Im Schneckenhaus

  • Kennt ihr das?
    Tagsüber im Job habe ich mit vielen Menschen zu tun, es sind lose Kontakte, unverbindlich.
    Die Menschen haben gerne mit mir zu tun, ich bin beliebt und gerne gesehen. Man schätzt meine Kompetenz aber auch meine Art, meinen Witz, meine Offenheit.
    Manchmal muß ich mich überwinden, meinen beruflichen Verpflichtungen allen nachzukommen aber es geht.
    Privat habe ich mich total in mein Schneckenhaus zurückgezogen.
    Da geht gar nichts...
    Es gibt Freunde, Bekannte...ich gehe ihnen aus dem Weg. Zum einen, weil ich mich schäme, mich mit weiteren 20 kg mehr zu präsentieren, zum anderen, weil ich zum Teil mit ihnen nicht mehr so viel anfangen kann seit ich Therapie mache.
    Meine Sichtweise auf vieles hat sich geändert.
    Nun trifft man mit 50 auch nicht an jeder Ecke neue Leute, vor allem wenn man sich zu Hause einigelt.
    Ein Teufelskreis, ich weiß...
    Und trotzdem - jeder zaghafte Versuch neue Kontakte zu schließen, geht in die Hose. Und dann ziehe ich mich innerlich noch mehr zurück...

  • Hallo Night,

    ein wenig kenne ich das. Ich neige dazu, die ANforderungen an einen gelungenen Abend außer haus so hoch anzusetzen, daß ich enttäuscht werden MUSS, weil kein Mensch und kein Ort diesen Ansprüchen gerecht werden kann.:(

    In solchen Momenten ist es für mich hilfreich, mir klarzumachen, daß ich Kompromisse eigehen muss, und diese auch bewußt mit mir selber abzumachen. Einfach eine Art Lässigkeit zu gewinnen, mein Gegenüber ist ja nicht mein Partner, ich unterhalte mich nur mit ihm ein wenig.

    Die, mit denen du nichts mehr anfangen kannst, bist UD Dir da sicher? Wenn es wirklich Freunde sind, ist das eine Menge wert, denn nehmen sie Dich so an, wie Du bist, und mir bedeutet sowas eine Menge - daß ich halt manchmal nicht alles von vorne erklären muss...

    Liebe Grüße
    Angua

  • Hallo Angua,


    gute Frage: sind es wirkliche Freunde? Weiß ich nicht so recht.


    Die eine kenne ich schon seit über 30 Jahren aber wir sehen uns sehr selten, manchmal monatelang nicht. Und wenn ich so abgetaucht bin wie jetzt kann es auch noch länger sein. Ab und an mal eine Telefonat und ein "man könnte mal ins Kino gehen". Aber dabei bleibt es dann. Sie rührt sich auch nicht.


    Und was das Akzeptieren angeht, ich denke, dass eigentlich jeder in meiner Umgebung gerne hätte, dass ich weniger dick wäre. Und das gilt auch für Freunde. Nicht dass sie mich heimschicken, weil ich so dick bin - aber mitleidige Kommentare oder nutzlose Ratschläge und verdeckte Blicke (wenn sie meinen, dass ich es nicht bemerke) reichen ja auch schon. Reichen völlig aus, dass ich keine Lust zu einem weiteren Treffen habe.


    Natürlich ist es schön, wenn man in einer Beziehung nicht bei "Adam und Eva" anfangen muss - auf der anderen Seite fände ich es schön mal mit jemand befreundet zu sein, dem ich das Thema "Essstörung" nicht bei "Adam und Eva" anfangen muss zu erklären...

    Und daran kranken eigentlich alle meine Bekanntschaften oder Freundschaften...genau betrachtet ist keine(r) dabei, der mich so akzeptiert wie ich bin.
    Die eine findet mich dann toll, wenn ich mal wieder am Abspecken bin, die andere kann erst gar nicht verstehen, wie man dick sein kann usw. usf.

    Eigentlich unvorstellbar, dass ich nie nach anderen Kontakten gesucht habe!

    Und vielleicht kommt es nicht von ungefähr jetzt in der Therapie, dass ich keine Lust mehr habe, mich dauernd zu rechtfertigen, zu erklären oder blöden Blicken auszusetzen...

    Aber wie es scheint, stehe ich mit diesem Problem ziemlich alleine da...habt ihr denn alle Freunde, die Euch auch dick akzeptieren??

  • also ich denke schon dass ich Freunde habe die mich so akzeptieren wie ich bin, vielleicht auch weil ich mich selbst weitestgehend so akzeptiere.
    Und wenn Du mal unter "unsresgleichen" (wobei übergewichtig ja sehr unterschiedlich empfunden wird) sein möchtest dann kann ich Dir mal den Stammtisch in Frankfurt empfehlen. Lies einfach mal im Forum darüber.

  • Absolut Night gibt es ältere Semester! Kommt halt immer drauf an wer sich einfindet. Leider war ich erst einmal mit, meist klappt es bei mir wegen anderer Termine schlecht, aber ich hab mich sehr wohl gefühlt. Ich denke damals war ich die zweitälteste. Allerdings hab ich auch keine Probleme mit jüngeren oder älteren in einer Runde.
    Hab gehört dass es beim letzten Stammtisch sehr schön war (ich hab da sozusagen eine "Mittelsfrau" bei, gg).
    Wenn Du mehr wissen magst schreib mich einfach mal an, dann kann ich Dir vielleicht noch das ein oder andere erzählen.
    LG
    Madita

  • ...ja auch ich kenne das ....mein Schneckenhaus habe ich mir gemütlich eingerichtet und irgendwie sehe ich nicht oft einen Grund es zu verlassen....nun muss ich sagen, dass ich Teil einer Familie bin und von daher mehr oder weniger "genötigt" werde, an diversen Freizeitaktivitäten und anderen sozialen Kontakten teilzunehmen....letztendlich sind mir diese Dinge aber irgendwie lästig, Spaß macht mir das nicht....was mir zu denken gibt....ich muss wirklich unheimlich merkwürdig sein :cool:

    ....kann es normal sein, dass man so ein geringes Verlangen hat andere Menschen zu treffen? Ist das möglicherweise eine Art Depression? eine Sozialphobie? hängt es ursprünglich vielleicht mit meinem Gewicht zusammen?....und wie definiert man eigentlich was in dieser Beziehung "normal" ist.... Fragen über Fragen und ich sollte mir mal darüber Gedanken machen...in meinen bisherigen Leben gab es nur ganz wenige Menschen zu denen ich mich wirklich " hingezogen" fühlte.....und nur zu solchen kann ich Beziehungen knüpfen :rolleyes:


    da ich wahrscheinlich den Mittelpunkt meines Lebens bereits überschritten habe, wird sich an der Zusammensetzung meines sozialen Umfeldes wohl auch nicht mehr wirklich viel ändern.......also arrangiere ich mich damit und erkenne mich vielleicht so wie ich eben bin....als jemand der gerne alleine ist, der Kontakt zwar mag aber nicht ständig Menschen um sich braucht und nicht an jedem Finger zehn Freunde hat.....:o

    C'est la vie....
    LG Lilli

  • ich habe mein Schneckenhaus vor 3 Jahren kaputtgebrochen. seit 2 Jahren studiere ich und seit gestern lerne ich tanzen ( die normalen wie Walzer etc.) ich bin zwar immer die dickste ist aber egal , mein Mann ist auch immer der dünnste das gleicht sich aus.:)

  • In gewisser Weise kenne ich das auch.
    Jeder, der mich flüchtig kennt würde darüber erst mal lachen, weil ich den ganzen Tag mit vielen Leuten zu tun habe.
    Aber genau das ist es...abends bin ich durch den Job so ausgepowert, dass ich mich nicht mehr aufraffen kann, noch was privat zu unternehmen.
    Freunde und Bekannte fragen eine Zeitlang, irgendwann nach der soundsovielten Absage fragen sie nicht mehr.

    Bei mir ist es auch so, dass die "alten" Freunde irgendwie nicht mehr so recht passen. Die meisten können nichts mit "Esstörung" anfangen...eine, die es wissen müßte, weil sie früher magersüchtig war, ist so auf Äußeres fixiert, dass sie mich eigentlich immer nur zum Abnehmen ermuntern möchte...

    Einsam bin ich sicher nicht...ich bin auch gerne mit mir alleine...vielleicht fehlt manchmal an gescheites Gegenüber, das das Problem Esstörung aus eigenem Erleben kennt. Das macht vieles einfacher, man muss sich nicht so erklären...
    Unter meinen Freundinnen ist eine Einzige auch übergewichtig...allerdings würde sie selbst nicht von Esstörung sprechen. So weit ist sie noch nicht und ich denke zu dieser Erkenntnis muss auch jeder selbst für sich kommen...

    Man sagt ja immer, wenn man sich selbst akzeptiert tun es auch die anderen...Da ist viel Wahres dran. Bei meinen Bekannten aus früheren Tagen weiß ich aber, dass viel Wert auf die äußere Schale gelegt wird - deshalb würde ich sie mir heute ja auch nicht mehr als Bekannte suchen...meine Parameter haben sich da sicher auch ganz entscheidend verändert.

    Wenn Du so willst ziehe ich mich also abends auch in mein Schneckenhaus zurück...aber ich probiere in gewisser Weise auch gerade so kleine Ausbrüche ab und an. Auch wenn ich mir zu neuen Kontakten manchmal selber einen Tritt in den Hintern geben muss, damit ich in die Gänge komme... :rolleyes:

  • Das mit dem Schneckenhaus kenn ich auch... Hab zwei Freundinnen mit denen ich ab und an was unternehme und denen mein Gewicht echt egal ist, aber manchmal hab ich auch keine Lust mich bei ihnen zu melden und fühl mich dann hinterher doch etwas allein... Naja hab jetzt auch den Schritt gemacht und geh am Sonntag zu dem berliner Stammtisch aus diesem Forum hier... Ich bin gespannt drauf!

  • hi mirja, du hast mir aus der seele gesprochen.


    ich bein wahrscheinlich auch eher ein einzelgänger. nach einem langen arbeitstag bin ich so ausgepowert von den sozialen kontakten, dass ich am abend und an den wochenenden im grossen und ganzen meine ruhe möchte.
    auch muss ich zugeben, dass mich lange abende in irgendwelchen kneipen tierisch anöden. ist mir irgendwie zu langweilig. auch ist es nur ein dauerndes begutachten und abschätzen. nicht mein fall.
    aber ich reisse mich auch zusammen und machen dann mit wirklich lieben freunden (sind nur ein paar - aber mehr braucht man auch nicht) etwas für den abend aus. ich gehe gerne ins kino und anschliessend evtl. noch was trinken.
    auch theater ist toll.
    das problem neue leute kennen zu lernen ist mir auch nicht neu. am besten geht es meines erachtens, wenn man sich in aktivitäten stürzt, die auf den ersten blick nichts mit kontakten zu tun haben.
    man kann z.b. einen volkshochschulkurs machen, töpfern lernen, an einer vogelwanderung teilnehmen usw. . aus diesen zwanglosen zusammenkünften ergeben sich oft viele bekannt- und freundschaften.
    Alles gute!
    LG zara

  • @ Zara:
    wir Einzelkämpfer, das ist schon was...

    Und das Thema "Fleischbeschau" in Kneipen und so ist für mich auch durch...Kino und Essen gehen ist da schon eher meine Baustelle.

    Und es ist ja nicht so, dass die Ideen fehlen, wo man was unternehmen oder auch neue Kontakte auftun könnte....es fehlt eher an der Motivation den Allerwertesten auch mal hochzukriegen

    In der Hinsicht ist I-Net gefährlich, immer verfügbar ohne dass man seine faulen 4 Buchstaben vor die Tür bewegen muss...

    @ Night:
    Es gibt hier auch andere in der gleichen Altersklasse...also nur Mut, wir sind doch wie guter Wein, wir werden immer besser mit dem Alter... :D
    Einigeln ist immer verkehrt, das verstärkt die Depressionen.
    Ohne positiven input von außen ist es schwer, sich wieder besser zu fühlen...Aber ich gebe unumwunden zu: in der Theorie bin ich erheblich besser als in der praktischen Umsetzung :rolleyes:

  • Hallo Night,

    ich kann dich gut verstehen, ich habe auch Schwierigkeiten, neue Kontakte zu knüpfen. Da es mir im Moment mal wieder recht mies geht mit meiner ES, ist es besonders schlimm und ich würde am liebsten "im Nest" bleiben.:(
    Dabei spüre ich, dass ich gerade jetzt "raus" müsste.

    Manchmal versuche ich, mich selbst zu überlisten. So wie meine Mitgliedschaft in der Frankfurter Stadtbücherei. Wenn alle vier Wochen die Ausleihfrist abläuft, bleibt mir also gar nichts weiter übrig, als die 50 Kilometer in die Großstadt zu fahren (bin ein Landei):) . Ein Theaterabo ziehe ich auch in Erwägung, sowie eine 10er-Karte im Schwimmbad.

    Am leichtesten wäre es natürlich mit Gleichgesinnten ab und zu loszuziehen. Vielleicht raffe ich mich auf und komme auch mal zu dem Stammtisch in Ffm.

    Grüßlinge Eva

  • hallo night,



    was du beschreibst kenn ich sehr gut.


    als meine essstörung sich langsam in mein leben schlich, verschwanden im gleichen zuge nach und nach meine interessen für kontakte und aktivitäten mit freunden.
    ich riegelte mich ab....ohne es zu merken.
    ich hatte keine lust mehr abends wegzugehen, auf partys oder geburtstagen aufzukreuzen. geburtstage gingen ja noch, denn da gab es ja was zu essen.
    das thema essen nahm immer mehr besitz von mir und wo ich auch hinkam....es ging immer nur um das essen.


    deswegen hatte ich den spass und das interesse verloren an "ausgängen".
    man begiebt sich in einen teufelskreis, denn man wird nicht nur irgendwann allein sein sondern auch richtig einsam. dann fängt man wieder an zu fressen weil man so einsam ist und sich so verlassen vorkommt.


    heute geht es mir nicht viel besser was kontakte und so angeht. aberich bemühe mich wieder auf partys zu gehen und wenn ich mal da bin, dann geht es auch und ich spüre spass. aber bis ich mich aufraffe mal wieder unter leute zugehen....das ist ein wahrer kampf.


    kurz bevor es losgeht sage ich dann ab und bunker mich in meiner wohnung fest...mit viel essen versteht sich.


    mein rat an dich: lass es nicht soweit kommen...zwing dich raus zu gehen...mach feste termine aus wo du dich mit wem wann triffst. finde neue freunde, gleichgesinnte....trefft euch zum plausch, zum spazierengehen. magst du tiere? dann guck doch mal ob du dich irgendwie engagieren kannst in schutzorganisationen (umwelt, tiere, kinder...). irgendwas was dir spass macht und für was du dich interessieren könntest.
    du machst einen wandel in deinem leben durch und deswegen siehst du vieles vielleicht bedrohlich. lass dich nicht einschüchtern sondern mach einfach mit und lass deine veränderungen zu, aber gesteuert positiv.


    alles liebe, vaja

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