Lieber den Spatz in der Hand ....

  • .... als die Taube auf dem Dach ?
    Nachdem sich mein Traumpartner als onlinesüchtig /psychisch krank und somit als beziehungsunfähig entpuppt hat,
    frage ich mich, ob mit jemand anderem eine Beziehung eingehen soll.
    Den kenne ich auch schon seit 7 Jahren:).Das hört sich jetzt sicher viel an, aber man muß wissen, daß er in einem anderem Land wohnt.Wir haben im Laufe der Jahre so einige jeweils 2-3 wöchige Urlaube miteinander verbracht ( ich glaube 5 mal, wenn ich richtig gezählt habe) und oft miteinander geskypt. Jetzt kommt er wieder zu Besuch zu mir, Ende Juni.Diesmal mit "open end".Ich habe erst Mitte Juli Urlaub und vielleicht verbringen wir den ja auch zusammen.
    Dieser Mann hat das, was ich bei meinem onlinesüchtigen Freund so schmerzlich vermisse : er ist zuverlässig und steht zu seinem Wort.
    Würdet ihr eine Beziehung mit jemandem eingehen, den ihr menschlich schätzt - auch einigermaßen attraktiv findet (also es klappt im Bett um´s direkt zu sagen;)), den ihr aber langweilig findet ? Also die klassische "Spatz in der Hand" Situation ?
    Ich überlege, ob das nicht klug wäre, weil die Taube auf dem Dach doch immer nur Ärger macht.

  • nö ... dann würde ich allein bleiben. Warum sollte man das machen? Ist dann die Angst vor dem Alleinsein so groß? Dann würde ich eher daran arbeiten als so eine Beziehung zu führen. Ich würde da mehr erwarten.

  • Nein.

    Lieber würde ich einen Freund (mit Extras ;) ) auf Dauer behalten, als eine Beziehung einzugehen, die dann vielleicht langfristig scheitert. Du schreibst ja selbst, dass Du ihn langweilig findest.

    Ich fände es auch unfair dem anderen gegenüber ... ich denke Dein Freund möchte auch nicht gerne die "zweite Wahl" sein.

  • Hallo Uwe,


    das ist schwer zu beantworten, wenn man keinen der Beteiligten kennt.
    Mir fallen zwei Dinge auf in Deiner Darstellung, die ich Dir mal spiegeln möchte:


    Dein "Traumpartner", die "Taube auf dem Dach" also, ist Deiner Aussage zufolge psychisch krank, beziehungsunfähig und überdies onlinesüchtig. Sollte er stark narzisstische Züge aufweisen, so müsstest Du schon arg masochistisch sein, um eine solche Beziehung zu leben, er würde Dich auf Dauer fertig machen.
    Wieso aber ist so ein Typ Dein "Traumpartner"?


    Der "Spatz in der Hand" hingegen ist, wieder Deiner eigenen Aussage zufolge "zuverlässig", dabei "einigermaßen attraktiv", es klappt sogar im Bett und Du schätzt ihn auch menschlich sehr, findest ihn aber dennoch "langweilig".
    Diesen Widerspruch solltest Du Dir ruhig mal genauer anschauen. Und guck dabei nicht nur darauf, was Dich an ihm stört, sondern auch darauf, was Dich unfähig macht, so jemanden zu lieben.


    Brauchst Du vielleicht den Kick, den ständigen Wechsel zwischen himmelhochjauchzend / zu Tode betrübt? Oder möchtest Du den anderen irgendwie "retten" oder was sonst treibt Dich um?


    Ich frage das nicht aus Neugier, sondern weil mir auch bei Frauen schon häufig ähnliche Konstellation vorgekommen sind: manche Freundin verliebt sich immer wieder in den "Falschen", der sie letztendlich "zerstört" - er muss sie nicht gleich verprügeln, aber er macht sie nieder und hält sie klein.
    Sie ihrerseits ist unfähig, eine Beziehung aufzubauen, die statt auf (vermeintlicher) Leidenschaft auf echter Nähe beruht, Nähe findet sie langweilig ...


    Wie dem aber auch sei bei Dir, eine halbherzige Entscheidung für den "Spatz in der Hand" ist unfair, vor allem gegen diesen selbst. Du hältst ihn nämlich hin und bist in Wirklichkeit gar nicht offen für eine Beziehung mit ihm. Erst wenn Du das wärest, hättet Ihr eine Chance.


    Grüße von Thea

  • Thea hat dir bereits die entscheidenden Fragen gestellt.


    Ich stand mal vor einer ähnlichen Entscheidung und bin heute heilfroh, den Prinzen in Spatzengestalt gewählt zu haben.
    Es war für mich und mein Leben die entscheidende Wendung.


    Selbstverständlich ging damit auch ein überdenken meiner eigenen Handlungs- und Entscheidungsmuster einher, allein die Beziehung hätte auch nichts ändern können.


    Heute bin ich der Meinung, diese euphorisch-verklärte Verliebtheit in einen Menschen, der ein Feuerwerk der Leidenschaften im positiven wie negativen Sinne zu entfachen vermag, ist nichts Gutes und ich habe schon fast vergessen, wie sich das anfühlt.

  • Puh, da hat Thea wirklich gute Punkte gefunden - und ich kenne das auch von manchen Frauen (bist Du nicht, weiß ich ... ich will nur sagen ich kenne es als weibliches Phänomen) , dass sie die besten Männer aus ihrem Leben kicken, weil sie sie als langweilig empfinden, um sich dann dem nicht-langweiligen Idioten an den Hals zu werfen.


    Wobei ich mich beim ersten Lesen auch fragte warum Du mit einem Langweiler so viele Urlaube verbringst und mit ihm ins Bett gehst? :confused:


    Ich käme da ehrlich gesagt gar nicht in Versuchung, weil Menschen die mich langweilen mir entweder komplett egal sind, oder mich fürchterlich nerven ... beides (für mich) keine Grundlage um mehr als fünf Minuten freiwillig mit ihnen zu verbringen.

  • Danke für die Antworten - wie schon beim Thema "Onlinesucht"
    ( da geht es um meinen psychisch kranken "Taubenfreund") ist es
    hilfreich, das Thema von außen bespiegeln zu lassen, dann sieht
    man Dinge klarer.


    Ja, Thea, das sind die entscheidenden Fragen, die ich mir selbst auch schon gestellt habe. Suche ich mir - UNBEWUSST - Männer, die für eine Liebesbeziehung nicht taugen, weil ich im Grunde keine solche will ?


    Und ja, ich weiß, es ist nicht ganz koscher eine solche "Spatzenbeziehung" einzugehen .... aber sie hat auch für beide Seiten ihre Vorteile,wie ich aus eigener Erfahrung weiß, da ich 16 Jahre lang eine solche Beziehung hatte (ok, davon 13 Jahre als Fernbeziehung:cool:).


    Ich möchte jetzt noch mal die Meinung unseres alten Deutschlehrers in der Schule zur Diskussion stellen. Der sagte uns "Die Liebe ist keine Basis für eine Ehe." :) Klar meinte er damit, daß dieses romantische Gefühl der Verliebtheit nach durchschnittlich zwei Jahren vorüber ist.Eine arrangierte Ehe, wo die lebenserfahrenen Eltern den Partner für das dumme Kind aussuchen - so wie es früher in Europa üblich war, bevor sich die Liebesheirat durchsetzte, und heute noch in vielen Kulturkreisen Brauch ist - wäre eine viel bessere Basis.


    Da seid ihr platt, was ?

  • Jaein. Wenn man überlegt welche Alternativen geschiedene Ehepartner damals hatten ist es nicht verwunderlich, dass die Paare beisammen blieben. Mittellos sein und gesellschaftlich geächtet? das steht nicht jeder durch.


    Womit du aber Recht haben magst ist die Tatsache das für eine lange Beziehung dann andere Dinge wichtig werden. Aber oft ist halt das Problem, wenn man wirklich auch eine gute Freundschaft führt, dass man nicht zu geschwisterlich zueinander wird.


    Wenn du diese Spatzenbeziehung möchtest, solltest du zumindest mit offenen Karten spielen, dass sich dein Gegenüber ebenso dafür oder dagegen entscheiden kann.


    Was ich mich frage... warum gibt es nur diese beiden Möglichkeiten?
    Warum nicht alleine bleiben vorerst? Warum nicht nach neuen Partnern suchen?


  • Da seid ihr platt, was ?


    aber nicht doch. :D
    Das erinnert mich an eine Nachbarin. Den Mann, den sie liebte, heiratete sie nicht, weil er nicht standesgemäß war. Stattdessen heiratete sie den Mann, den ihr Vater (und sie) passend fand.


    Kein Gespräch mit dieser Frau, in dem sie nicht über ihren Mann schimpfte. Als mein Vater starb, sagte sie zu meiner Mutter: "Warum Deiner, warum nicht meiner?" Große Erleichterung, als er ihr endlich 35 Jahre später den Gefallen tat und starb.
    Aber nach außen waren sie die perfekte Familie, glücklich, mit 4 wohlgeratenen Kindern, sehr aktiv in der Kirchengemeinde, immer freundlich, immer nett.
    Niemand ahnte wohl, wie sehr sie ihren Mann haßte - 55 Jahre lang.

  • Ich möchte jetzt noch mal die Meinung unseres alten Deutschlehrers in der Schule zur Diskussion stellen. Der sagte uns "Die Liebe ist keine Basis für eine Ehe." :) Klar meinte er damit, daß dieses romantische Gefühl der Verliebtheit nach durchschnittlich zwei Jahren vorüber ist.Eine arrangierte Ehe, wo die lebenserfahrenen Eltern den Partner für das dumme Kind aussuchen - so wie es früher in Europa üblich war, bevor sich die Liebesheirat durchsetzte, und heute noch in vielen Kulturkreisen Brauch ist - wäre eine viel bessere Basis.


    Da seid ihr platt, was ?


    Eine bessere Basis wofür? Womöglich für ein stilles Einverständnis über heimliche Affairen mit den Menschen, die man wirklich gut ertragen kann? Ich bin nicht platt, ich finde nur die Weisheit deines Deutschlehrers ein bisschen platt ;). Außerdem geht es doch gar nicht um eine Ehe, sondern erst mal um eine Beziehung und ich finde schon, dass man die besser mit jemandem führt, den man liebt.

  • Oh, die Entscheidung ist nicht immer einfach - auch wiederum, ob man die Entscheidung überhaupt trifft oder nicht Option 3 wählt.
    Ich selbst hatte schon so eine Beziehung, die tat mir eigentlich nicht gut, aber richtig voneinander los kamen wir nicht. Dann lernte ich meinen jetzigen Partner kennen. Ich bin ehrlich, richtig verliebt war ich zu dem Zeitpunkt in ihn nicht. Ich möchte ihn einfach sehr und stellte fest, dass wir eine gute Basis miteinander haben, harmonisieren. Es war auch ein wenig das "hmja, der ist bodenständig und konservativ, tendenziell unkreativ und ordentlich, also eher Richtung Langweiler".
    Ehrlicherweise musste ich mir selbst gegenüber zugeben, dass dies viel eher dem entsprach, was ich als Basis für eine langjährige Beziehung sah - auch dass ich mich tendenziell als die stärkere Person in vielen Belangen sah. Ich hatte den Eindruck, dass er durch seine Qualitäten mir in anderen Bereichen etwas entgegenzusetzen hat und dass wir in der Lage sind, gegenseitig unsere Schwächen auszugleichen.
    Deshalb ging ich trotz dieses "Nicht-Verliebtseins" eine Beziehung mit ihm ein und ich habe es nicht bereut. Wir harmonisieren, wir unterstützen uns gegenseitig, wir respektieren uns, wir helfen einander. Und vor allem lieben wir uns. Es hat bei mir also gepasst.


    Gruß
    Dani

    Dress for the body you have RIGHT now. There is nothing wrong with you right now, and there is sure as heck no reason to wait to look good. Get up, get dressed and face the world and then do it again tomorrow. (Malia Anderson)

  • Die Liebesheirat ist in unserer Kultur zum Ideal geworden.
    Sie ist auch mein Ideal, weil ich ja auch mit den Wertvorstellungen
    der westlichen Kultur aufgewachsen bin.
    Aber trotzdem hatte mein Deutschlehrer nicht so unrecht : In welchen Ehen / Beziehungen überlebt die romantische Liebe die ersten Jahre ? Danach folgt entweder die Trennung, vielleicht im besseren Fall eine Art Freundschaftsehe, ein Zweckbündnis und in nicht wenigen Fällen auch ein nicht endender Ehekrieg- bis das der Tod sie scheidet.

    Ist unser Ideal also so ideal ?

    Sich für Partner zu entscheiden, die zuverlässig,verbindlich und bieder sind hat sicherlich rein gar nichts von Hollywood:D.Ich frage mich aber inzwischen - nach meinen eigenen Erfahrungen in diesem Bereich und nachdem was ich in meinem Umfeld so mitbekommen habe - ob eine Vernunftehe nicht langfristig glücklicher und zufriedener macht.Wir haben ja hier sogar Beispiele gehört, wo sich Liebe und Zuneigung mit den Jahren eingestellt haben.

    Option 3 - also erst mal alleine bleiben und weiter suchen wäre auch möglich.Aber ich bin nicht Brad Pitt ( oder was für jugendliche Schönlinge gerade en vogue sind), der alle Chancen der Welt beim anderen/eigenem Geschlecht hätte.Das muß ich realistischerweise auch bedenken.


    I

  • Ich denke trotzdem, dass in einer Vernunftehe immer etwas fehlt; einer bleibt meist auf der Strecke, weil sich Gefühle entwickeln, die nicht erwiedert werden. Aber hey, wenn ihr 2 Euch einig seid, warum nicht.

  • Abgesehen von Deinen Beweggründen, die ich schwer nachvollziehen kann, würde ich es an Deiner Stelle einfach mit Offenheit probieren.


    Also dem "Spatz" sagen, dass ich ihn zwar (noch) nicht liebe, aber dennoch gerne versuchen würde, eine Beziehung aufzubauen...


    Dass er für Dich nur 2. Wahl ist und ein Kompromiss, weil Du Angst hast, sonst keinen mehr abzukriegen und vor dem Alleinsein, musst Du ihm so direkt ja nicht sagen....
    dann tritt vielleicht das Wunder ein, dass aus Freundschaft und Verzweiflung Liebe wird und eine langjährige Beziehung...


    Bei anderen hat es ja auch schon geklappt...


    Viel Glück (will der Spatz denn eigentlich auch??)

  • Ja, Berchen, so in etwa hatte ich mir das auch vorgestellt.
    Der "Spatz" will seit Jahren, wäre auch bereit, nach D umzuziehen.
    Ich warte jetzt mal seinen nächsten Besuch Ende des Monats ab und prüfe mich selbst, wenn er da ist.
    Merkwürdigerweise zeigt jetzt - von mir unerwartet - noch ein anderer starkes Interesse.
    Und ich weiß nicht, ob ich mich drauf einlassen soll, um das auch
    noch auszuprobieren.Würde alles nur noch komplizierter machen.

  • Dein Spatz tut mir leid - ich finde das echt grausam was Du da machst, auch wenn mir klar ist dass Du nicht bewußt grausam bist.


    Der Spatz soll Dir Dein Nest warm halten und als Notnagel dienen falls keine Taube mehr vorbei kommt.


    Und was passiert in dem Augenblick in dem eine schöne Taube des Weges kommt? Da hat dem Spatz doch das letzte Stündlein in Deinem Nest geschlagen und er kann gehen. Das ist doch klar.


    Da hat er dann Jahre auf Dich gewartet und ist für Dich in ein fremdes Land gezogen und das nur weil Du Dir ganz sicher gehen willst dass Du nicht alleine bist.


    Klar ist es auch Sache des Spatzes ob er sich auf dieses Spiel einlässt, dennoch finde ich es Deine Verantwortung ihm klar zu sagen, dass er keine großen Gefühle von Dir zu erwarten hat und sich lieber jemanden suchen soll, der ihn als das sieht was er ist: eine schöne Taube, die es Wert ist geliebt zu werden. :mad:


    Alleine die Überlegung ob Du schnell bis Ende Juli noch eine andere Beziehung "ausprobieren" solltest ist doch Antwort genug:


    NEIN, lass den armen Spatz endlich frei, niemand hat es verdient so behandelt zu werden. Du handelst m.E. egoistisch und gemein.


    Dass Du offenbar nicht alleine sein magst oder kannst ist Dein Problem. Das kann auch kein Spatz in der Hand lösen.


    Schau lieber auf Dich selbst, dann klappt es später auch mit der Taube auf dem Dach.

  • Ich habe drüber nachgedacht, ob es wirklich so ist, wie
    du sagst, Fräulein Wunder.
    Also, ob ich den Spatz als "Notnagel" mißbrauche. Die Verantwortung, die ich habe, wenn er eigens ( oder hauptsächlich) für mich nach D umzieht, ist mir aber völlig bewußt. Wahrscheinlich
    habe ich auch deshalb bisher davor zurückgeschreckt, es gemeinsam mit ihm in die Tat umzusetzen.Jedenfalls würde ich ihn niemals alleine in einem für ihn fremden Land lassen - selbst wenn die Beziehung doch scheitern würde. So bin ich nun doch nicht.

    Der Spatz ist auch nicht dumm, er weiß das alles und es ist auch nicht so, daß er all die Jahre nichts anderes getan hätte, als auf mich zu warten. Er hatte auch andere Männer bei sich zu Hause und hat versucht, sich an andere zu binden.

    Natürlich geht es in diesem Thema auch um meine Geschichte - als Aufhänger sozusagen- Aber generell wollte ich die Vor- und Nachteile von "Liebesbeziehung oder Vernunftbeziehung" diskutiert wissen. Was ja auch gemacht wurde. Die meisten von Euch scheinen eindeutig und ausschließlich die Liebesbeziehung zu bevorzugen.Bzw. sogar als einzige Möglichkeit zu sehen.

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