„Problem-Kinder"

  • DIESE Geschichte handelt von Jasmin (17 Jahre) welche durch ihr „extremes“ Übergewicht nicht ihren Traumberuf erlernen konnte. Jasmin wollte Hotelfachfrau oder Krankenschwerster werden wobei der Amtsarzt ihr sagte, dass sie diese Berufe mit ihrem Übergewicht nicht schaffen kann.

    Mit elf Jahren wurde Jasmin das erste Mal in eine Klinik geschickt und es wurden verschieden Therapieversuche plus psychologischer Betreuung durchgeführt. Ergebnis war, dass Jasmin nicht abnahm (was wohl Sinn der Sache war), sondern bei der ersten Kur fünf Kilogramm zunahm und bei einer anderen Kur zehn Kilogramm zunahm.

    Danach folgten Fressanfälle, was mich nicht sonderlich wundert nach den Kuren. Jasmin ging, in die Rehabilitationseinrichtung CJD Berchtesgaden (letzte Chance das extreme Übergewicht in den Griff zu bekommen). Erst hier wurde ihr von den Ärzten gesagt, dass sie wenn sie nicht abnimmt sie Diabetes und orthopädische Beschwerden bekommt.

    Zurzeit wiegt Jasmin nur noch 90 Kilogramm und hat in zwei Monaten schon 7,5 Kilogramm abgenommen - diese Info war wichtig :rolleyes:

    Ich habe diese Geschichte in den „Blauen Salon“ gestellt, weil ich den Umgang mit Jasmin stellvertretend sehe für den Umgang in unserer Gesellschaft mit „Problem-Kindern“.

    Es macht mich wütend, wenn ich solche Bericht lese, denn hier wird ein dicker junger Mensch zum einen stigmatisiert und zum andern zu einem Problemfall gemacht, welche durch die oft laienhaften und stümperhaften Therapien „fettarm Essen und viiiel Bewegen“ sich erst zu einem richtigen Essproblem verfestigen. Leider kenne ich selbst solche Werdegänge und vielleicht macht es mich gerade deshalb so wütend, wenn ich von solchen Geschichten höre.

    Ich würde mir in unserer Gesellschaft wünschen, dass wir die „Problem-Kinder“ (dicke Kinder, ADHS, Down-Syndrom … ) so wie sie sind, in die Mitte unserer Gesellschaft nehmen.
    Heute wird geforscht, dass es in der Zukunft kein Down-Syndrom mehr gibt, es wird gegen das Übergewicht der Kinder in den Krieg gezogen und wie unsere Gesellschaft mit ADHS Kindern umgeht - ist einfach nur beschämend.

    All diese „Problem-Kinder“ könnten dazu beitragen, dass unsere Gesellschaft menschlicher wird und dadurch weiter reift … ich weiß - mir wurde schon oft genug gesagt, dass ich naiv bin in meinen Wünschen, aber ich war es immer und werde es immer sein :)

    Zum Thema Down-Syndrom HIER ein kleiner Hinweis für alle aus Berlin und Umgebung – Das Theaterstück „LIEBE DICH“ im Theater-Rambazamba wird von Schauspielern gespielt die das Down-Syndrom haben und auch in diesem Theaterstück wird am Rande die Gendebatte thematisiert.

    P.S. ich habe gerade gesehen, dass das Theaterstück wohl nicht mehr läuft ...

  • Es gibt fast keine "deutschen" Down-Syndrom"-Kinder mehr. Dank pränataler Untersuchungen.
    Ob das unsere Gesellschaft reicher macht, bezweifel ich sehr stark.


    Das an "dicken" Kindern rumexperimentiert wird, haben hier alle, die dicke Kinder waren, sicher auch durch. Fast jede 5. Frau würde lieber abtreiben, als ein dickes Kind zu haben. Guckst du. Furchtbar.

  • Na ja, so ist eben die heutige Gesellschaft. Eltern, die "nur das Beste" für ihr Kind wollen und dabei völlig übersehen, dass es für das Kind viel wichtiger wäre, so akzeptiert zu werden, wie es ist, anstatt von einer Kur zur anderen geschickt zu werden und dabei ständig vermittelt zu bekommen "So dick, wie du bist, bist du falsch".
    Mein Gott, meine Mum hat Küche und Wohnzimmer abgeschlossen, damit wir nicht "rumfressen" und den ganzen Tag fernsehen und was hat's gebracht? Wir haben beizeiten rausgefunden, wo man Schlüssel nachmachen lassen kann. Die einzige Folge für unser Essverhalten war es, dass wir jeden Cent Geld, den wir bekommen haben, sofort in Süßigkeiten und Co. umgesetzt haben, denn man wusste ja nie, wann es wieder was gibt.
    Aber da müsste man eher bei einer Elterntherapie ansetzen, statt die Kinder erziehen zu wollen. Ich denke manchmal, wenn wir nicht von quasi kleinauf dazu erzogen worden wären, dass Süßes verboten ist und Fernsehen nur in Ausnahmefällen erlaubt, vielleicht wäre manches anders gelaufen.
    Aber jetzt ist es eh zu spät, wozu noch Vorwürfe machen? Meine Mum hat ihre Fehler inzwischen erkannt und versucht sich seit ein paar Jahren an "Du bist in Ordnung, so wie du bist", aber nach 18 Jahren von "Iss langsamer, iss weniger Süßes, hock doch nicht den ganzen Tag vor dem Fernseher" kann ich dieser Farce einfach keinen Glauben schenken. Ich bin so, wie ich bin, und habe mich damit arrangiert.
    Und ich denke, in Zukunft wird es nicht besser werden, sondern nur noch schlimmer. Immer weiter auf Leistung trimmen, perfekte Noten, perfektes Verhalten, perfektes Aussehen. Bin gespannt, wann der perfekte Zusammenbruch kommt.

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    Aber da müsste man eher bei einer Elterntherapie ansetzen, statt die Kinder erziehen zu wollen. Ich denke manchmal, wenn wir nicht von quasi kleinauf dazu erzogen worden wären, dass Süßes verboten ist und Fernsehen nur in Ausnahmefällen erlaubt, vielleicht wäre manches anders gelaufen.
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    Das ist ein ganz furchtbarer Blödsinn. Wie kann es denn dann bitte sein, dass meine Schwester rappeldürr ist und ich nudeldick? Wir haben die gleiche Erziehung und Ernährung und die gleichen Verbote und Gebote gehabt.
    Es ist keiner "schuld", dass es dicke Menschen gibt, sondern die gibt es halt einfach.
    Mein Kindi wurde von mir dicken Mutter zum Großteil "alleinerzogen" und ist normal gewachsen, also kann es nicht sein, dass ich mich absolut falsch ernähre, sonst müsste sie ja erst recht dick sein.


    Mein Gott, wie einfach doch die Welt wäre! Immer dieses nach einem "Schuldigen" suchen und wenn man es selbst nicht ist, dann am Besten "die Mutter"... das ist billig und unreflektiert. Da musste jetzt mal raus! :mad:

  • Das war nicht als Anschuldigung gemeint. Es ist einfach eine Theorie von vielen. Und da weder ich eine Ahnung habe, wie du und deine Schwester aufgewachsen seid noch du eine Ahnung davon hast, wie mein Bruder und ich aufgewachsen sind, verbitte ich mir solche Vorurteile à la "Du suchst nur einen Schuldigen!". Damit habe ich lange aufgehört, nach einem Schuldigen zu suchen, ich wollte einfach einen Vergleich zum verlinkten Artikel ziehen.

  • Hallo,
    ich glaube nicht das man es so Pauschal sagen kann.
    Jeder Fall liegt anders und jede Familie hat seine eigenen Probleme.
    Einige haben gesundheitliche Probleme andere ein seelisches und wahrscheinlich haben viele beides.
    Ist auch bei mir so gewesen.
    Ich war eigentlich immer gut am Futtern und brauchte schon als Baby immer ein bissel mehr als der Durchschnitt.


    Wir hatten ein mehr oder weniger zerütteltes Elternhaus wir Kinder liefen mehr oder weniger nebei her und versuchten irgendwie Seelisch zu überleben.
    Ich werde vieles wohl über das Essen reguliert haben, mal mehr mal weniger und das habe ich beibehalten.
    Mein engster Umkreis wollte und konnte es auch zuerst nicht akzeptieren und kann es teilweise immer noch nicht.
    Auch ich wurde wie viele mit Essenentzug gequält und ich fand Wege diese zu Umgehen.
    Dadurch wollte ich nur noch mehr und habe vollgestopft.


    Es gab Zeiten da konnte ich ohne Süßigkeiten nicht leben und war in so etwa drauf wie ein Raucher ohne Zigaretten. Mein Vater hat mich bis heute nicht wirklich akzeptiert. Meine Geschwister haben damals es abgekupfert und es war verdammt schwer das "hässliche Entlein " in einer Familie zu sein und bei meiner Mutter hat es auch sehr lange gedauert bis sie mich so nahm wie ich bin . Sie merkte dass sie mich wohl sonst verlieren würde.
    Jedes Leben ist schwer auf der einen oder anderen Art und Weise und jeder hat sein Päckchen.

  • Wobei ich es schon interessant finde, dass Kinder mit Down Syndrom und dicke Kinder irgendwie unter dem Begriff " Problem-Kinder" zusammengeführt werden.
    Ich kenne ein Mädchen mit Down syndrom und sie ist ein sehr liebenswertes Kind und ihre Eltern kümmern sich großartig um sie und dadurch macht sie auch Fortschritte, die ihr die Ärzte nicht zugetraut haben, aber es handelt sich dabei schon um eine wirklich schwere geistige und auch körperliche Behinderung.


    Wenn ein Kind dick ist, ist das hingegen keine Behinderung und mit dem Problem ein Kind mit down syndrom oder anderen schweren Behinderungen zu haben, wirklich nicht vergleichbar.
    Ich habe selbst zwei Töchter und vor allem meine ältere kommt schon sehr nach ihrer Mama und nach ihrem Papa, der auch nicht schlank ist.
    Ich sehe ihr propperes Bäuchlein und ihren meist großen Appetit schon auch mit einer gewissen Sorge, aber ich würde nicht von einem Problemkind sprechen. Im Gegenteil, ich bin dankbar, dass ich gesunde und fröhliche Kinder habe, die mir viel Freude machen.


    Ich war als Kind auch dick, im Gegensatz übrigens zu meiner Schwester. Für meine Mutter war das ein Riesenproblem. Ich wurde in der Schule nicht gemobbt, alle Leute haben mich akzeptiert, nur meine Mutter nicht. Für sie war ich wohl wirklich ein Problemkind, obwohl ich kein Problemkind war, nur pummelig und mich hat es nicht gestört. Sie hat alles versucht um mich schlank zu bekommen und was hat es gebracht ? Nur Streit und Ärger. Ich habe nie verstanden, warum das so war, nur wußte ich immer, dass ich so selbst nie zu meinen Kindern sein würde.

  • Ich hatte Jenny jetzt so verstanden, dass sie den speziellen Fall gemeint hat, als sie von schwerer Behinderung schrieb.

    Ich gebe ihr in sofern Recht, dass es mich auch nachdenklich macht, dass so unterschiedliche Situationen in einem Atemzug genannt werden. Dick ist für mich noch lange nicht behindert.

    Noch nachdenklicher macht mich, dass es mir so auf Anhieb erst mal gar nicht aufgefallen ist sondern erst später.

    LG Merian

  • Zitat

    Jenny87: Wobei ich es schon interessant finde, dass Kinder mit Down Syndrom und dicke Kinder irgendwie unter dem Begriff " Problem-Kinder" zusammengeführt werden.



    [...] Ich gebe ihr in sofern Recht, dass es mich auch nachdenklich macht, dass so unterschiedliche Situationen in einem Atemzug genannt werden. Dick ist für mich noch lange nicht behindert.



    Es ging auch nicht darum ... dick = behindert!

    Vielleicht lest ihr mal und versteht es dann.

    „Der Traum vom perfekten Kind“

    Zitat

    Das Gewicht? Per Tabelle „genormt“. Nichts soll, wenig darf anders sein als beim Mittelmaß.



    Guckst du hier (Schauspieler mit Down-Syndrom)

    Zitat

    Die Spieler agieren, aber sie spielen in allen Stücken auch sich selbst. Das Stück.. Mongopolis" ist neu für „RambaZamba", weil es von den existenziellen Themen der Gruppe handelt: Es geht um die Genforschung, um den Wunsch, perfekte Kinder und Menschen erzeugen zu können, es geht um Pränataldiagnostik (PND) und Präimplantationsdiagnostik (PID), um Menschen als „Material" und „Biomüll".



    Last but not least – das HIER von Sonnenkuss bitte auch noch lesen!

  • Hallo Jenny,
    was verleitet dich zu der Annahme, dass es sich beim Down Syndrom um eine schwere Behinderung handelt?
    Grüße,
    Britta


    Hallo Britta,


    das sollte keine Wertung meinerseits sein. Es gibt sicher Behinderungen, die Menschen noch deutlich stärker beeinträchtigen als das Down Syndrom und es gibt beim Down Syndrom auch verschiedene Verläufe und manche Menschen mit Down Syndrom können eigenständig leben, andere sind lebenslang auf Betreuung angewiesen.
    Ich bin da keine Expertin, aber an dem Fall, den ich persönlich kenne, wurde und wird von den Eltern sehr viel unternommen in Sachen Förderung, auch erfolgreich, aber daneben bestehen auch noch andere medizinische Probleme vor allem mit dem Herz, die behandelt werden müssen und mit dem Down Syndrom zusammenhängen.
    Mit anderen Eltern oder auch in einem anderen Land mit anderer medizinischer Versorgung, wären die Lebensperspektiven dieses Kindes schon schon sehr eingeschränkt. Wenn jemand so viel Hilfe benötigt, kann man schon von schwerer Behinderung sprechen, denke ich. Für die Betroffenen und ihre Eltern ist es ja auch ein Vorteil, wenn sie als 100 % schwerbehindert eingestuft werden, was früher automatisch so war und heute aus Kostengründen nicht mehr.

  • [...] Wenn jemand so viel Hilfe benötigt, kann man schon von schwerer Behinderung sprechen, denke ich. [...]


    Natürlich variieren die Fähigkeiten und die Krankheiten von Menschen mit Down-Syndrom genau so stark wie bei Menschen ohne Down-Syndrom.

    Die 27-jährige Carina Kühne hat das Down-Syndrom und stellt sich in ihrem Blog (sehr zu empfehlen :) ) die Frage …Geistig behindert – was bedeutet das?


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