im besten Zustand, nachdem ich dann arbeitslos war ging es richtig rund. Ich wurde krank, Schilddrüse, Blutzucker, Leberwerte und weibliche Hormone fingen an zu spinnen.
So wurde ich aufgrund meiner Leberwerte mal zur Suchtberatung geschickt, ich würde doch wohl eindeutig zu viel Alkohol trinken.
Dabei hätten die Leberwerte die Ärzte hellhörig werden lassen müssen - die sind in meiner Familie nämlich erblich bedingt. So wurde bei einer Verwandten von mir ein sog. metabolisches Syndrom diagnostiziert.
Wer nach metabolischem Syndrom sucht, findet bei Wikipedia und sonst in der Fachliteratur die Angabe, das dieses Syndrom durch Übergewicht und mangelnde Bewegung verursacht wird. Tja, nur was Ursache und was Wirkung ist, ist dabei gar nicht so klar wie es immer behauptet wird.
Der Arzt meiner Verwandten war ausnahmsweise auf Zack und hat auf die Aussage, das die Leberwerte (Fettleber) schon seit frühester Kindheit immer mies waren und in der gesamten Verwandtschaft mies sind, einen Gentest machen lassen. Herausgekommen ist die erbliche Veranlagung zu einer Fettstoffwechselstörung. Auch ich bin Träger.
Diese Genmutation beeinflusst die Fettverwertung im Körper negativ und über die Leber auch den Blutzucker und den Zuckerhaushalt, insbesondere bei Fruchtzucker. (Und über das Insulin dann den Rest des Körpers.) Ich reagiere mit heftigem Unwohlsein auf fettige Speisen und esse lieber kohlenhydrat- und eiweißreiche Dinge. Magerquark ist für mich das Größte.
Wenn ich dann allerdings zu viel esse, bunkert mein Körper diese überschüssige Energie sofort als Fett - Fett, das er nur sehr schwer verwerten kann.
Bei mir ist es also eine Kombination aus Schilddrüse, erblicher Stoffwechselstörung, Essstörung und zu viel Essen. Mehr Bewegen könnte ich mich auch.
MeiersJulchen's Erfahrungen kann ich ebenfalls bestätigen. Bei mir liegt wahrscheinlich zusätzlich noch zusätzlich irgendein Mangel an Mikronährstoffen vor, vermutlich in Verbindung mit der Schilddrüse. (Selen, Magnesium???)
Teilweise habe ich Hunger und fange an, ein bestimmtes Nahrungsmittel oder Gericht zu essen. Oft kann ich dann einfach nach einer vernünftigen Menge nicht aufhören - es ist, als ob mir noch irgendetwas fehlt. Wenn ich dann das Essen wechsle, hört der Heißhunger oft auf. (Wenn ich z.B. statt einer vierten und fünften Scheibe Vollkornbrot mit Wurst anfange, Kartoffeln und Gemüse zu essen.)
Also, lass dich mal gründlich durchchecken, wer weiß, was man bei dir so alles findet.