Welchen "sekundären" Nutzen hat Euer Essverhalten?

  • Danke für die Auflistung, Kampfblaumeise! :)
    Ich bin zwar noch viel zu müde, diese fortzusetzen, aber ist sicher ein interessanter Ansatz - auch mal, einen FA zu verhindern, könnte ich mir vorstellen.


    LG
    Pandora

  • Freut mich, pandora, wenn es für dich ein Denkansatz sein koennte.


    Zu genau diesem Zweck machte ich mir vor längerem diese Liste, um mir immer wieder ins Gedächtnis zu rufen, dass das Überessen, zu dem ich grade Lust habe, nur einen langfristig(!) für mich schlechten Zweck erfüllen wird, zu dem ich es gerade wieder "missbrauchen" möchte. Irgendwie hilft es, das schwarz auf weiss in dem Moment vor sich zu haben als nur in den Hirnzellen geistig.... :)

    [ 03-07-2004, 10:39: Beitrag editiert von: Kampfblaumeise ]

  • Hallo,


    ich finde toll, dass du weißt was dir das essen bringt, bzw weshalb du isst.
    ich befinde mich seit langem in therapeutischer behandlung, um diesem thema auf den grund zu gehen.
    solangsam komm ich dahinter. aber so wie du weiß ich nicht, weshalb ich überhaupt esse.
    mal geht es gut und ich bin stolz auf mich und am nachmittag komm ich nach hause und kippe völlig um. also nicht im sinne von hinfallen ;) sondern das es ins direkte gegenteil umschlägt. ich mache mir nur noch gedanken darum was ich essen kann, bzw das ich jetzt was "brauche"
    ich weß aber nicht wieso :(
    deswegen bewunder ich, dass du es ziemlich klar zu wissen scheinst, wieso es dir so geht.


    liebe grüße Maj

  • Hallo Hanni,
    also ein Punkt ist nicht so wie du schreibst: Ich weiss schon sehr genau, WARUM ich so esse oder warum ich "jetzt" einen Essanfall "brauche". Mein Problem ist eher, dass ich noch nichts gefunden habe, um die " Gründe" für die Essgelage, die nicht aus Hunger geschehen, anders als durch essen lösen kann. Und zwar JETZT - und ich hab kein Mittel ausser Essen um die "Spannungen und Angst" vor diesen Dingen anders als ab und an Essanfälle auf ein erträgliches Mass zu reduzieren.


    Falls Dir Deine Gründe nocht nicht so völlig offen bewusst sind, kann d ies sogar eine grosse Chance für Dich sein! Denn dann kanns t Du noch "Aha"-Erlebnisse haben in dieser Beziehung, und die fand ich immer sehr hilfreich für Verhaltens(!)-Änderungen dann.
    Ich fühl mich derzeit ein bisschen "übertherapiert" fast, spreche auch mit meiner Essstörungstherapeutin oft darüber, ob nicht gerade dieses sich 1x pro Woche bei ihr durch die Gesprächstherapie "erleichtern" mir genau den Druck so weit wegnimmt, dass ich meine Esstörung und das Leiden an meinem Übergewicht aufrechterhalten kann.
    Dass also die Therapie mir es erst "ermöglicht", MIT der Krankheit zu leben. Und mit dem kranken Essverhalten und Dicksein, unter dem ich sehr leide, mich irgendwie innerlich und äusserlich zu "arrangieren" und damit zu "leben".


    Und ich deswegen trotz aller mittlerweile gewonnen Erkenntnisse in dem mich krankmachenden falschen Verhalten, was das Essen angeht, drinnen bleiben kann, weil eben diese Gespräche meinen Leidensdruck jede Woche ein wenig mildern, so dass es auszuhalten ist...Sehr kontraproduktiv, was dei "Heilung" von der Essstörung angeht, daher habe ich jetzt auch die Intervalle der Gespräche auf 14-Tage statt 1 Woche, wie bisher, ausgedehnt und prüfe gerade, wie es mir dabei geht.

    [ 14-08-2004, 21:16: Beitrag editiert von: Kampfblaumeise ]

  • Ich hab grad wieder mal eine Auflistung von mir gefunden, wo ich mir die Gründe zusammenschrieb, WARUM ich die Essanfälle habe, welche Zwecke meine Essstörung und mein Übergewicht für mich erfüllen, die mich dann daran "hindern" sie aufzugeben (vielleicht hilft das ja der einen oder anderen beim Nachdenken, ob diese Gründe unten wirklich fürs Leben langfristig einen nicht zu teuer zu stehen kommen):


    - mit dem Essanfall kann ich unangenehme zu erledigende Dinge "verhindern" zu tun oder zumindest erstmal zeitlich rausschieben


    - mit dem Essanfall kann ich Ärger über nervende Mitmenschen "ausblenden"


    - mit dem Essgelage kann ich schnell und mit wenig Aufwand ein POSITIVES Erlebnis mir verschaffen (auch wenn dieses Erlebnis inzwischen SEHR SEHR kurz für mich ist, denn ich kann keine Sekunde meiner Essanfälle mehr geniesen, seit mir bewusst ist, wie sie mein Leben zerstört haben und noch zerstören)


    - mit dem Essanfall kann ich für kurze Zeit "vergessen" dass ich GANZ allein gerade bin oder gelangweilt oder traurig


    - mit dem Essanfall kann ich meine depressive Stimmung "ersetzen" durch Sorge um meine Essstörung/um mein Aussehen


    - durch den Essanfall kann ich mich "beschäftigen" weil ich das Nichtstun den ganzen Tag sonst nicht aushalten würde


    - mit dem Essanfall "darf" ich mich völlig von den Menschen zurückziehen, denn so vollgefressen kann ich dann ja nun dann WIRKLICH nirgends mehr hingehen wegen Magenschmerzen, etc...


    - für den Essanfall brauche ich NIEMANDEN, bin also AUTARK und kann mir SELBER Wohlgefühl durch Süssigkeiten verschaffen


    - durch meinen Essanfall "zeige" ich meiner (nichtanwesenden) Verwandtschaft, WAS sie mir und meinem Leben mit ihren Misshandlungen ANGETAN hat! (so nach dem Motto wenn ich "normal" und "schön" aussehen würde, dann koennte sie sich vormachen, dass sie ja "fast gar nix" mir angetan hat, weil ja nichts mehr "sichtbar" ist.


    - durch das resultierende Übergewicht will ich meiner Umwelt "beweisen" udn zeigen, dass ich nicht nach meinem Körper beurteilt werden will


    - durch das Hässlichmachen meines Körpers will ich "prüfen", ob mich jemand trotz dieses unästhetischen Körpers mag oder eben nicht. Also wie "hoch mein WERT" ohne einen schönen Körper wäre.


    etc etc etc...


    Fallen Euch noch "Nutzen" Eures Essverhaltens ein?
    Ein paarmal hab ich übrigens dann schon die Lebensmittel die ich für das Essgelage eingekauft hatte, wieder in den Kühlschrank gestellt, weil es mir so ERBÄRMLICH DUMM vorgekommen wäre, das jetzt aus obigen Gründen zu "fressen" statt es wie ein Gesunder in normaler Menge auf die kommenden Tage verteilt zu geniessen...

    [ 14-08-2004, 21:15: Beitrag editiert von: Kampfblaumeise ]

  • hi ihrs,
    also ich hab da zwar eher die andersrum gelagerte version der ES, aber sicher auch bei mir hat es einen "sekundären" Nutzen....
    wenn ich wieder mal ein paar Tage ohne Essen ausgehalten habe, dann fühl ich mich :
    großartig das ich es aushalte....
    habe die hoffnung doch irgendwann mal die Liebe meiner mitlerweile Toten Mutter zu erringen....
    erlebe wieder mal das der Anteil der mir sagt das "abnehmen so nicht funktioniert" doch recht hat und gönne meinem Körper wieder Nahrung...
    habe ich einen Grund zu sagen : es geht mir MIES...
    nach den Flaschbacks und Alpträumen nicht soviel schlechter als "sowiso"...
    hm, mehr fällt mir gerad nicht ein,
    liebe grüße,
    cailly

  • Ich finde allein die Fragestellung gut, denn unter dem Gesichtspunkt des Nutzens meines Essverhaltens habe ich es noch nicht betrachtet.


    Ich weiss, dass mich Essen einfach entspannt, wenn ich unter Strom stehe, wenn ich mich über mich selbst oder andere Menschen ärgere, wenn ich mich minderwertig fühle. Es gibt so viele Situationen bei denen ich mit meinem Essverhalten ver----rückt spiele.


    Wenn ich Situationen´als unerträglich empfinde, z.B. wenn ich in einem überfüllten, anonymen Vorlesungsraum sass.DIes war für mich so unerträglich, dass ich mich vorher und nachher mit Essen vollgestopft habe um meine Gefühle der Einsamkeit und Angst nicht mehr wahrzunehmen. Solange bis ich dann gar keine Vorlesungen besucht habe. Und schon stand mein Gewicht, nachdem es 10kg rauf gegangen ist. Nach dem Wegbleiben von der Uni ging es nicht zurück, aber ich nahm auch nicht mehr zu.


    Letztens geriet mein ganzes Essverhalten durcheinander, in einem Gespräch mit einer Freundin in bezug auf den Missbrauch meiner Mutter an mir. Sofort drehte sich mein Magen um und ich hätte kotzen können, so schlecht war mir. Dieses Gefühl der Unerträglichkeit konnte ich nur mit Essen dämpfen. Ich habe mir immer wider gesagt, dass es Vergangenheit ist, dass es vorbei ist. Aber mein Körper sagte mir, dass es nicht vorbei ist, dass es damals nur zugeschüttet wurde, das Gefühl des Verletztseins. Ich wollte es nicht wahrhaben, wollte nur überleben. Und mit der Erinnerung brach es auf wie ein Vulkan...


    Es ist so wie Kampfblaumeise schreibt, das Essen ist eine Krücke für mich, die ich solange brauche, bis ich gelernt habe mit den mir umerträglichen Situationen umzugehen.


    Ich hoffe diese Krücke bald ablegen zu können. Eine andere Krücke ist Sex, diese Krücke fühlt sich wesentlich besser an als Überessen.

    [ 06-07-2004, 23:17: Beitrag editiert von: vonKügelgen ]

  • @Teichrose
    Ich rede von Sex mit mir selbst und vor allem in Beziehung. Früher war es so, dass ich die Abwechslung mochte. Oder war es die ständige Verfügbarkeit von Sex? Heute habe ich einen Menschen mit dem ich ganz wunderbar geniesse, wobei dieser nicht mein eigentlicher Partner ist. Und so kommt es, dass ich nur noch sehr selten auf Dritte ausweiche, aber es kommt vor.


    Hinterher wird mir klar, dass der Sex mit jemanden Fremden, nicht an das Niveau von dem Erleben mit diesem einem speziellen Menschen herankommt. Und so lasse ich auch die Finger davon.


    Und ich glaube das dies auch mein Weg ist, zu sehen, welche Erfahrungen will ich mir geben, was will ich in mich aufnehmen, was / wer tut mir gut und was nicht.


    Und dann wiederum ist es gut den Speicher ab und an zu löschen und ein Wagnis zu begehen. Neue Reviere zu erobern auf Menschen zuzugehen und mich auf ein neues Interessengebiet einzulassen. Das letzte Wagnis war im April diesen Jahres, da habe ich mich im Fitnesscenter angemeldet. Und was soll ich sagen, es tut mir gut.

    [ 06-07-2004, 23:02: Beitrag editiert von: vonKügelgen ]

  • Kügelchen,
    meintest du mit "Missbracuh" sexuellen Missbrauch durch deine Mutter oder meintest du körperliche "Misshandlungen"?


    Also bei mir ist es eher so, dass ich eher GAR KEINEN Sex mit anderen mag, und falls doch, ich dann Sex nur "BENUTZTE" immer, um "Macht" über Männer auszuüben. Vor allem als ich noch schönn und schlank war. Aber eigentlich hätt ich am liebsten immer nur stundenlang "gekuschelt", sobalds an Sex ging, wurde mir nämlich körperlich und seelisch eher übel und WUT stieg udn steigt da auch heute noch in mir auf. Ich kenne das Gefühl, dass ICH diejenige bin, die Sex will, überhaupt NICHT! Ich kenn nur das Gefühl, dass jemand anderes mit MIR Sex will! Und da verweiger ich aus einer Art "Trotz"...
    Und ich weiche auch heute Sex noch immer aus, wo ich nur kann, das heisst, ich halte die Männer endlos hin (wenn mans geschickt macht, und ich hab darin weissgott ÜBUNG, geht das jahrelang, bei meiner letzten Bekanntschaft über 2 Jahre, bevor er dann ne andere nahm...)oder mach nur Sex AN ihnen aber nicht MIT ihnen. Vor allem acht ich drauf, dass immer ICH in der dominanten Rolle bleiben kann dabei, sowohl körperlich als auch psychisch (ich geriet bisher auch immer an Männer, die das wohl instinktiv merken und auch wollen, für allem beruflich sehr erfolgreiche und sozial sehr hochstehende Männer wollen PRIVAT eher sich unterordnen, hab ich gemerkt). Es war und ist für mich dennoch ein grosses Problem in Beziehungen, denn als Lebensgefährten(!) möchte ich garantiert nur (!)jemanden mit dem die Beziehung absolut gleichberechtigt ist und nicht der eine unten und der andere oben. Aber solche Männer interessieren sich "instinktiv" glaub ich eher nicht für mich....(ich red jetzt mal von meinen schlanken Zeiten, denn solang ich dick bin kommt für mich Sex mit jemandem garantiert NIEMALS in Frage! Daher denk ich ich schütze mich durchs Übergewicht auch unter anderem vor Sex.


    Und das kommt definitiv bei mir von den Misshandlungserfahrungen bei mir, auch durch meine Mutter, bis zum Mordversuch an mir. Aber KEIN sexueller Missbrauch in meinem Fall, zumindest von niemandem in meiner Familie. Ich hatte aber als jugendliche lange Zeit hindurch sexuelle Grenzüberschreitungen durch männliche Jugendliche ertragen müssen (sexuelle anmache/Nachrufen, Angrabschen, etc), ws mir es unmöglich gemacht hat, bis ich fast 30 war, jemanden auch körperlich an mich ranzulassen. Eiegtnlich entsteht bei mir immer noch sofort(!) ein extremes Gefühl von Wut und Agression sobald ein Mann mich anfassen will. Das hatte aber mit meinem Gewicht nie was zu tun, das war schon so als ich schlank war.
    Es könnte höchstens ein sekundärer Krankheitsgewinn für mich darin liegen, dass ich seit ich dick bin nicht mehr so angegafft und vor allem niemals körperlich angegrabscht werde! Bin sogar fast sicher, wenn ich so nachdenke, dass dem so ist.


    Es ist übrigens nichts ungewöhnliches dass man sowiohl durch sexuellen Missbrauch als auch durch körperliche Misshandlungen in Esstörugnen gerät (in der Klinik war vermutlich, soweit ichs in der Gruppentherapie mitkriegte, die Mehrheit der Magersüchtigen sexuell missbraucht worden innerhalb der Familie) und auch praktisch alle Bulimiker und Adipöse hatten "problematische" Partnerschaften....die Frauen mit seelisch intakter Partnerschaften und keinerlei "sexuelle Grenzüberschreitungs- oder sogar Missbrauchserfahrungen" waren echt die komplette Ausnahme dort.

    [ 14-08-2004, 21:19: Beitrag editiert von: Kampfblaumeise ]

  • Kampfblaumeise
    Ich meine nicht direkten sexuellen Missbrauch. Auch weiss gar nicht wo ich es einordnen kann. Meine Mutter war "übergriffig". Es war seelischer Missbrauch der sich auf meinen Körper bezog. Ich vermute, dass meine Mutter sexuellen Missbrauch erlebt hat, diesen nie verarbeitet hat und die Thematik an mir abgearbeitet hat.

    Bei mir hat sich die Brust mit 9 Jahren angefangen zu entwickeln und mit 13 hatte ich schon einen "ordentlichen" Busen (80c), der ständig von meiner Mutter thematisiert wurde, "zu gross", bis zu Beschimpfungen wie "Euter" usw. Auf der anderen Seite habe ich schon immer mehr am Bauch gehabt, dies wurde dann als "du siehst aus wie schwanger" interpretiert. Ständig wurde von ihr mein Körper thematisiert, zu dick (bei 167cm 66kg damals). Das ganze jeden Tag. Wenn ich mich früh morgens anzog hat sie meine Sachen gemustert ob es richtig sass. Jedes Speckrölli wurde kommentiert. Ich hörte ständig, dass ich zu dick war, zu weiblich, zu grosser Busen, keine Taille, ein Arsch wie ein Brauereipferd. In ihren Augen hatte ich eigentlich eine Figur wie ein Mann und dann diese Euter noch dran. Irgendwann hatte ich etwas an, was in ihren Augen total daneben war und sie wollte, dass ich es ausziehe. Ich weigerte mich. Da hatte sie an mir die Bluse aufgerissen und mich in meine "Speckschwarten" gegriffen und zu mir ständig widerholend gesagt: "Sieh dich an wie fett du bist, so sieht doch kein Mädchen mit 14 aus. Ein Kreuz wie ein Mann und dann diese Titten." Ich hatte jegliches Vertrauen verloren. Meine Selbstwahrnehmung war so, wie meine Mutter es mir ständig spiegelte, tagtäglich. Ich fühlte mich einfach nur fett und unglücklich. Und ich "wusste", dass es sowieso egal war wie ich aß, denn ich würde nie dünn werden. Also aß ich um meine Gefühle zu betäuben, um nichts mehr zu spüren. Und hinterher habe ich es dann bewusst herbeigeführt erbrochen.


    In dieser Zeit hatte ich keinerlei Unterstützung von Aussen, traute mich niemanden von den Erlebnissen mit meiner Mutter zu erzählen. Mein Vater positionierte sich überhaupt nicht. Es ging an ihm vorbei. Ich bin zu meiner Hausärztin gegangen und habe ihr davon erzählt, dass ich eine Essstörung habe und dass ich in psychologische Behandlung will. Ich bekam Gesprächstherapie und die Kotzerei gab ich auf. Die Essstörung blieb, das Überessen. Was sich veränderte war meine Wahrnehmung. Ich arbeitete daran mich gut zu fühlen, hauptsächlich mit autogenem Training unabhängig von Körperformen, unabhängig von der Zahl auf der Waage. Ich ass weiter in grossen Massen. Fühlte mich gut dabei unabhängig davon, dass ich zunahm.


    Heute nehme ich meine weiblichen Formen an, wertschätze sie und zelebriere Körperlichkeit (Joga, Pilates, genussvolles Essen, Massage, Sex). Und hin und wieder passiert es mir doch, dass ich die Kontrolle verliere oder mich bewusst entscheide Essen dazu zu verwenden meine Gefühle nicht wahrzunehmen. Hinterher sehe ich mir die betrachte ich noch einmal die Situation, was es war, was den Essanfall ausgelöst hat. Und fantasiere WIE ich es anders hätte machen können, anstatt zu essen. Mir ist es einfach wichtig mir auch andere Handlungsmöglichkeiten vor Augen zu halten. Bsw. mir zu erlauben zu weinen, wenn ich traurig bin oder einer Freundin meinen Kummer von der Seele zu reden oder spazieren zu gehen, oder, oder, oder...


    Jetzt bin ich aber ganz schön abgeschweift und von mir erzählt...


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    "Es ist übrigens nichts ungewöhnliches dass man sowiohl durch sexuellen Missbrauch als auch durch körperliche Misshandlungen in Esstörugnen gerät (in Roseneck war vermutlich, soweit ichs in der Gruppentherapie mitkriegte) die Mehrheit der Magersüchtigen sexuell missbraucht worden innerhalb der Familie) und auch praktisch alle Bulimiker und Adipöse hatten "problematische" Partnerschaften....die Frauen mit seelisch intakter Partnerschaften und keinerlei "sexuelle Grenzüberschreitungs- oder sogar Missbrauchserfahrungen" waren echt die komplette Ausnahme dort."
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    Kampfblaumeise, da kann ich dir nur zustimmen.


    So wie ich es für mich beobachtet habe, hängen Essstörungen mit der Thematik Nähe/Distanz zusammen.
    Wie stelle ich Nähe her, so wie ich sie brauche? Wie stelle ich Distanz her?
    Was brauche ich überhaupt für mein Wohlbefinden? Was kann ich JETZT für mich tun um mich wohl zu fühlen, ausser zu essen?
    Welche Eindrücke/Erlebnisse will ich aufnehmen und welche nicht?

  • Hallo vonKügelgen,


    ja, das vermute ich bei Deiner Mutter auch, dass sie SELBST Probleme in diesem Punkt hatte. Bei mir war es nur rein seelischer und körperlicher Misshandlung. Was danna uch dieses lebenslange Nähe/Distanzproblem schafft. Ich weiss, dass mir Distanz sehr wichtig ist und ich die durch Hässlichmachen meines Körpers "verbessert" habe. Das ist ein Punkt, der es mir unter anderem sehr schwer macht, den dicken Körper aufzugeben durch normal essen.
    Erbrochen hab ich nie, wollte ich früher mal, ging aber gottseidank nicht.


    Mein Vater hielt sich auch bei den Misshandlungen völlig raus. Ebenfalls die anderen Leute in der Umgebung, die es sehr wohl mitebkamen. Sie sagten nur immer "irgendwann schlägt sie das Kind nochmal tot"...


    Sowas wie du mit deiner Mutter hab ich zwar bezogen aufs Dicksein nie erlebt (war ja damals auch eher dürr bis ich so 15 rum war und ich zog schon als Teenager eh alleine in eine Wohnung weit weg von ihr in eine andere Stadt), aber sie sagte mir x-mal als Kind und Teenager wie "hässlich" ich wäre und dass mich alle immer ebenfalls für hässlich halten werden. Das hat dazu geführt dass ich seit damals niemals, kein einziges Mal, jemandem WIRKLICH 100prozentig glaubte, als mir Leute sagten dass ich sehr schön sei. Wenn ich heute Fotos von damals angucke, verstehe ich selber nicht mehr, wieso ich das als Wahrheit genommen hab, was meine Mutter sagte. Auch als ich vor einigen Jahren mal aus den Essanfällen raus war und wieder gertenschlank (Gr. 36/38) war ich immer noch "verunsichert": Das heisst, ICH selber fand mich echt SCHÖN wenn ich in den Spiegel sah, aber wenn dann jemand anderes (ich arbeitete damals in einer Branche, in der lauter Schöne fast damals nur arbeiteten) dann zu mir ein Kompliment irgendwo machte, dann war ich immer verärgert und hab gedacht, der macht sich ja "vielleicht" auch nur über mich lustig und es "stimmt" doch irgendwas an mir nicht....ich glaube, das wird man nie mehr los, wenn Mütter oder Klassenkameraden sowas zu einem in der Jugend sagen, dass man potthässlich ist.


    am liebsten wäre ich seither immer "unsichtbar/unauffällig/durchschnittlich", also weder schön noch hässlich....


    Ich fand mich auf Fotos als ich schlank war eigentlich immer schon schön, aber dann dachte ich, naja, es ist nur weil ich halt WEISS, wie man in die Kamera gucken muss (ich lies grundsätzlich nur "gestellte" Fotos machen von mir) dass es gut aussieht, aber NICHT, dass ICH gut ausseh...Das hatte ich übrigens schon ganz vergessen gehabt, dass meine Mutter mich in punkto "Schönheit" ausgelacht hatte, das kam erst in meiner Verhaltenstherapie wegen meiner Essstörung wieder hoch bei mir als Erinnerung.


    Zitat

    hin und wieder passiert es mir doch, dass ich die Kontrolle verliere oder mich bewusst entscheide Essen dazu zu verwenden meine Gefühle nicht wahrzunehmen.

    GENAUSO handhabe ich das auch jetzt seit rund 2 Jahren, vor allem während meiner ambulanten Therapie hab ich gelernt, zu akzeptieren, dass ich das Essen manchmal missbrauchen "muss" und genehmige mir das dann auch ganz bewusst. Ich hab dann auch nicht mehr so Angst, dass ich ENDLOS weiteressen und zunehmen werde, eben weil ich weiss, dass es NUR aus dem und dem Grund wieder "nötig" war und ICH es steuere udn nicht die Esstörung mich in diesem Moment.


    Zitat

    Hinterher sehe ich mir die betrachte ich noch einmal die Situation, was es war, was den Essanfall ausgelöst hat. Und fantasiere WIE ich es anders hätte machen können, anstatt zu essen. Mir ist es einfach wichtig mir auch andere Handlungsmöglichkeiten vor Augen zu halten.

    Ja, das mach ich auch, meist sogar schon während dem Essen.
    Schaffst Du es denn dann auch, ab und zu dann in derselben Auslösesituation auf den Essanfall zu verzichten?


    Für deinen Körper ist es aber echt schon toll und eine grosse Entlastung dass Du wenigstens das Erbrechen schon aufgeben konntest. Ich betrachte übrigens meine Essattacken jetzt inzwischen eher mehr als "Essvorfälle" als wie als "Essanfall", denn "Anfall" klingt so als ob man GAR KEINEN Einfluss darauf hätte. Was ja nicht immer stimmt.

    [ 14-08-2004, 21:23: Beitrag editiert von: Kampfblaumeise ]

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